Wieso auch immer machte sich Hannah Kinnley nicht schnurstracks auf den Weg in ihr Aus – wie es jeder faire Mensch auf diesem Planeten getan hätte –, sondern ließ sich äußerst theatralisch auf den kühlen Hallenboden fallen, und senkte den Kopf auch noch, als hätte ihr mein Ball, der sie, zugegeben, vielleicht ein bisschen hart getroffen hatte, tatsächlich irgendwelche Schmerzen zugefügt. Ihre Freundin war sofort an ihrer Seite. Keine Ahnung, wie sie heiß, Koala oder so.
Ich verdrehte die Augen über diese Weiber, und konzentrierte mich wieder auf das Spielgeschehen.
Am liebsten hätte ich einen Ball genommen, und ihn gleich noch einmal Fettie ins Gesicht geknallt, so sehr pulsierte meine Wut auf sie noch durch meine Adern. Nicht nur, dass sie urplötzlich einen auf Völkerball-Weltmeister tun musste – sollte es diesen Titel überhaupt geben –, nein, sie wagte es auch noch, mich abzuwerfen und tatsächlich herauszufordern. Fettie! Mich! Und dabei war es nicht geblieben. Sie hatte mich vorgeführt, vor allen hier anwesenden Mitschülern. Als wäre ich nicht im Stande, jemanden wie Fettie abzuwerfen.
Heute schien nicht mein Tag zu sein, und ihrer schien nur so vor Glück zu strahlen. Anders war dieses Desaster gerade eben nicht zu erklären.
Mit Genugtuung hatte ich gesehen, wie der Ball sie getroffen hatte. Der Triumph darüber lag immer noch über mir wie ein stolzer Mantel. Nur langsam konnte er die Wut zurückdrängen.
»Mann, du scheinst Fettie ja ganz schön hart abgeworfen zu haben, wenn die jetzt nicht einmal mehr mitspielen kann.«, Andrew, einer der Typen, die ich zu meinen Freunden zählte, tauchte neben mir auf. Ich warf den Ball auf die gegnerische Spielhälfte, wo er einen Typen mit grünen Haarspitzen traf, bevor ich Andrews Blick folgte.
Das durfte doch nicht wahr sein! Fettie ließ sich gerade ernsthaft von dem Koalabären vom Spielfeld führen, sich dabei übertrieben den Kopf haltend.
Meine Güte, so hart hatte ich nun wirklich nicht geworfen! Musste sie so übertreiben? Frauen!
»Die übertreibt doch nur«, antwortete ich Andrew mit gerunzelter Stirn und rollte dann zur Bestätigung meiner Worte mit den Augen.
»Glaubst du wirklich? Irgendwie sieht sie blasser aus, oder?«, meldete sich nun auch Homér, den Typ, den ich als so etwas wie meinen besten Freund bezeichnen würde.
Ich kannte ihn schon seit dem Kindergarten, als wir uns geprügelt, und unsere Eltern sich darüber befreundet hatten. Daher wusste ich, dass Homér oft eher der Typ ‚stiller Beobachter' war, ihm dadurch meist aber auch nichts entging. Homér kannte seine Mitmenschen, er hatte sie praktisch studiert. Verdammt gruselig manchmal.
Aber eben dadurch war er auch ein außerordentlich guter Zuhörer – nicht, dass ich seine Dienste oft beanspruchen würde, daran würde ich im Traum nicht denken. Nur dieses eine Mal, als meine Grandma gestorben war.
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𝐒𝐨𝐮𝐥𝐦𝐚𝐭𝐞𝐬 - 𝐆𝐞𝐝𝐚𝐧𝐤𝐞𝐧𝐥𝐞𝐬𝐞𝐫
FantasyGedanken lesen. Für die siebzehnjährige Hannah mehr Fluch als Segen. Sie kann die Gedanken ihres Mitschülers Henry lesen, der sie wegen ihres Körpergewichts mobbt, und sich mit seinen Freunden zusammen über sie lustig macht. Das war schon immer s...