Mom hatte mich auf dem Weg über das gesamte, riesige Internatsgelände bis fast vor die Eingangstür gefahren, bevor sie schließlich anhielt.Ich schaute aus dem Fenster und musste schlucken. Schon, als ich das Internatsgebäude sah, wusste ich, dass ich mich dort nie zurechtfinden würde. In großen Buchstaben stand ‚Elementaria High School' über dem Eingangstor. Eigentlich hatte ich das schon gewusst, doch ich runzelte die Stirn, um mich erneut über den ungewöhnlichen Namen zu wundern. Nicht nur dieser war es, der mich verwirrte. Auch das Wappen des Internats war nicht gerade normal. Es bestand aus Flammen, die sich um eine scheinbar auf fließendem Wasser befindliche Schriftrolle mit dem Namen der Schule schlangen. Getragen wurde die Rolle von einer gelblich aussehenden Feder und dem grünen Blatt eines Baumes. Es sah faszinierend aus, wie der Künstler das Wappen am Eingangstor befestigt und auch noch farblich gestaltet hatte, doch dennoch irritierte es mich.
Kopfschüttelnd schnallte ich mich ab und dachte nicht länger darüber nach. Auf Wiedersehen, Handy, dachte ich seufzend, als ich mir erneut in Erinnerung rief, dass hier keine Smartphones erlaubt waren. Die Tatsache war allerdings auch nur deshalb schlimm, weil ich so niemanden derer erreichen konnte, die mir nahestanden, denn ich hatte keine sozialen Netzwerke, nicht einmal WhatsApp befand sich auf meinem Handy. Wozu auch? Freunde hatte ich schließlich nie gehabt.
Als Mom nach mir aus dem Auto stieg, wandte ich mein Gesicht kurz ab, um nicht schon wieder zu weinen. Es passte eigentlich gar nicht zu mir.
„Geht es dir wieder besser?", wollte sie wissen, als ich wieder zu ihr schaute, und sah mich aufrichtig und entschuldigend an.
„Ehrlich gesagt nicht, Mom", murmelte ich und mir gelang ein kleines, schwaches Lächeln, bevor ich meine Mutter heftig umarmte, „Ich werde dich so vermissen. Dich und Dad!"
„Ich dich auch. Es tut mir leid, Kleines. Es ist zu deinem Besten, okay?", flüsterte Mom zurück und ließ mich dann los. Auch sie wirkte anders als sonst. Aber ich wollte und konnte mir darüber jetzt keine Gedanken machen. „Ich hab dich lieb, mein Krümelchen! Pass auf dich auf!", verabschiedete sich Mom von mir und ich sah, dass ihr ebenfalls eine Träne die Wange hinunterlief. Nicht einmal über den Spitznamen konnte ich mich aufregen.
„Ich dich auch!" Ich winkte Mom noch kurz mit Tränen in den Augen zu, bevor sie in ihr Auto stieg und vom Schulhof fuhr. Eine Weile sah ich ihr noch wehmütig hinterher. Verdammt, ich würde sie schrecklich vermissen. Sie und Dad, von dem ich mich bereits gestern verabschiedet hatte. Wie lange würde ich meine Eltern jetzt nicht sehen, wo sie doch sonst mein ganzes Leben lang immer bei mir gewesen waren? Zum Sekretariat kam Mom nicht mit; ihr Chef wollte, dass sie heute unbedingt noch auf Arbeit aufkreuzte. Sie hatte trotzdem meinetwegen nicht gehen wollen, doch wenigstens das konnte ich ihr einreden.
Ich ignorierte den sich bildenden Kloß in meinem Hals, atmete tief durch und drehte mich zu meinem neuen Zuhause um. Am liebsten wäre ich dem Wagen meiner Mutter im Sprint hinterhergerannt.
Von außen sah ich, dass das Internat aus vier Gebäuden bestand, die jedoch alle miteinander verbunden waren. Von der Internetseite, die ich gestern, wenn auch widerwillig, aufgerufen hatte, wusste ich, dass sich in Gebäude 1 die Schlafräume für die Jungen befanden, in Gebäude 2 der Haupteingang und das Sekretariat, die Cafeteria, die Schulbibliothek, alle Unterrichtsräume und weiteres; in Gebäude 3 waren alle Mädchenschlafräume und in Gebäude 4 mehrere große Multifunktionshallen untergebracht.
Auf einen Blick war mir jetzt, wo die Schule in der Realität vor mir stand, einmal mehr klar, dass sie wohl nicht erst seit drei Jahren existierte. Ihre äußere Gestalt erinnerte eher an eine Burg aus dem Mittelalter als an eine Bildungseinrichtung des 21. Jahrhunderts. Massive Steinwände ließen das Bauwerk wirken wie einen undurchdringbaren Schutzwall, so, als wäre man innerhalb der Mauern vor allem absolut sicher.
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Gefrorenes Feuer - Gabe der Elemente (Leseprobe)
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