Hass

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Das Kapitel ist eines der wenigen, wo ich weiß, dass ich Hass verspüre. Das was war damals, prägt mich bis heute.

"Madison, warum bist du noch hier? Hattest du nicht aus vor zwei Stunden?", er sah mich an und ich ihn. Meine Knie zittern und ich habe Angst, dass er mein Herz rasen hört. Bitte sag mir, dass er es nicht hört lieber Gott!

"Ja ich hatte schon aus... aber ich hab auf wen gewartet. Wurde wieder mal versetzt", das war nicht ganz gelogen. Immerhin wartete ich ja auf ihn, er kam natürlich zu spät. 15 Minuten. Egal, zu spät ist immer noch zu spät! Oder? Ich übertreibe.

"Oje, von wem? Kenne ich ihn?", er sah ernsthaft 'besorgt' aus, sofern er sich wirklich sorgt.

"Nein, nur ein alter Freund. Aber es ist nicht so wichtig, Herr Professor", es ist wichtig. Frag mich bitte weiter. Küss mich endlich. Stopp, es reicht.

"Du schaust aber nicht sehr glücklich aus! Wenn's was gibt, sag es mir okay? Vergiss nicht mir nächste Woche zu sagen, welches Snowboard du brauchst."

"Nein, ich sag es Ihnen nächste Woche. Wir fahren ja schon in zwei Wochen!"

"Ja ich freu mich auf den Schnee!", er grinst. Und ich schmelze dahin. Bitte hör auf damit. Ich kann das nicht mehr lange. Ich hasse dich. Ja, hassen. Dafür, dass ich dich liebe.

"Ich mag keinen Schnee...", nachdenklich muss ich wirken. Meine Stirn in Falten gelegt, als wäre ich alt.

"Das wusste ich nicht. Ich muss nach Hause. Zu meiner Frau", aua.

Die Frau, eine weitere Lehrerin an meiner Schule. Sie hatten geheiratet. Ich bin am Boden. Nichts neues mehr.

"Okay. Viel Spaß", warum sage ich das?, "bis morgen."

"Bis morgen, Madison!", deine Augen funkeln und ich will nicht wissen, wie meine funkeln.

Er stiegt ein, ich bleib stehen. Warte, bis du weg bist. Das Auto bewegt sich und ich mit ihm. Wieder mache ich Schritte, merke dabei die Tränen auf meinen Wangen. Ich hasse dich so sehr.

Wieso tust du mir das an? Bitte warte doch auf mich. Mit diesem Gedanken, fährst du vom Parkplatz und bist weg. Was sonst? Ich bin so naiv. Wie ein kleines Mädchen, gerade dass ich dir nicht nach laufe und einsteige. Einen Gedanken wär's wert, nicht?

"Bitte lass mich nicht alleine...", aber das ist nur mehr ein flüstern und niemand hört es, außer die Wand neben mir. Die sagt nie was weiter. Ich vertraue ihr mehr, als anderen Freunden. Die Wand war wie ein Freund. Wie verrückt sich das doch anhört. Ich bin ja auch verrückt!

******************

Ich stehe auf, unmotiviert wie sonst auch. Die Hoffnung, heute ist es soweit, er wird mich lieben und es mir sagen. Einen Augenblick später, ist die Hoffnung weg. Keine Sorge, so ist es doch immer. Wenn euch das berührt, dann seid nicht besorgt. Es war immer so. Es tat nicht einmal mehr weh...

Ich ziehe mich an, eine Hose, ein T-Shirt, einen Schal. So hässlich bin ich gar nicht, trotzdem nicht schön genug für ihn. Soll ich abnehmen? Wenn er mich dann liebt, beginne ich sofort. Keine Frage! Ich esse nie wieder, wenn er das will.

"Guten Morgen", meine Stiefmutter.

"Guten Morgen." Ich mag meine Stiefmutter und wie sie mich in der Früh anlächelt.

"Möchtest du was frühstücken?"

"Nein, kein Hunger."

Ich muss schön sein für ihn, das war aber dann doch nur ein Gedanke, ich sagte ihr das nicht. Wie so viele andere wusste sie nichts davon und das soll wenn möglich auch so bleiben. Ich hab keine Lust auf mehr Blicke, verurteilende Blicke.

Ich gehe raus in die kalte frische Luft, schon wieder. Aber heute ist etwas anders. Ich fühle mich komisch, aus welchem Grund auch immer.

Und jetzt reicht es mir, ich dreh mich um und gehe Richtung Fußgängerzone. Man sieht wie es leicht schneit und die Schneeflocken taumeln in der Luft, bleiben schließlich in meinen Haaren hängen. Ich wische sie nicht einmal weg, es ist mir egal. So wie fast alles zurzeit.

Wenn meine Mutter wüsste, dass ich schwänze, würde sie wahrscheinlich gar nichts tun. Ja, richtig. Sie ist ruhig bei sowas und um ehrlich zu sein, liebe ich das. Ich hab meine Freiheit und muss nie etwas befürchten, was teils extrem cool, aber auch traurig ist. Ein bisschen Verantwortung seitens meiner Mutter würde mir schon gefallen...

Ihr denkt euch sicher, 'das ist ja eh cool!'. Ja und nein. Man muss es erleben um zu verstehen, dass es nicht nur gute Seiten hat.

Die Passanten, welche mich sehen schauen mich an, als wäre ich ein scheiß Alien. Ich hasse es. Schon wieder diese verächtlichen Blicke und die Arroganz, das macht mich krank. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn manchmal bekomme ich Kopfweh, wenn ich zu viel über diese Menschen nach denke. Ich hab seit meinem 3. Lebensjahr Migräne, nicht nur Kopfweh, es gibt Zeiten an denen es sich anfühlt, als würde mein Kopf zerspringen. In abertausende kleine Stücke.

Ich stehe vor dem Park, in dem üblicherweise die ganzen Junkies sitzen und sich zudröhnen mit Heroin oder Koks. Nichts für mich, die harten Drogen. Auch wenn ich jetzt nicht in der Schule bin vermisse ich ihn. Ich hätte doch gehen sollen, warum hab ich's nicht getan? Ich bin dumm, dass ich ihn einmal weniger sehen kann. In fast zwei Jahren, bin ich sowieso weg aus der Schule und wahrscheinlich sehe ich ihn nie wieder. Er würde sich auch nicht die Mühe machen mich anzurufen. Er darf mich nicht anrufen und vorallem will er es auch nicht.

Ich gehe also in den Park, in dem die hoffnungslosen Seelen sitzen und die Zeit still steht, zumindest für sie. Alles um sie ist leer und verzerrt, eine Wahrnehmung, der ich auch zugeneigt bin. Drogen waren aber nie so mein Ding, also die harten. Alkohol und vielleicht hie und da ein Joint, das war okay. Aus meiner Sicht...

Der eine sieht mich komisch an, aber nicht einmal böse, sondern einfach nur verloren. Sowas tut mir weh, ich würde so gern allen hier helfen. Leider kann man jemanden nur helfen, wenn die Person es selbst auch möchte. So wie ich, denn ich weiß ich lasse mir nicht helfen bei meinen Problemen. Ich bin selber Schuld. Genauso wie sie Schuld sind, dass sie hier sitzen und sich zudröhnen. Ich versuche vorbei zu gehen ohne sie anzuschauen, das macht sie meist aggressiv und darauf habe ich wirklich keine Lust. 

Einfach weiter gehen, denke ich. Das denken sie aber anscheinend nicht und beginnen irgendwelche Sachen zu rufen. Es interessiert mich nicht, ich gehe einfach weiter und ignoriere sie. Langsam kommt mir der Gedanke, dass ich vielleicht weiter weg gehen sollte, denn die Schule hat noch nicht angefangen und hier gehen manchmal Lehrer. Keine gute Sache, wenn ich schwänzen will. Alles zieht an mir vorbei, bin gedankenverloren und müde. Dauernd denke ich an ihn und diese scheiß Liebe die ich für ihn empfinde. Warum ist alles so verdammt schwer? 

Aber das ist nahezu alles im Leben. Schwer und egal. 


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