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Ihre Augen waren verschlossen. Sie konnte nichts erkennen, aber das kalte Metall spürte sie nicht mehr an ihrem Hals. Etwas musste es aufgehalten haben. Etwas musste ihn aufgehalten haben. War sie doch tot? Hatte sie jemand gerettet? Sie traute sich gar nicht die Augen zu öffnen, um den Anblick vor ihren Augen ertragen zu müssen.

Sie stellte sich einen Countdown.

5...

4...

3...

2...

1...

Ihre Augen öffneten sich und sie entdeckte zuerst einen verschwommenen Körper, der sich gegen etwas wehrte. Es waren fremde Arme, die ihm das Messer aus der Hand schlugen und ihn schließlich zu Boden drückten. Sie verstand die Welt nicht mehr. Die Rotation der Erde hatte blitzschnell gestoppt und ihre Umgebung blieb vor ihren bloßen, braunen Augen stehen. Was passierte nur? Hatte man sie wirklich versucht umzubringen? Hatten eben erst die Hände eines Killers ihren Körper ertastet, ihre Vagina gefingert und anschließend Hand um den Griff der Klinge gelegt? Es war ein Rätsel...

,,Miss? Sind sie okay?", erkundigte sich eine männliche Stimme, die nur leise durch ihr Trommelfell gelang. Er war direkt vor ihr, doch sie hörte ihn, als wäre er meilenweit entfernt und würde flüstern. Geneve sah auf den Boden, vondem die Sicherheitsmänner den Psycho hoben und zum Ausgang brachten. Er hatte sie versucht umzubringen. Es ging nicht in ihren Kopf. Sie hätte tot sein können. Realisierend hob sie ihren Blick und sah auf den jungen Mann vor sich.

So etwas Schönes hatte sie noch nie gesehen. Er war nicht nur betörend attraktiv. Er löste unbefriedigte Sehnsüchte aus.

Seine grauen Augen wirkten surreal und fern aller Bedürfnisse. Dieser breite Rücken bot viel Schutz und Platz zum Berühren und Kratzen. Seine definierten Gesichtszüge machten einem das Atmen schwer. Geneve dachte in dem Killer die absolute Perfektion des Genusses gefunden zuhaben, aber dieser Mann hatte Facetten an sich, die sie durchbrechen und alle erforschen wollte. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als ihm die schwarze Bikerjacke und das schwarze Hemd vom Körper zu reißen, die schwarze Jeans zu entfernen und ihm ihren heißen Körper entgegen zustrecken. Sie wollte ihn. Es war vielleicht der falsche Zeitpunkt, aber seien wir mal ehrlich zu uns selbst... Wir alle hatten ein gutes Auge und die falsche Zeit. Geneve ließ nicht zu, dass der beinahe Tod ihr Sexleben beschränken sollte. Ihre braunen Augen fuhren wie Scanner über seinen perfekt muskulösen Körper, bemerkten Ansätze von Tattoos an einigen Stellen. Es gefiel ihr, was sie sah. Schließlich bemerkte auch der schwarzhaarige Biker ihre ausziehenden Blicke und schmunzelte unter ihrer öffentlichen Beobachtung.

,,Ich hoffe doch ich entspreche ihren Anforderungen", scherzte er, doch Geneve war sich sicher, nickte nur bestimmend, sah nicht in seine Augen, biss sich auf die pulsierende Unterlippe, was ihn heiß machte, und starrte seinen muskulösen Oberkörper unter dem schwarzen Hemd an. ,,Selbstverständlich. Zu einem Desert sage ich nie nein", sprach sie entschlossen. Der junge Mann, sich sicher, was er tat, kam näher und flüsterte ihr ins Ohr:,, Es beginnt mit der Vorspeise, Lolitta." Seine Bezeichnung für sie, störte sie nicht. Sie leckte sich befeuchtend über die Lippen, bevor sie mit den Blicken wieder an seinem Gesicht ankam. Er musterte sie überzeugt und nahm sie an die Hand. Wie ein Gentleman führte er sie aus dem Gang, durch den Club, bishin zum Ausgang. Sie folgte ihm, vertraute ihm und kam außerhalb an, wo er sich überzeugt und stolz vor ein schwarzes Motorrad stellte. Er hatte zwei Helme dabei und reichte ihr den zweiten mit Spezialsicherheitsummantlung. Er wollte vollkommen sicher gehen, dass ihr nichts passierte, weil er in ihr eine unglaubliche Frau sah, deren Charakter bis an die Oberfläche stieß und alle anderen Frauen überbot. Er hatte noch nie eine vergleichbare, potenziell stärkere Frau, wie sie getroffen. Davon abgesehen, dass sich beide nur noch nackt im Bett sehen wollten, empfanden sie bereits verwirrende Sympathien zueinander, die Geneves Freundin René immer sofort für wahre Gefühle hielt. Man musste warten, Zeit verstreichen lassen, bevor man sich sicher sein konnte.

Geneve schloss sich den Helm um und setzte sich hinter ihn auf sein Motorrad. Er legte ihre Arme um seinen Oberkörper und sie spürte endlich das, was sie mehr als alles andere berühren wollte.

Die Fahrt gestaltete sich ziemlich ruhig. Sie fuhren in den Norden Seattles und hielten an einem gewaltigen Apartmenthaus. An seiner Hand führte er die Dame ins Innere. Sie bestaunte die Höhe, verglich es optisch mit dem Haus, indem sie lebte und malte sich aus, wie viele Menschen sich wohl für ihre Lautstärke beim Sex beschweren würden. Eines stand fest: Sie würde sich nicht das Stöhnen verkneifen, nur weil andere schlafen wollten, während sie einen weiteren unzähligen Orgasmus ihrer Rechnung addierte.

Beide stiegen schweigend in den Aufzug des Hauses. Man brauchte eine Mieterkarte, um direkt in seine Wohnung zu gelangen. Die Aufzüge öffneten die Türen stets im Inneren der eigenen Wohnung. Die Türen schlossen sich. Er drückte den Knopf für die 16. Etage und den Nachnamen: Emongrey. Emongrey also., dachte sie und malte sich seinen Nachnamen mit ihrem Vornamen aus.

Am 10. Stockwerk angekommen zählte sie herunter.

5.

4.

3.

2.

1.

Angekommen und immer noch nicht gekommen.

We are like nobody never wasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt