Schon von weit weg sehe ich die Silhouette meines Freundes Mats und versuche sogleich den schweren Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hat, runter zu schlucken. Tausende fragen, die ich mir seit Monaten stelle kommen wie zu oft in mir hoch und drohen mich komplett durcheinander zu bringen. Jetzt muss ich mich erstmal auf die Wirklichkeit konzentrieren.
Ich betrachtete meinen Freund genauer, so wie er es auch bei mir tut als ich auf ihn zuging.
Trauer und das Ungewisse spiegeln sich in seinen Augen wieder, so wie es mit Sicherheit auch bei mir der Fall ist. Seine blonden Haare sind zerzaust und ich kann mir bildlich vorstellen, dass er sich mehre Male durch die Haare gefahren sein musste.
,,Dein letzter Tag heute, ich kann das einfach nicht glauben.'', ist das erste was aus seinem Mund kommt und ich bin froh, dass wir uns nicht nur still gegenüber stehen.
,,Ich werde so oft wie es nur geht hierher kommen. Zu dir.''Mats ist mein bester Freund und gleichzeitig liebe ich ihn. Wie gingen in den gleichen Kindergarten, auf die gleiche Grundschule, waren beste Freunde. Auf der weiterführenden Schule trennten sich dann zum ersten Mal unsere Wege. Erst ein paar Jahre später trafen wir wieder aufeinander. Und dann hatte es gefunkt und wir kamen zusammen. Ich würde es nicht verkraften nur Schluss zu machen, weil wir nicht mehr in der gleichen Stadt wohnen.
Jede liebe kann eine Distanz überwinden oder nicht?
,,Ja, aber trotzdem! Mit wem soll ich mich denn jetzt streiten?'' Tatsächlich sagt Mats dies ehrlich, woraufhin ich tatsächlich Lächeln muss.
,,Das ist natürlich das größte Problem.'', grinse ich.
Mein Herz zerreißt, als plötzlich eine einzelne Träne auf Mats Gesicht runter Tropfen sehe. Nun schafft er es doch nicht mehr seine Gefühle zu verstecken, worüber ich ehrlich froh bin.
Wenn man ehrlich ist, fühlt es sich an wie ein Abschied für immer, wie eine Trennung.
Meine Hand schnellt zu seinem Gesicht um seine Tränen wegzuwischen.
Als sich unsere Gesichter näher kommen, um sich zu küssen, weiß ich, dass das vorerst der letzte Kuss sein würde.
Für die nächsten Monate. Es ist ein Abschiedskuss.
Meine Hände wandern in seine blonde Haare, während mein Bauch mit einem kribbeln durchzogen wird trotz dieser Situation. Ich fühle das Gleiche Glücksgefühl wie auch schon vor zwei Jahren und ich weiß, dass Mats genauso empfindet.
Dieser Kuss hat so viel Zärtlichkeit und Wehmut und beide bringen wir es nicht übers Herz diesen Kuss zu stoppen.
Ich spüre Mats Verzweiflung und Angst, weil wir beide nicht wissen, ob es wirklich die richtige Entscheidung ist.
Dies werden wir erst in ein paar Monaten erfahren.
Würden wir uns für immer lieben? Es schaffen uns nicht auseinander zu leben?
Als wir uns lösen liegen Mats Hände auf meinen Wangen, die zart darüber streichen.
,,Nicht weinen.'', flüsterte Mats und erst da bemerke ich, dass nun auch ich weine.
Und dann der Abschied. Es ist komisch, ein Gefühl, das ich schlecht beschreiben kann. Klar, wir beide spüren die Trauer, die Wehmut und den Schmerz. Der seelisch schmerzhafteste jemals in meinem Leben. Aber da ist noch etwas anderes, was sich nur schwer erklären lässt. Das verstehst man nur, wenn man es selbst durchmacht.
Weinend klammern wir uns aneinander, beide schaffen wir es nicht uns loszulassen. Wahrscheinlich ist das genau das falsche, wenn man sich von seiner Liebe verabschiedet. Ich hasse mich dafür, dass ich nicht stark geblieben bin und Mats denkt hundert prozentig genauso.
DU LIEST GERADE
Heimat, ein Gefühl
FanfictionDie 16 jährige Freya genießt ihr Leben eines typischen Teenagers in Akerhus, Norwegen. Doch dann stellt sich das Leben der Handballerin komplett auf den Kopf. Auswandern. In ein neues Land. Ein Neuanfang, den Freya ganz und gar nicht möchte. Sie i...