3. Kapitel

18 0 0
                                    

Wie sich herausstellte, musste ich wahnsinnig erschöpft gewesen sein, denn ich wachte erst am nächsten Tag um 13 Uhr auf. Normalerweise ließen meine Eltern mir so etwas nicht durchgehen, doch sie hatten wohl auch keine sonderlich große Lust auf noch einen Streit mit mir. Ich zog mich an, machte mir einen tiefliegenden Dutt und ging hinunter in die Küche. Mary, unser Küchenmädchen, empfing mich freundlich.
"Guten Morgen Lady Caitlyn. Haben sie gut geschlafen?"
"Guten Morgen. Ja, das hab ich. Gibt es vielleicht noch Reste vom Frühstück?", Fragte ich, denn ich war sehr hungrig. Mary richtete mir Scones an und ich setzte mich mit meinem Buch in den Garten um zu frühstücken. Es war ein kurzer Moment des Friedens, vollkommen ungestört und ruhig. Ich begann mich zu entspannen und das Gezwitscher der Vögel zu genießen, als meine Mutter in den Garten platzte.
"Caitlyn, Schatz, du bist ja schon wach!', rief sie und eilte auf mich zu.
"Ja, Mutter.", Antwortete ich genervt. Ihre affektierte Fröhlichkeit brachte mich jedes Mal zur Weißglut.
"Dein Vater möchte, dass du den Duke heute Abend besser kennenlernst. Er hat ihn zum Abendessen eingeladen."
Ich ließ mein Buch sinken und starrte sie kalt an. Meine Mutter ließ sich nichts anmerken und setzte sich neben mich.
"Was für eine tolle Gelegenheit, endlich dein neues Kleid zu tragen. Ich werde Amber sagen, dass sie dir mit deinen Haaren helfen soll!, Plapperte sie munter weiter.
"Ich werde den Duke nicht heiraten, Mutter. Das kannst du auch nicht mit einem neuen Kleid ändern."
"Ach Caty, du weißt, dass das nicht deine Entscheidung ist. Dein Vater und ich haben das alles schon organisiert. Eure Hochzeit wird großartig und erst das Anwesen des Dukes! Es wird dir an nicht fehlen und-". Ich stand auf und ging.
"Caitlyn de Lacy, so benimmt sich keine Lady!" rief meine Mutter mir hinterher. "Du wirst heute einen guten Eindruck auf den Duke hinterlassen und dein neues Kleid tragen.". Ich stapfte immer schneller davon und hörte wie meine Mutter im Selbstmitleid versank:"So viel opfere ich für dich und nie kriege ich etwas zurück... Ich will doch nur das Beste für dich...". Sie begann zu schluchzen. Ich fragte mich, was sie für mich opferte, aber mir viel beim besten Willen nichts ein. Der Duke würde sicherstellen, dass sie und Vater ein angenehmes Leben haben würden und als Gegenleistung musste sie ihm nur ihre ihr überdrüssig gewordene Tochter übergeben. Eigentlich kein schlechtes Geschäft für sie, müsste man meinen. Im Haus angekommen, sah ich nach den Hunden. Wir hatten drei, Charlie, Butter und Sam. Butter war eine hübsche blonde Hundedame und sie hatte ich insgeheim am Liebsten. Ich setzte mich neben die Hunde und streichelte sie und dachte über mein Schicksal nach und wie ich ihm entgehen konnte. Leider viel mir nicht wirklich etwas ein, einfach wegzugehen war sehr gefährlich aber wenn ich hierblieb, würde ich den Duke heiraten müssen.
Wie sehr mich nach einer Antwort von Avery sehnte, war unbeschreiblich. Avery und ich kannten uns seit über zehn Jahren und sie war meine Seelenverwandte. Als Kind war ich verwirrt davon, wie sehr ich sie liebte und als mir klar wurde, dass unsere Beziehung weit über Freundschaft hinausging, kam ich mir vor wie eine Anomalie, wie jemand mit einer Krankheit. Nach unserem ersten Kuss war ich tagelang so verwirrt, dass ich nicht mehr mit ihr sprechen konnte, obwohl mir sofort klar war, dass ich mehr von ihr wollte, viel mehr. Ich wusste, dass Beziehungen unter zwei Menschen des selben Geschlechts nicht gutgeheißen wurden, ja sogar strafbar waren. Trotzdem konnte ich mir nicht erklären, warum etwas wie das was Ava und ich hatten, schlecht sein sollte. Wir waren beste Freundinnen und zugleich so viel mehr, niemand hatte mich je so verstanden wie sie es tat.
Und jetzt war ihr das widerfahren, was auch mir geschehen sollte; ihre Eltern hatten sie an einen Mann verheiratet, den sie nicht kannte und schon gar nicht liebte und als wäre das nicht schlimm genug, musste sie mit diesem Mann auch noch nach Marokko ziehen, da ihr Ehemann beim französischen Militär arbeitete und als einer der ersten dorthin versetzt wurde.
Ich vermisste sie mehr, als Worte beschreiben können.
Nachdem ich eine Weile lang in Gedanken versunken bei den Hunden gesessen hatte, stand ich auf und ging in mein Zimmer. Bevor der Duke kam, wollte ich noch ein Bad nehmen und dann würde ich mich fertig machen müssen.

Die Abenteuer der Caitlyn de LacyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt