2. Kapitel

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Der Schuss klang ziemlich unecht, jedenfalls fand Stella das. Wahrscheinlich hatte sie sich einfach einen Schuss vorgestellt so wie er immer in den Filmen dargestellt wurde, doch sie hatte nicht damit gerechnet, dass der Schuss von einem Schalldämpfer gedämpft wurde. Sie brauchte einen Moment, bis sie realisierte, dass der Mann wirklich geschossen hatte, doch es brauchte noch einen Moment mehr, bis sie realisierte, dass ihr Körper noch ganz war. Keine Kugel schien ihren Körper zerfetzt zu haben und auch sonst schien es ihr ganz gut zu gehen, bis auf dass sie beinahe erschossen wurde. Sie entdeckte neben sich den Punkt, den die Kugel getroffen hatte. Sie war dicht neben ihrem Fuß eingeschlagen, was zeigte, dass dieser komische Mann also wirklich eine Ahnung davon hatte wie man mit einer Waffe umging.

Sie schluckte, als ihr bewusst wurde wie knapp sie dem Tod entronnen war und riss schließlich überrascht die Augen auf, als sie von hinten gepackt wurde.

Stella war viel zu abgelenkt vom Schuss gewesen, deshalb hatte sie gar nicht einen weiteren schwarzhaarigen Mann entdeckt, der aus dem Auto gestiegen war und sie gepackt hatte. Die beiden schwarzhaarigen Männer sahen sich ähnlich aus, weshalb sie wahrscheinlich Brüder waren oder sonst irgendwie verwandt sind. Jedenfalls waren die Gesichtszüge der beiden ähnlich und auch ihre böse Miene war dieselbe. Der Mann, der sie jetzt aber packte, sah etwas freundlicher aus als der Mann, der sie gerade hatte erschießen wollen und jetzt doch nur den Boden getroffen hatte.

Stella war aber gerade momentan völlig an einem anderen Ort mit ihren Gedanken, nämlich wie sie von diesem komischen Mann fliehen sollte, der sie jetzt einfach packte. Sie wollte schreien und um sich treten, doch der Mann hatte ein Tuch um ihren Mund gewickelt und hob sie über seine Schulter, so wie wenn sie einfach ein Kartoffelsack war, den man irgendwohin trug. Sie versuchte sich zwar weiter zu wehren, doch sie wusste, dass es nichts bringen würde. Die Leute, die hier in der Nähe wohnten, hatten wahrscheinlich nichts mitgekriegt. Es war früh am Morgen und die meisten schliefen sowieso noch, und auch dank des Schalldämpfers schien niemand vom Schuss geweckt worden zu sein. Beschissener Schalldämpfer...

Stella konnte jetzt nur noch die Männer böse ansehen, sonst blieb ihr gerade nicht viel übrig. Der Mann, der sie trug schien sowieso nicht viel von ihr zu halten, denn er öffnete den Kofferraum und warf sie dort ziemlich grob rein. Er schien sie einen kurzen Moment triumphierend anzusehen, bevor er schließlich grinste.

„Chloroform ist da vorne, wir können sie jetzt gerade nicht brauchen. Beeil dich, Leo, uns bleibt nicht mehr viel Zeit übrig.", rief der Fahrer ungeduldig. Seine Stimme klang nervös und er schien doch nicht so selbstsicher zu sein, wie er vorhin gewirkt hatte, als er ihr die Waffe hingehalten, und sogar geschossen hatte.

Der Mann, der anscheinend Leo hieß, nickte und griff nach einem Tuch, das im Kofferraum war. Stella fing sofort wieder an sich zu wehren, doch der Mann drückte das Tuch schon auf ihr Gesicht und ihr blieb nicht mehr viel übrig als das Chloroform einzuatmen, das ihre Sinne benebelte.

„Schlaf gut.", sagte Leo mit einem schwachen Akzent. Es klang nach Italienisch, doch Stella konnte gar nicht groß darüber nachdenken. Schon nur nach ein paar Atemzügen wurde ihr schwarz vor Augen und sie verlor diesen Leo aus der Sicht, der einfach bescheuert grinsend zu ihr runter sah und darauf wartete, bis sie ihr Bewusstsein verloren hatte.

-

Irgendwann nahm Stella einen dröhnenden Schmerz in ihrem Kopf wahr, der sie wahrscheinlich weckte, so schien es jedenfalls. Ächzend legte sie ihre Hand an ihren Kopf und fühlte danach sofort eine warme Hand, die sich um ihr Handgelenk legte. Ihr Arm wurde wieder neben ihren Körper gelegt und sie brauchte einen Moment, bis sie realisierte, dass wahrscheinlich noch jemand anderes im Raum war. Sie würde sich ja niemals selbst an den Arm fassen und ihn zurück an den Platz legen an dem er schon gewesen war.

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