4. Atmen. Vergiss' nicht zu atmen.

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Die ersten beiden Unterrichtsstunden vergingen wie im Flug. Ich hatte Seminarkurs Literatur. Wir sind nur zehn Leute im Kurs und reden sehr viel über literarische Werke und ihre Wirkung auf die damalige und heutige Gesellschaft usw. Ich muss zugeben, dass ich von dem Kurs und den Inhalten positiv überrascht war. Mittlerweile macht es richtig Spaß, sich über einzelne Werke, deren Autoren und die Charaktere zu unterhalten oder zu diskutieren.

Nach Unterrichtsschluss eile ich zum Schließfach, um die Bücher auszutauschen. Gleich habe ich eine Doppelstunde Biologie, mein anderer Leistungskurs neben Geografie. Ich bin schon leicht aufgeregt, da ich jeden Moment Liam wiedersehen werde.

Wie wird er wohl reagieren? Wird er mich beachten?

Ich mache mich mit weichen Knien auf den Weg zum Klassenraum, welchen ich mit gesenktem Blick betrete. Ich steuere geradewegs auf meinen Sitzplatz zu. Vor meiner Bank bleibe ich stehen und setze mich, wobei ich möglichst unauffällig in die Reihen hinter mich linse. Er ist noch nicht da. Seine Freunde auch nicht.

Langsam füllen sich die anderen Bänke, keiner scheint mich zu bemerken – und wenn, dann ignorieren sie mich gekonnt. In der Bankreihe hinter mich tauchen kurz vor Unterrichtsbeginn noch Theodor, Liam und Justus auf. Schlagartig versteift sich mein Rücken und mein Herz beginnt schneller zu klopfen. Meine Güte, kann das denn nie aufhören?

Der Unterricht beginnt, doch ich höre nur mit halbem Ohre zu, weil ich zeitgleiche versuche, herauszubekommen, worüber Liam hinter mir spricht. Doch die einzigen Wortfetzen, die ich verstehen kann sind: „Nein, .... Doch nicht. ... willst du denn von der.... Bloß nicht. Sie ist total uncool" Reden sie über mich? Bestimmt. Das hört sich voll danach an. Was mache ich jetzt bloß? Soll ich mich umdrehen?

Unsere Lehrerin eröffnet uns, dass wir in der heutigen Stunde irgendein Experiment zu zweit durchführen und protokollieren sollen. Leider sitze ich allein auf meiner Bank, was wohl wieder bedeutet, dass ich in Einzelarbeit übergehe. Bevor ich mir eine plausible Erklärung ausgedacht habe, warum das völlig in Ordnung ist, allein zu arbeiten, werde ich von hinten an der Schulter angetippt.

Ich halte die Luft erschrocken an. Das ist doch bestimmt nur eins ihrer Spielchen. Aber diesmal mache ich nicht mit. Aber was, wenn es Liam ist? Ich bleibe wie erstarrt sitzen und versuche mich erneut auf die Aufgabenstellung des Protokolls zu konzentrieren. Erneut tippt mich jemand von hinten an. „Ey, Neelson."

Ich reagiere nicht. „Neelson. Jetzt dreh' dich doch mal um!", ertönt es erneut, diesmal etwas lauter, sodass einige Mitschüler schon zu mir schauen.

Schnell wende ich mich zu der Stimme – es war Liams ! – und frage, was los ist.

„Hast du schon ein Laborpartner?", fragt Liam. Oh mein Gott! Ich spüre, wie ich krampfhaft versuche mir ein Lächeln (wohl eher ein breites Grinsen) zu unterdrücken. Liam Hoffmann fragt mich, ob ich seine Laborpartnerin sein möchte! Der Liam, der mich jahrelang nicht wahrnimmt oder nur als Loser abgestempelt hat. Was soll ich jetzt sagen? - Cool bleiben!

„Ähm. Nee. Also ich wollte...allein. Also nicht wirklich, weil wenn du willst. Also ich dachte, dass... Ja. Also nein, habe ich nicht", stammele ich vor mich hin und senke schnell meinen Blick. Von wegen cool bleiben

„Cool. Wollen wir dann zusammenarbeiten?"

„Ich glaube .... Ja. Das können wir machen", antworte ich zögerlich. Was passiert hier? Ich glaube es einfach nicht! Atme. Atmen nicht vergessen.

Ich könnte gerade die Welt umarmen. Gekonnt ignoriere ich die skeptische und zweifelnde Stimme in mir, die mich vor ihm warnt. Schon steht er auf und packt seine Unterlagen, um sich auf den Platz neben mir auszubreiten. Immer wieder lächelt er mich von der Seite an. Ich schaue ein einziges Mal noch hinter mich, wobei ich bemerke, dass Theodor mich irgendwie sehr grimmig, fast abschätzig beobachtet. Seine Augen sind leicht zusammengekniffen. Aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.

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Hey alle zusammen!

Ich hatte leider einige Update Probleme und deshalb noch mal von vorn.

Ich hoffe euch gefällt die Geschichte bisher.

Let's write our own stories

(#Lwoos)

Finding TruthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt