netter, braver Frauenschwarm

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"Fuck! - Fuck! Fuck! Fuck!"
Haare raufend drehte ich mich noch einmal nach links, als auch nach rechts. Selbst neben dem Bett sah ich nach - kann ja sein, dass sie herunter gefallen ist. Aber keine Spur. Noch ein letztes "Fuck!", huschte mir leise aus der Kehle, bevor ich auch schon - nackt - hinunter in meinen Flur sprintete, nichtmal ein Hauch von ihr. Panisch ging mein Blick zur Schale auf der Komode in meinem Flur, wo ich immer Wohnungs-, als auch Autoschlüssel aufbewahrte. Möglicherweise wollte sie was vom Bäcker holen, aber auch dies war nicht der Fall. Hörbar atmete ich erleichtert aus und fand schnell meinen Weg zum Bad, wo ich mir erstmal eine lange, warme Dusche gönnte.

Wie konnte das passieren? Ich war doch sonst nie so müde, oder ausgepowert?
Normalerweise schmiss ich Frauen, welche ich lediglich für eine Nacht benötigte direkt nach dem Akt hochkant heraus. Zwar war ich noch so gnädig, dass sie sich wieder bekleiden durften, dennoch lehnte ich alle Anfragen auf frisch machen, duschen oder hier bleiben ab.
1. Bildeten sich Frauen, welche über Nacht blieben bloß irgendwelchen Scheiß ein. Sie glaubten an Liebe, würden mit mir frühstücken wollen, oder direkt einen Heiratsantrag.
2. War es mir viel zu riskant sie so lange in meinem Reich zu lassen. Hier waren viele Gegenstände, als auch Klamotten oder Schmuck, wovon der Betrag deutlich in die Millionen ging. Nicht auszudenken, was wäre, wenn diese Frauen irgendwann ihre Chance nutzen würden und all' das klauen. Wie stände ich denn dann da? Genau: so wie ich bin, aber das muss ja nicht die Presse erfahren.
Für die bin ich immernoch der nette, brave Frauenschwarm, welcher nichts, beziehungsweise sehr wenig von seinem Privatleben Preis gibt. Und dieses Image wollte ich mir nun wirklich nicht versauen!

Seufzend ließ ich das warme Wasser auf mein Gesicht prasseln und fuhr mit anschließend mit der Hand so durchs Gesicht, dass meine nassen Strähnen direkt wieder zu den anderen Haaren fielen.

Wieso ist sie gegangen? Jedes andere weibliche Wesen wäre geblieben, hätte die Chance, dass ich geschlafen habe, genutzt und hätte entweder eine ausreichende Dusche genommen, Frühstück vorbereitet, Sachen entwendet, oder gar meine Schlüssel geklaut. Aber sie? Sie Haut einfach nur ab. Einfach so, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Das war einfach die perfekte Frau für mich: einfach und unkompliziert. Sie wusste, dass dies für uns beide eine einmalige Sache war und bildete sich darin nicht direkt die Hochzeit und Nachwuchs ein.
Trotzdem verwirrte mich diese Tatsache, dass sie so anders war, als alle anderen, so sehr, dass ich mir schon wieder den Kopf über sie zerbrach. Selbst der kurze Schockmoment, als ich meine Dusche auf eisekalt stellte, um auf andere Gedanken zu kommen, erfüllte nicht seinen Zweck.

Diesmal mit einem leichten Shirt, sowie einer Boxershort bekleidet, betrat ich erneut meine Küche, wo ich mir, ohne groß Zeit zu vergehen lassen, einen Kaffee machte. Wie heißt es so schön? Kaffee am Morgen - vertreibt Kummer und Sorgen. Den geb ich absolut Recht. Es war mein Wunder-, nein. Zaubertrank, oder? Egal, beides zusammen und es bewirkte bei mir echt magisches. Mittlerweile bekam man mich ohne dieses warme Getränke garnicht mehr aus dem Haus. Ohne meinen geliebten Kaffee war ich zu nichts zu gebrauchen, ich war einfach nutzlos, energielos, unvollkommen.. es war schon wie eine Droge, welche ich täglich, manchmal sogar mehrmals am Tag, konsumieren musste.

Genervt schweifte mein Blick zur Uhr, welche mir die Ziffern 8 und 23 anzeigte. Das heißt noch gut eine Stunde, bis Josh mich abholte. Es war mittlerweile zur Routine geworden, dass der Kleine mich des öfteren mit zum Training nahm. Nicht nur, dass meine Wohnung auf dem Weg lag, war der Grund, sondern auch, dass wir meine Autos des öfteren- davor - auch schon bei so manchen Clubs abholen mussten. Alkohol am Steuer sollte man schließlich vermeiden.

So langsam zeigte auch der Kaffee seine Wirkung, denn meine Glieder erwachten immer mehr zum Leben. Pfeifend begab ich mich ins Wohnzimmer, wo ich mich mit einem Sprung später auf dem der Couch wieder fand und fröhlich meine sozialen Netzwerke durch checkte. Noch ein paar blöde Kommentare bei guten Freunden abgeben, oder meinen Eltern, die schon wieder fragten, ob es mir gut gehe, antworten, dann fand ich mich auch schon vor meinem überdimensionalen Kleiderschrank wieder. Ich muss echt zugeben, dass ich im Gegensatz zu den meisten Menschen meines Geschlechtes sehr viele Klamotten habe. Teilweise wirklich mehr, als so manch' eine Frau. Schnell suchte ich mir ein einfaches weißes Hemd, als auch eine kurze Jeansshort heraus. Immerhin war es Anfang September und noch 20 bis teilweise sogar 30 Grad draußen.

Gerade, als ich in meinen zweiten Schuh geschlüpft war, klingelte es auch schon und ich öffnete lediglich die Tür des Wohnkomplexes, so dass Josh nicht noch in der prallen sonne warten musste. Schnell schnappte ich mir noch meinen Kulturbeutel, als auch Autoschlüssel und verschwand, nachdem ich noch die Tür abgeschlossen hatte, schon im Treppenhaus. Wir begrüßten uns lächelnd mit unserem eigenen Handschlag und stiegen anschließend in seinen Wagen. Man konnte ihm deutlich ansehen, dass er letzte Nacht wohl ebenfalls nicht allein verbracht hatte. So sehr man dies als Mann auch verstecken wollte, andere Männer sahen einem das trotzdem an. Es ist, als hätten wir einen Riecher dafür, aber wir merkten es einfach, wenn unser Gegenüber letzte Nacht sportlich verbracht hat.

"Und wie lief's bei dir so?", sprach ich meinen Fahrer auf meine Erkenntnis an, der ebenso, wie ich, eine Sonnenbrille auf der Nase trug. "Schrecklich", lachte er, konzentrierte sich aber trotzdem weiterhin auf den Straßenverkehr. Dennoch wusste ich genau, dass er meinen verwirrten Blick in seinem Augenwinkel wahr nehmen konnte. "Die dachte ernsthaft, sie könnte direkt bei mir einziehen", lachte er weiter und so langsam musste ich mir auch das lachen verkneifen. "Ich so: lass' zu mir gehen, da sind wir ungestörter und sie einfach, so Stroh dumm, wie sie ist: aber, da muss ich erst mit meinen Eltern reden und so".
Schon bei seinen letzten Worten konnte ich mich nicht mehr halten und verfiel in lautes Gelächter, wobei er nur einstimmte. "Jetzt ernsthaft?", fragte ich noch einmal nach, als ich mich halbwegs beruhigt hatte. Mein bester Freund nickte bloß, was mich schon wieder ein lautes Lachen verlockte. "Manchmal frag ich mich echt, wie man so Stroh dumm sein kann..", murmelte Josh. Nickend stimmte ich ihm bei dieser Erkenntnis zu: "hast du sie wenigstens noch genommen oder so?", stellte ich direkt die Folgefrage, da ich ganz genau wusste, dass er trotzdessen Sex hatte, man sah es ihm, wie gesagt, an.
"Nein, stell dir vor, die wäre, so dumm, wie die ist, noch schwanger geworden. Nenenenene, zu hohes Risiko!", gab er lachend von sich. "Hab dann noch eine andere gefunden, war ganz niedlich, zwar nicht die Granate im Bett, aber ganz okay.", vervollständigte er seinen Satz, welchen ich nickend zur Kenntnis nahm. "Und bei dir...", wollte er mich gerade fragen, als ich jedoch bereits die Tür geöffnet hatte. Wir standen vor dem gestrigen Club, wo ich in mein Auto umsteigen musste, so dass es hier nicht noch abgeschleppt werden würde.

Ich kann nicht sagen, dass es mir peinlich war, dass sie abgehauen ist, aber irgendwie war es mir unangenehm. Josh kannte meine Art, wie ich das nach dem Sex gehandhabt habe, zwar fand er es nicht gut, da er selbst anders mit den Frauen umgang, trotzdem konnte er nichts daran ändern. Umso blöder wäre die Situation gewesen, wenn ich ihm erzählt hatte, dass ich direkt danach eingeschlafen bin. Ich konnte mir schon bildlich vorstellen, wie er mich ausgelacht hätte. Deshalb war ich auch mehr als glücklich, dass wir gerade jetzt hier ankamen und ich das Auto wechseln musste. So konnte ich der Situation - wenigstens für ein paar Minuten, vielleicht auch bis nach dem Training - entgehen.

Verkehrte Welt | Leon Goretzka FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt