„Stopp, du machst mal wieder alles falsch!", ertönt eine erzürnte Stimme. Sofort stelle ich die Violine ab und blinzele meinen Lehrer an. Er ist wieder krebsrot angelaufen und sieht so aus, als würde er gleich platzen. Seine Augen stechen aus dem wutentbrannten Gesicht hervor und ich fühle, wie ich mich sofort kleiner mache. Ich hasse es, wenn Mr. Dunkin so wütend wird. Und das nur meinetwegen, weil ich nicht spielen kann. Dabei ist das doch mein größter Traum.
„Tut mir leid..." Ich senke schüchtern den Kopf und sehe auf meine schwarzen Schuhe. Warum zur Hölle tue ich mir das eigentlich noch an? Er ist ein schrecklicher Lehrer. Immer hat er etwas an mir auszusetzen und niemals mache ich etwas richtig.
„Mach es noch einmal! Aber bitte richtig!" Er setzt seine Brille auf und seufzt einmal tief. „Meine Güte, die wird ja immer schlechter...", murmelt er und ich fühle einen Stich in meinem Herzen. Er sagt das mindestens einmal in einer Stunde und mittlerweile glaube ich ihm, dass ich es niemals zu etwas in diesem Feld bringen werde. Dahin mit meiner bunt ausgemalten Zukunft, in einem Orchester als erste Geige zu spielen.
„Okay." Ich hebe meine Geige an und schließe die Augen. Schon seit längerer Zeit übe ich dieses blöde Stück ein und jedes Mal schaffe ich es nicht vollständig. Es ist schwer, das weiß ich, aber für das Orchester ist es wichtig, auch schwere Passagen meistern zu können. Was ich anscheinend nicht kann.
Mr. Dunkin macht mir das Stunde für Stunde klar. Seit mein letzter Lehrer starb, muss ich Unterricht bei hm nehmen und es ist schwer, nicht die Fassung zu verlieren, wenn er mich so angriffslustig ansieht. Ich würde lieber wieder bei meinem alten Lehrer spielen. Bitte.
„Jetzt spiel endlich! Ich habe nicht ewig Zeit und habe keine Lust, zu überziehen, Mädel!" Seine grobe Stimme lässt mich erschrocken meine Augen öffnen, nur um in ein genervtes Gesicht zu schauen. Verletzt sehe ich auf die Noten und setze an. Mr. Dunkin sagt nichts und so spiele ich einfach weiter. Ich habe dieses Stück so oft gespielt, das wird großartig laufen!
„Nein, einfach nein!" Er steht auf und reißt einen Notenständer um. „Was war denn das? Das war ja rote Grütze! Hast du die letzten Jahre nichts bei mir gelernt? Raus! Ich will dich nicht sehen, ehe du das spielen kannst!" Seine Spucke trifft mein Gesicht und anstelle angeekelt zu sein, merke ich, wie sich Tränen in meinen Augen sammeln und ich nicht mehr atmen kann. Ich schließe meine Augen. Ich will nicht weinen! Nicht vor meinem Lehrer!
„Geh schon! Und mach deine verdammten Augen auf!" Er zeigt zu Tür und verängstigt nehme ich mir meine Geige und renne zur Tür. Dort kann ich meine Tränen nicht unterdrücken und fühle, wie sich meine Kehle zusammenzieht.
Als ich das Gebäude verlasse, ziehe ich meinen Kapuzenpulli an den Armen runter und halte den Blick gesenkt. Bitte, sprecht mich nicht an! Denke ich mir, als ich an einer Gruppe von Teenagern vorbeilaufe. Ich sehe schon von Weitem, dass mein Bus kommt und beeile mich, zu ihm zu gelangen. Nachdem ich im Bus sitze, mache ich mir Musik in die Ohren und lausche Beethovens Symphonien. Sie sind das, was mich immer dann beruhigt, wenn ich traurig bin und haben mir schon in vielen Panikattacken geholfen. Ich schließe die Augen und beruhige mich langsam.
Als ich zuhause ankomme, sehe ich auf unser riesiges Haus. Da meine Eltern steinreich sind, habe ich das Privileg, auf eine Privatschule zu gehen und dort die besten Voraussetzungen für meine Zukunft zu erhalten. Dass ich lieber auf eine Musikschule in Illinois gegangen wäre, interessiert sie nicht. Sie wollen, dass ich die besten Voraussetzungen habe, um ein ordentliches Leben zu führen. Sie halten die Musik für ein Hobby.
Da mein Bruder dieses Jahr mit einem 1,3 Abischnitt von der Schule gegangen ist, sind meine Eltern natürlich noch weniger bereit, mich die Schule wechseln zu lassen. Vor allem, da ich schon in die zwölfte komme.
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Der Weg zum Glück
RomanceSadie ist schon seit sie denken kann in ihren Nachbarn Luke verliebt. Dieser ist jedoch einer der coolen an ihrer Schule. Als er sie eines Tages anspricht, kann sie es kaum glauben. Ist er ihr Weg zum Glücklichsein? Carter hat ein großes Geheimnis...