Kapitel 1

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"Uff!" Ich schreckte aus meinem geliebten Schlaf auf, als sich etwas Schweres mit voller Wucht auf mich drauf warf. Stöhnend öffnete ich meine Augen zu Schlitzen und... wie sollte es anders sein? Meine kleine Schwester saß fröhlich grinsend auf meinem Bauch und starrte mich an.

"May, was soll das? Lass mich doch endlich mal in Ruhe schlafen." "Mum sagt, dass das Abendessen fertig ist und du runter kommen sollst." "Ich komme gleich." Sie nickte nur noch kurz und rannte auch schon lachend davon. Ich erhob mich seufzend und machte mich auf den Weg ins Esszimmer.

"Ach da bist du ja mein Schatz. Wir haben schon auf dich gewartet." "Ach ja?", gab ich ironisch von mir und setzte mich auf meinen Platz. Die sollten endlich kapieren, dass man mich wenn ich schlafe nicht wecken soll. Meine Mum sagte nichts zu meinem Kommentar und wir fingen an zu essen.

May redete während dem Essen ununterbrochen und wenn man sie einmal unterbrach, dann guckte sie einen immer so böse an. Ich finde das so süß. Wie sie immer ihre kleinen Augenbrauen zusammenzieht und einen von unten herauf so anguckt. Ich könnte sie einfach nur knuddeln wenn sie das macht, es sieht einfach zu niedlich aus. Aber sehen nicht alle 4- jährigen Kinder süß aus? Ich finde schon, wie kleine Engel. Aber die meisten von ihnen sind kleine Teufel. Sie tun immer so unschuldig, aber wenn dann der richtige Moment für sie gekommen ist, dann schlagen sie mit voller Wucht und Härte zu. Ich weiß das klingt vielleicht etwas brutal, aber es stimmt. Die meisten sind zwar echt süß, aber in Wahrheit sind sie kleine Monster.

"Deliah?" Meine Mum riss mich aus meinen Gedanken über kleine Monster und ich sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Ja Mum?" "Über was denkst du denn so angestrengt nach?" Ich warf meiner kleinen Schwester einen unauffälligen Blick zu und schaute sofort wieder zu meiner Mum als sie merkte dass ich sie anschaute. "Ähm, über nichts. Wieso?" "Ach du sahst nur so aus als ob du dich gleich vor lauter Hunger über deine kleine Schwester hermachst. Also iss jetzt bitte." Erwischt. Ups. Ich grinste nur kurz und fing dann auch endlich an meine Spaghetti zu verschlingen.

"Mum, fann kommt Daf nach Haufe?" "May Schatz, man spricht nicht mit vollem Mund." "Forry.", sagte May und guckte schuldbewusst auf ihre Hände. Ich grinste kurz über Mays Verhalten und wendete mich dann meiner Mum zu. "Wann kommt Dad denn jetzt?" "Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich macht er heute mal wieder Überstunden." Ich zuckte kurz mit den Schultern und erhob mich. "Ich gehe jetzt nach Oben. Gute Nacht." "Nafft!" "MAY!", rief meine Mum als May schon wieder mit vollem Mund sprach. Ich lachte kurz laut auf und verschwand in mein Zimmer.

Ich ließ mich aufs Bett fallen, da ein kräftiger Lachanfall mich durchschüttelte. Ach May.Ich hab sie so lieb. Ohne sie wäre mein Leben so langweilig. Jeden Tag stellt sie was Neues an und ihre Ausreden sind echt Bühnenreif. Sie ist einfach so knuffig. Das sollte schon verboten gehören. Als ich mich beruhigt hatte, widmete ich mich meinem Handy. Ich hatte ein paar Nachrichten aus meinem Klassenchat. Natürlich gab es immer einen in meiner Klasse der sich nicht die Hausaufgaben aufgeschrieben hatte und nachfragen musste. Meistens bin ich das, aber das tut nichts zur Sache.

Ein leises Klopfen an meiner Tür ließ mich aufschrecken und ich drehte mich zur Tür. Meine Mum stand im Türrahmen. "Hey Lia, kann ich mich zu dir setzten?" "Ja klar Mum, komm her." Meine Mum kam fast jeden Abend zu mir ins Zimmer und ließ sich von mir eine Kopfmassage machen. Sie konnte dabei immer so gut entspannen und deshalb machte ich es auch. Meine Mum hatte diese Entspannung dringend nötig, denn sie arbeitete den ganzen Tag und dies wollte ich ihr nicht verwehren. Sie setzte sich vor mich und ich fing an ihre Kopfhaut zu massieren.

"Du machst das so gut mein Schatz. Ich bin dir echt dankbar dafür." "Ach kein Problem Mum." Wir saßen nun schweigend in meinem Bett und jeder hing seinen Gedanken nach. Es musste nichts gesagt werden. Wir verstanden uns auch so ganz gut. Sowieso hatte ich mit meiner Mum ein sehr gutes Verhältnis. Auch wenn sie mich manchmal tierisch nervte, hatte ich sie trotz allem richtig lieb.

Sie war so ein liebenswürdiger Mensch. Mein Vater dagegen war das genaue Gegenteil. Er war sehr laut und aggressiv. Meine Mum und er waren wie Jing und Jang. Wenn er die Finsternis war, war sie die helle, strahlende Sonne. Wenn er der der staubige Sand in der Wüste wäre, dann wäre sie das kühle, nasse Wasser im Meer.

Ich sah meinen Vater nicht oft, da er meistens auf Geschäftsreise war oder Überstunden im Büro machte und erst spät in der Nacht nach Hause kam. Und wenn ich aufwachte war er schon lange weg. Aber wenn ich ihn dann doch mal sah verkroch er sich wieder in sein Arbeitszimmer. Ja er war ein Workaholic, aber er kann doch wenigstens einmal etwas mit seiner Familie machen oder? Er ist doch immerhin unser Vater.

Ich hörte unten die Haustür zuknallen und sah meine Mum an. Sie zuckte nur kurz mit den Schultern und sagte: "Das ist bestimmt dein Vater." Sie erhob sich und ging nach unten. Ich hörte kurz darauf lautes Geschrei und lief meiner Mum hinterher. Was ich dort sah ließ mich erschrocken zurückweichen.

Meine Mum lag auf dem Boden und mein Dad stand mit einer Whiskyflasche über ihr. In seinen Augen konnte ich die pure Wut sehen. "Dad! Was hast du getan?" "Ach halt doch die Kappe. Du verstehst eh nichts." Ich konnte hören, dass er besoffen war und das wunderte mich sehr, denn er war eigentlich so gut wie nie betrunken.

Ich sah wieder zu meiner Mum die sich langsam wieder aufrappelte. Ihr standen Tränen in den Augen und ich konnte ihre roten Wangen sehen. Er hatte sie geschlagen und das sogar mehrmals. Wieso tat er das? Was hatte sie gemacht? "Wieso hast du das getan?", flüsterte meine Mum leise zu ihm, doch das schien ihn noch wütender zumachen. "Wieso? Wieso ich dich schlage? Weil du und deine nichtsnutzigen Töchter mir alles versaut habt! Wegen euch bin ich heute gefeuert worden! Das ist alles nur eure Schuld!"

"Wir sind an gar nichts Schuld. Würdest du deine Aggressionen in den Griff bekommen, dann wärst du bestimmt auch nicht gefeuert worden.", verteidigte ich meine Mum. Er kam auf mich zu und schubste mich an die Wand. "Ich werde dir schon noch beibringen, dass du mir zu gehorchen hascht du kleine Göre. Widersprich mir nie wieder! Hast du mich verstanden?" Sein stinkender Alkoholatem traf mich mit voller Wucht und mir wurde leicht übel. "Ob du mich verstanden hast habe ich gefragt?" Ich konnte ihm nicht antworten, da ich viel zu große angst hatte. Doch als er mich mit voller Wucht ins Gesicht schlug brachte ich ein leises wimmerndes 'Ja.' heraus."Gut. Das nächste mal antwortest du mir sofort." Ich nickte nur kurz.

"Mum? Was ist hier los? Wieso seit ihr so laut?" May kam gerade um die Ecke und ich bekam Panik. Was ist wenn er May schlägt? Nein! Das kann ich nicht zulassen. "May geh in dein Zimmer und schließ dich ein. SOFORT!" May sah uns geschockt an und lief darauf sofort los.

"Du kleines Miststück! Denkst du du kannst sie vor mir beschützen? Denkst du das wirklich?" "Thomas. Bitte. Lass sie in Ruhe, du bist betrunken." Mein Dad drehte sich zu meiner Mum um und sie stellte sich etwas gerader hin um überzeugender zu wirken. "Ach ihr seid doch alle gleich ihr Weiber." Er drehte sich wankend zur Tür und verschwand in die Nacht.

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Hey Leuddis,

ich bin froh, dass ihr diese Geschichte gefunden habt. Ihr könnt gerne immer in die Kommis schreiben was ich noch verbessern könnte oder einfach eure Meinung zu dem Kapitel. Ich hoffe, dass euch das Buch gefallen wird. Viel Spaß noch beim Weiterlesen.

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