16. Befreiung

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Der Raum strahlte in Gins Augen ein widerliches weiß aus, welches schon fast blendete. Dennoch hörte er, wie sich plötzlich jemand zu bewegen schien.

Als er seinen Blick in die Richtung des Geräusches fixierte, erkannte er mehr oder weniger erfreut, dass er den richtigen Raum ausgewählt hatte. Vor ihm befand sich zweifellos Arrak, den er momentan mehr als alles andere verabscheute. Dieser stand direkt hinter einem länglichen Tisch, von welchem Gin kurz darauf seine Augen nicht mehr abwenden konnte. Wie erstarrt, blickte er zu seinem Geliebten. Ein Handybildschirm und die Realität waren ein sehr schmerzhafter Unterschied.

"Gin." Arraks gefasste Stimme sorgte zum Glück erstmal für eine kurze Ablenkung.

"Arrak.", erwiderte Gin verbittert.
Er trat vorsichtig näher und beobachtete den Mistkerl vor sich dabei genau, auf welchen er seine Waffe gerichtet hielt. Eigentlich war er jederzeit bereit dazu, auf Arrak zu schießen. Doch es war auch beinahe unmöglich für ihn, seinen Blick nicht doch nur für den Hauch einer Sekunde zu Shuichi schweifen zu lassen.

"Ich nehme mal an, dass du wegen deiner Prinzessin hier bist.", meinte der Braunhaarige gelassen und ließ dabei seine Hand zu Shuichi wandern, um ihn...

"Fass ihn nicht an!", stieß Gin voller Zorn hervor.
Er hatte genug. Er wollte mit allen verfügbaren Mitteln verhindern, dass diese dreckigen Finger jemals wieder seinen Geliebten berühren würden.

"Was denn...? Bist du aber nervös! So-"

Gin hatte keine Lust auf dieses Gerede und schoss dem Braunhaarigen ohne weitere Warnung in den Arm, der Shuichi am nächsten war. Zufrieden hörte er den Schrei des Foltermeisters und beobachtete mit eisernem Blick, wie dieser mehrere Schritte von seinem Geliebten zurückwich.
Eigentlich müsste er jetzt erst mal sicher gehen, dass er den Mistkerl unter absoluter Kontrolle hatte. Doch Shuichi hatte sich seit seinem Eintritt noch nicht bewegt. Die Unsicherheit, ob sein Geliebter noch am Leben war, brachte den Silberhaarigen aus dem Konzept.

Aus der Entfernung konnte er jedoch mit einem kurzen Blick nichts erkennen.

"Wenn ich näher bin... dann kann ich seine Atmung sehen..." Unbewusst machte Gin den ersten Schritt vor. Dann den nächsten. Er ließ Arrak nicht aus den Augen und seine Beretta verlor ihr Ziel ebenso wenig.
Erst als er Shuichi erreichte, erlaubte sich Gin, den Blick von Arrak zu nehmen. Er musste sich überzeugen, dass er lebte.

Es war nur ein kleiner Moment, doch Arrak nutze ihn, um zur Tür zu springen.

Das Geräusch des ersten Schrittes lenkte die Aufmerksamkeit des Silberhaarigen sofort zu Arrak zurück, doch dieser befand sich nicht mehr an der gleichen Stelle. Innerlich über seine Nachlässigkeit fluchend, richtete Gin seine Beretta neu aus, doch es war zu spät. Arrak schlug die Tür hinter sich zu und versperrte ihm somit die Sicht.

Gerade als er ihm hinterher eilen wollte, hörte er ein leises Stöhnen. Für einen winzigen Moment kämpfte Gins Liebe mit seinem Killerinstinkt, bevor er sich zu Shuichi drehte.

Bei dessen Anblick verkrampfte sich Gins Herz erneut. Er hatte geglaubt, vorbereitet zu sein. Hatte er sich das Video doch wieder und wieder angesehen. Aber ihn jetzt so hilflos vor sich zu sehen war noch etwas ganz anderes.

Er beobachtete, wie sich ein grünes Auge langsam öffnete und gegen die Helligkeit des Raumes blinzelte. Rote, trockene Lippen öffneten sich und versuchten etwas zu sagen, doch kein Ton erklang.

Vorsichtig beugte sich Gin über seinen Geliebten. "Ich bin da... Shuichi... Entschuldige... es... hat etwas gedauert..."

Shuichis Antwort bestand in einem leichten Lächeln, das Gins Herz einen weiteren Stich versetzte. Ganz leise konnte er schließlich ein Wort über die Lippen gehaucht hören: "G..i...n..."

Schwarzrot - Dunkelheit kann man nicht färbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt