Out of Sight Out of Mind

- - E I N S - -

Am Himmel zeichneten sich die letzten Sonnenstrahlen ab, ein gelber Bogen ging in einen orangefarbenen und schließlich in einen roten Feuerball über. Die Luft wurde immer kühler, allmählich wurde mir kalt und dennoch ließ ich weiterhin meine Füße den Steg hinab ins Wasser baumeln. Um mich herum weit und breit nur Wald und eine kleine Holzhütte.

Ich hatte mich gleich, nachdem mein Freund, nun Ex-Freund mich verlassen hatte hierher aufgemacht, um die letzten Momente unserer Beziehung zu verarbeiten. Schon seit Stunden war ich hier am See, blies Trübsal und versuchte meine Gedanken zu ordnen, doch ganz so einfach war es nicht. Immer wieder spukten die letzten Momente in meinen Kopf herum und immer wieder interpretierte ich jedes gesagte Wort. Aber es musste weiter gehen und das würde es auch, sobald ich dazu bereit war.

In der Ferne konnte ich das leise Bellen eines Hundes wahrnehmen und eine Stimme, die lautstark auf den Hund einredete. „Max, verdammt Max bleib stehen!" Ich drehte meinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme und das Bellen zu kommen schien und kurz darauf sah ich auch schon einen Hund auf mich zu rennen. Er kam mit solch ein Tempo auf mich zu gesprintet, dass ich kurzzeitig die Sorge hatte, er würde mich gleich den Steg hinab ins Wasser schubsen. Doch, ein paar Meter vor mir blieb er stehen, setzte sich auf seine Hinterpfoten und hechelte mich an. Er kippte seinen Kopf zur Seite und sah mich mit seinen rehbraunen Augen an. Kurz darauf erschien schweren Atems auch sein Herrchen hinter ihm. „Max, du kommst sofort wieder an die Leine."

Nachdem der Junge seinen Hund an die Leine gelegt hatte, wandte er sich mir zu. „Ähm... Hey ich bin Tobias. Ich hoffe er hat dir keine Angst gemacht.", er schien auch nicht die beste Laune an den Tag gelegt zu haben. Sein Gesicht war gezeichnet durch tiefe Augenringe und seine ebenfalls rehbraune Augen kniff er immer wieder zusammen, als hätte er seit Tagen nicht mehr geschlafen. Er hatte braune zerzauste Haare, als wäre er gerade aufgestanden oder wurde ... egal. Seine Jogginghose und der verwaschene Hoodie sprachen eher für ersteres, aber irgendwie sah er schon süß aus. - Aus! Falscher Moment für solche Gedanken!

„Hallo du?", er guckte mich schief an und ich merkte, dass ich wohl gestarrt haben musste. „Oh... ääh... ähm sorry bin gerade in Gedanken gewesen, ich mag Hunde also nein alles gut.", wie gerne würde ich mich jetzt den Steg hinabstürzen, um der Situation zu entkommen.

„Bist du nicht Lukas? Lukas Farber?" - woher kannte er meinen Namen? Hatte mein Ex-Freund etwa jetzt jeden erzählt, dass ich anders war? Ich werde wohl die Stadt verlassen müssen und irgendwo hinfahren, wo mich niemand kannte.

„Ja... der bin ich, wieso fragst du?", wenn er mich bis hierhin noch nicht für eine Pussy hielt, jetzt auf jeden Fall. Meine Stimme klang brüchig, mein Gesicht glich sehr wahrscheinlich einer Tomate und in die Augen schauen, konnte ich ihm auch nicht mehr.

„Erkennst du mich etwa nicht?", ich überlegte, woher ich ihn kennen sollte, doch letztendlich runzelte ich die Stirn und schüttelte den Kopf. „Autsch... naja dann such mal bei Facebook nach mir, dann fällt es dir sicher wieder ein. Also dann man sieht sich, komm Max wir gehen nach Hause.", er drehte sich um und machte, kehrt in die Richtung, aus der dieser mysteriöse Junge mit seinem Vierbeiner gekommen war.

Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche, öffnete die Facebook-App und gab in die Suchzeile den Namen „Tobias" ein. Ich scrollte durch eine Liste an Personen, ich wollte schon aufgeben, aber dann fand ich sein Profil letztendlich doch. Ich stalkte seine letzten Posts, nichts davon kam mir bekannt vor und auch der Nachname „Schwab" sagte mir nichts.

Ich tippte auf die Leiste „Info". Sein Geburtsdatum, seine Interessen, seine besuchten Schulen... nichts davon sagte mir irgendwas darüber wer dieser „Tobias" war und woher er mich kannte. Ich tippte weiter auf „Fotos", scrollte auch hier weit runter und dann fiel mir ein Bild ins Auge und ich dachte mir nur „Oh... das gibt es doch nicht!".