Meine Heimat

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Nachdenklich stehe ich in meinem Zimmer, den Blick auf die zahlreichen Umzugskartons gerichtet.

Obwohl der Umzug jetzt schon länger feststeht, habe ich noch nicht ganz realisiert, dass es in zwei Tagen soweit ist. Ich würde Abschied nehmen müssen, habe dabei aber keine Ahnung wie.

Ich bin kein Mensch, der gerne neue Abenteuer erleben will. Ich bin ein langweiliger Mensch, meine Freunde nennen mich sogar einen ,,Gewohnheitsmenschen''.

Dementsprechend war die Nachricht, das wir nach Deutschland gehen, ein Schock.

Noch immer habe ich keine Ahnung, wie ich es schaffen soll, mich von meinen besten Freunden, meinem Freund und meiner Heimat zu verabschieden.

Seufzend streiche ich mir eine blonde Locke aus dem Gesicht und setze mich eilig aufs Bett als ich Schritte auf der Treppe höre.

Ich tue als würde ich lesen, da ich keine Lust auf fragen habe.

,,Essen ist fertig, kannst du nicht einmal hören wenn Mama dich ruft? Ich höre es doch auch.'', genervt starren blaue Augen auf mich hinab.

Mein Bruder und ich sehen uns ziemlich ähnlich, das sieht jeder und ist auch kein Geheimnis. Beide haben wir blonde, wellige Haare, stechend blaue Augen, die schnell kalt wirken können und die markanten Gesichtszüge unserer Mama.

,,Komm mal runter.'', erwidere ich bloß.

,,Kjell! Freya! Was macht ihr denn da oben? Essen ist fertig!'', hören wir nun meine Mutter von unten rufen.

Eilig begeben wir uns in die Küche, wo der Rest der Familie schon versammelt ist.

Mit dem Rest ist mein kleiner Bruder Bjan gemeint und meine Eltern.

Meine beiden Brüder sind ebenso wenig begeistert wie ich vom Umzug.

Mein einer Bruder ist in der 11. klasse und kurz vorm Abitur.
Meine Eltern können froh sein, dass der Umzug seit einem Jahr feststand und wir seitdem nervigerweise fleißig deutsch lernen und es auch schon in der Schule als Fach hatten.

Trotzdem ist es klar, dass wir riesige Probleme in der Schule kriegen werden.

Bjan hat es gut, er geht in die Grundschule und würde später deutsch und norwegisch perfekt sprechen können.

,,Guten Appetit.'', höre ich meine Mutter sagen. Ich widme mich nun ebenfalls meinem Essen.

,,Die Schule aus Kiel hat sich gemeldet.. ihr seid fest angenommen.'', erzählt meine Mutter, doch ihre Freude schwappt nicht sonderlich auf uns über.

,,Papa, hat sich der THW endlich mal gemeldet? Das wäre etwas, was mich wirklich interessieren würde.'', erwidert mein großer Bruder. Ich mag seine direkte Art, die er besitzt, frage mich jedoch immer wieder von wem er die hat.

Kjell wollte unbedingt beim THW Kiel in der A-Jugend spielen, obwohl meine Eltern davon überhaupt nicht begeistert sind.

,,Bist du sicher, dass du das willst?'', höre ich meine Mutter.

,,Lasst ihn doch, merkt ihr nicht wie wichtig es ihm ist?'', schalte ich mich nun ein. Ich stehe da wirklich auf Kjells Seite.

Wenn er wirklich dort spielen würde und es ihm zu viel werden würde, könnte er immer noch aufhören.

Anders als Kjell will ich mir nicht direkt einen neuen Verein suchen. Ich kann einfach nicht. In meiner jetzigen Mannschaft sind meine besten Freunde und ich fühle mich in gewisser weise wie ein Betrüger, wenn ich mir einen neuen Verein suche.  Außerdem habe ich auch keine Lust in Deutschland Handball zu spielen.

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