Mein Vater und ich beschlossen, ins Kino zu gehen. Da wir beide nicht somotiviert waren viel zu laufen, war die Entscheidung schnell gefällt.Wir hatten viel Spaß, und es war wirklich sehr schön. Als wirwieder zuhause waren, nahmen wir uns vor, Kuchen zu backen undveranstalteten eine Riesensauerei.
AlsFreddy nach Hause kam, war er sehr schlecht gelaunt und huschteschnell an der Küche vorbei, wo mein Vater und ich gerade Kuchenbackten. Im Vorbeilaufen murmelte er nur: „Ich komme mit nachFrankreich". Das war 's. Mehr sagte er nicht, und dannverschwand er auch in seinem Zimmer.
Alser weg war, schauten mein Vater und ich uns irritiert an und musstendann anfangen zu lachen. Wir versuchten leise zu lachen, und dasklappte auch so halbwegs, aber im gleichen Moment stoß ich ausVersehen die Milchpackung um, und die ganze Milch landete auf meinemVater. Das machte das leise Lachen etwas schwierig. Mein Vaterschaute mich kurz lachend an, doch dann wurde sein Blick ernst. „Na,warte!", schrie er plötzlich und griff sich die Mehlpackung undkippte Mehl über mich. Das ging lange so, und wir lachten ganz viel,bis wir plötzlich hörten, dass meine Mutter durch die Tür kam.
Ichund Papa hörten ruckartig auf mit unserer Mehlschlacht und schautenuns hilfesuchend an. Und duckten uns gleichzeitig hinter denKüchentresen in der Hoffnung, sie würde uns einfach nicht sehen,was ohnedies unmöglich war. Wir hörten meine Mutter ins Zimmerreinkommen, wie sie langsam ihre Tasche abstellte und den Schlüsselauf den Küchentresen legte, dann hörten wir sie laut stöhnen. MeinVater und ich schauten uns direkt an und hatten den gleichenGedanken. Wir hoben Mehl vom Boden auf, und er zählte mit denFingern bis drei. Dann sprangen wir beide ruckartig auf und schmissendas Mehl auf meine Mutter. Das ganze endete dann schon wieder ineiner rießigen Mehlschlacht, bis meine Schwester nach Hause kam.
Alssie dann plötzlich in der Küche stand und wir sie bemerkten, hörtenwir auf, da sie uns mit einem sehr strengen Gesicht anschaute und einlautes genervtes Schnaufen von sich gab. Dann ging sie einfach an derKüche vorbei und ging in ihr Zimmer. Ein lautes Türknallen ihrerTür, und dann konnten Papa und ich es uns nicht mehr verkneifen undmussten anfangen zu lachen. Unsere Mutter war jetzt auch wieder ernstgeworden. Sie räumte mit uns das Chaos auf und schickte uns zumDuschen.
Nachder Dusche stand ich in meinem Zimmer und bürstete mich vor demSpiegel. Vor mir stand ein glückliches selbstbewusstes Mädchen, dasein neues Zuhause bei ihrem Vater gefunden hatte und der es egal seinkonnte, was die Mädchen in ihrer Klasse von ihr dachten. Sie konntejetzt endlich ihren Eltern vertrauen und fühlte sich mit ihrenEltern wohl.
MeinVater schaute kurz in meinem Zimmer vorbei und unterhielt sich mitmir. Er sagte, ihm tue das alles sehr Leid und er hätte sich mehrfür seine Kinder interessieren sollen. Danach umarmten wir uns. Erfragte mich, ob ich mal bei meinen Bruder vorbei schauen könnte, dader nicht mit meinem Vater reden wolle.
Ichklopfte an der Tür von meinem Bruder und ging rein, er saß aufseinem Fensterbrett mit Kopfhörern. Ich ging im Zimmer und auf ihnzu. Er schaute aus dem Fenster und bemerkte mich am Anfang gar nicht.Ich sprach ihn an, und er zuckte zusammen, er hatte Tränen in denAugen. Er musterte mich. "Was willst Du?", kam aus seinemMund. Ich erstarrte, so spitz hatte er noch nie mit mir gesprochen.Ich fragte ihn, was passiert sei und ob alles okay sei. Doch erantwortete nur: „Alles super. Ich komme mit euch nach Frankreich."Und das war alles, mehr sagte er nicht. Ich blieb noch eine Weile imZimmer, und als er immer noch nichts anderes sagte, ging ich raus.Bevor ich die Tür schloss, sagte ich: "Ich bin immer für dichda, wenn du mich brauchst, du kannst immer mit mir über alles reden.Das weißt du." Danach schloss ich die Tür und ging in meinZimmer. Ich wusste, dass für meinen Bruder Luke gar nichts okay war.Er hatte Tränen in den Augen. Glaubte er wirklich, ich hätte dasnicht gesehen?
MeinVater und meine Mutter hatten am selben Abend in der Schuleangerufen, um zu fragen, ob wir denn noch zur Schule kommen müssten.Die Faschingsferien waren ohnedies in einer Woche und es habe sichherausgestellt, dass wir dann nach Frankreich umziehen würden, dadas Unternehmen von meinem Vater dort schon ein Haus für ihn undseine Familie habe.
Dochleider meinte unsere Schule, dass es schon notwendig sei. Ich konntedas schon nachvollziehen, aber hätten sie in der Schule gewusst, wasich für Scheißfreunde hatte, dann hätten die das sicherlichverstanden. Außerdem sollte ich mich doch viel dringender damitbeschäftigen, auf Französisch schreiben zu lernen, das konnte ichnämlich gar nicht. Ich glaubte, das würde zu einem großen Problemwerden. Mit diesem Gedanken fiel ich müde ins Bett und schlief ein.
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»Bis zum Atlantik und zurück«
Teen FictionAmelie ist halb Deutsch und Französin. Sie hat einen großen bruder und eine große schwester mit denen sie sich grundsätzlich ganz gut versteht. ~ Die beliebte amelie hat ein Sorgen- loses und glückliches leben bis die firma von ihrem vater wegzieh...