66\\We can help

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Ich sah Yoongi schockiert an. Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Meine Mutter war bis zum Ende der Fahrt leise. Sie war selbst schockiert, schaffte keinen Ton mehr. Yoongi flüsterte die ganze Zeit mit mir. Ich sah viel aus dem Fenster, statt auf Yoongi. Die hektischen Menschen, die sich von beeilten. Sie waren gestresst, ja, aber trotzdem bewunderte ich sie. Wie könnten sie nur so viel Kraft aufbringen? Wenn ich gestresst war, dann wollte ich nur noch im Bett bleiben. 
"Oh und Nachts da warst du so süß. Du hast mich einfach so umarmt, das hat mich gefreut. Mir wurde gleich viel wärmer.", flüsterte er verliebt. Ich drückte seine Hand fester. "Mir war auch warm.", nuschelte ich. Yoongi ließ meine Hand keine Sekunde los. Es war süß von ihm. Ich fühlte mich besser, weil er bei mir war.
Mein war mein Freund. Ich war mir sicher, das was ich fühlte, ging über die kleine Verliebtheit am Anfang hinaus. Er war viel mehr für mich, als der Junge auf dem Flur, von dem ich meinen Blick nicht abwenden konnte. Er war... meine große Liebe.

"Schaue dir den hübschen Himmel an. Er strahlt heute so schön blau.", flüsterte er, gab mir einen Kuss auf die Wange. Ich sah raus, auf den Himmel. Es war der Himmel. Daran war weder etwas hübsch noch besonders schön blau. Irgendwie auch nicht blau. Eher blass und grau. Ich sah mir alles an. Nichts leuchtete wirklich sehr. Yoongi redete ohne Pause, trotzdem liebte ich es, ihm zuzuhören. Meine Mutter parkte das Auto vor der Klinik. Ich hatte mir schon etliche Mal den Kopf darüber zerbrochen, ob ich das wirklich brauchte. Vielleicht hatten alle Recht und ich übertrieb und sollte mich nicht so anstellen. Ich fühlte mich vollkommen falsch. Meine Mutter stieg schweigend aus. Yoongi nutzte die Gelegenheit, um mir einen innigen Kuss zu schenken. Seine Lippen fühlten sich so toll an mir an. Er strich mir über die Wange. "Du schaffst das. Da bin ich mir sicher.", flüsterte er. Ich nicht.

Wir standen am Empfang, warteten auf Dr. Kim. Ich hörte sie schon von weitem auf ihren hohen Schuhen laufen. Sie bog um die Ecke, lächelte breit, als sie mich sah. "Jimin! Schön, dass du da bist." Sie umarmte mich fest. Ich musste auch lächeln. Da freute sich jemand mich zu sehen! Mich! Gut, vielleicht brauchte ich das hier ja wirklich. "Ist doch schön, dass am Ende alles geklappt hat, Jimin." Ich nickte schnell. Sie gab mir ein gutes Gefühl. Meine Mutter gab ihr die Hand. "Frau Park. Auch Ihnen danke ich, dass sie der Einladung gefolgt sind." Meine Mutter verbeugte sich kurz. "Danke für die Einladung.", meinte sie ruhig. Yoongi legte eine Hand an meine Seite. Dr. Kim lächelte breit. Ich wusste wieso. Ich Dummkopf hatte doch von Yoongi geschwärmt. "Hallo. Ich bin Yoongi. Jimins-" Sie umarmte Yoongi plötzlich. "Ich weiß, wer du bist.", kicherte sie. "Jimin hat mir viel von dir erzählt. Zum Beispiel, dass du doch so gut-" Ich unterbrach sie aufgebracht. "Yeji!", schrie ich. Sie musste lachen. "Siehst du, wie viel er für dich tut, Yoongi?", scherzte sie. Ich zog Yoongi weg. Er sollte doch nicht hören, was ich alles tolles und peinliches über ihn gesagt hatte. Yoongis Augen strahlten auf einmal so. Er drückte meine Hand fest. Das wird ein Gespräch geben. Er wird mich zwingen, alles was ich über ihn denke, zu sagen. So war Yoongi eben.

"Nun...", fing Yeji ernst an, als wir bei ihr in einem Behandlungsraum saßen. So ernst, kannte ich sie gar nicht. "Jimin hat Depressionen." Ich musste auf den Boden schauen. Es wirklich so deutlich gesagt zu bekommen, war überhaupt nicht schön. Yoongi saß zum Glück neben mir, sonst wäre ich in Tränen ausgebrochen. "Aber es ist nicht seine Schuld.", lächelte sie aufmunternd. Erst jetzt sah ich sie an. Die hübsche junge Frau mit den langen schwarzen Haaren. Sie lächelte fast immer. "Es ist nicht seine Schuld...", wiederholte sie. Ich verstand es nicht. Jimin ist immer Schuld! Weil er fett, hässlich und dumm ist. Ich schluckte schwer. Sie setzte sich auf den Tisch. "Sein Hormonhaushalt ist Schuld."

An sowas hatte ich noch nie gedacht... Ich dachte, es war ganz alleine meine Schuld. Das haben doch alle immer gesagt. Es war, weil ich schwul bin... weil ich... und ich sollte mich einfach umbringen.

"Ein normaler Mensch produziert die ganze Zeit Glückshormone, die einen dann glücklich machen. Ein Traurigkeitshormon sorgt dann dafür, dass es reguliert wird. Wir wollen ja nicht über euphorische Menschen überall herum springen haben. Aber... bei Jimin ist es umgekehrt."

Ich hing an ihren Lippen, ich krallte mich an Yoongi. Ich sah ihn aus dem Augenwinkel an.

"Jimin produziert sehr viele Hormone, die ihn traurig machen. Leider fehlt ihm das Glückshormon, das alle sonst immer ausreichend haben.", sie musterte mich. "Ohne Glückhormone bleibt Jimin traurig." Yoongi nahm mich in den Arm. "Das sind aber noch nicht alle Ursachen.", fing Dr. Kim weiter an. "Was soll das heißen?", fragte meine Mutter vorsichtig. Dr. Kim lächelte vorsichtig. "Jimin? Fällt dir das Essen schwer?" Mein Herz rutschte mir in die Hose, mein Mund wurde so trocken. Sie werden alles herausfinden.
"J-ja...", nuschelte ich angespannt.

Sie schrieb sich alles auf. "Würdest du über dich selbst sagen, dass du schon magersüchtig bist?"
Was sollte die Frage? Ich wurde sehr nervös "Nein. Bin ich nicht." Ich war es nicht. Ich konnte es nicht sein. Das konnte nicht richtig sein. Ich hatte Depressionen und keine Magersucht. Ich hatte keinen Appetit, wegen den zerrenden Depressionen, den hässlichen Gedanken. Und ich meine... jeder will doch mal ein wenig abnehmen und...
"Okay.", nah Dr. Kim es hin und schrieb sich weitere Sachen auf. Ich war ein wenig erleichtert. Yoongi hatte sich verkrampft. "Du hast gesagt, du wirst gemobbt?" Ich nickte. Das stimmte.

"Nun, ich kann sagen, dass Jimin weder das Glückshormon Serotonin, noch genug Mineralien und Nährstoffe hat, um dieses zu bilden." Sie sah mir in die Augen. Ich schaute schnell weg. Sie ahnte etwas oder nicht. Natürlich, immerhin war sie Psychologin... dummer, Jimin.

"Wir können dir helfen Jimin.", fing sie langsam an.

Hilfe, na endlich. Man sah mich endlich ertrinken, man sah mich endlich leiden. Hilfe. Die brauchte ich, von alleine konnte ich nicht mehr. In einem Wasser so dickflüssig wie Sirup, so rot, wie mein Blut, wenn ich mir mal wieder meine Arme aufschnitt. Ich wollte da wieder raus.

"Es geht ganz leicht: Hormone, Sport und eine ausgewogene Ernährung; aber einfach wird es nicht."

Nightmare || YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt