Doktorspiele (Roman Bürki FF)

Matthew

Der Uni-Stress ist für die nächsten Monate erst einmal pausiert, also geht es jetzt hier endlich weiter. Dieses Kapitel wird vermutlich das letzte in dieser Form sein, die nächsten werden um einiges kürzer und sind von mir mit ,,Moments" übertitelt. Vor dem Lesen möchte ich noch eine ausdrückliche Trigger-Warnung zum Thema Suizid aussprechen!

Über das Lesen und die weiteren Tag vergaß Camille die Box von ihrer Oma. Erst, als sie ihren Koffer in Dortmund wieder auspackte, fiel diese ihr wieder ein. Sie unterbrach das Auspacken, um die Box vom Geschenkpapier zu befreien und dann zu öffnen. Darin befand sich eine Kette mit Amulett, das sie nur von Fotos ihrer Eltern kannte. Ihre Oma hatte einen Zettel dazu gelegt, den Camille auseinander faltete

Deine Mutter hat diese Kette früher so gut wie nie abgelegt. Darin war auf einer Seite ein Foto von deinem Opa und mir und auf der anderen eins von deinen Eltern. Ich habe das von uns heraus genommen, damit du eines von dem jungen Mann und dir reintun kannst, wenn es mal soweit ist. Schnapp ihn dir! Alles Liebe, Oma

Camille musste lachen trotz Tränen in ihren Augen. Sie hatte soeben ein weiteres Stück ihrer Mutter geschenkt bekommen, von der ihr nur die idealisierten Kindheitserinnerungen und wenige Videoaufnahmen geblieben waren. All die Jahre hatte sie sich gefragt, was denn in dem Amulett war und jetzt endlich wusste sie es. Gepaart mit dem Humor ihrer Oma, war es ein weiteres perfektes Geschenk.

Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Camille arbeitete, verbrachte Zeit mit ihrem Vater, mit Flo und dessen Familie und ging zum Sport, um die Weihnachtspfunde abzutrainieren. Das Amulett trug sie bisher nicht, weil es Sport und Arbeit nicht erlaubten und Camille keine Lust hatte, Flos Fragen zu beantworten.

An Silvester hatte sie nur einen wirklichen Vorsatz: Roman so bald wie möglich die ganze Wahrheit erzählen. Er sollte es einfach wissen, bevor er eine Beziehung mit ihr einging. Nur hatte Camille Angst, dass Roman sich dadurch zu irgendetwas verpflichtet fühlen würde. Er sollte wegen ihr nicht vorsichtiger spielen und damit die Leistung des Teams gefährden. Er sollte sie nicht wie eine zerbrechliche Puppe behandeln. Die Verluste hatten sie geprägt, aber erst stark gemacht. Sie sprach regelmäßig mit jemandem, um sich immer wieder bewusst zu machen, dass sie immer wieder Menschen verlieren würde und lernte, damit umgehen zu können.

Gerade wurde sie in dem Bereich wieder auf eine harte Probe gestellt. Roman würde bald wieder in das Training einsteigen und die Angst, dass er sich zu viel zumutete und dass daraus eine weitere Verletzung folgte machte sich wieder breit. Noch dazu näherte sich der Jahrestag der Trennung, was das ganze auch nicht besser machte. Sie hatten Roman nie ein genaues Datum gegeben, ab dem er wieder spielen durfte und das beruhigte Camille ein wenig, weil der Torwart sich so besser mit dem Warten abfinden konnte.

Während die Mannschaft im Trainingslager war, schrieben sie nahezu täglich miteinander. Sie erzählten sich von ihren Tagen und über alles andere, was so in ihrem Kopf herumschwirrte. Als die Borussia aus Marbella zurückkam, blieben noch acht Tage bis zum nächsten Pflichtspiel. Camille und Dr Braun beschlossen, Roman noch eine weitere Woche Schonfrist zu geben und ihn erst gegen Mainz spielen zu lassen. Dann sollte er die Hand wirklich wieder voll belasten können. Die junge Ärztin wusste aus Romans Nachrichten, dass er schon auf das Spiel gegen Bremen gehofft hatte. Irgendwo tat es ihr Leid, ihm das durch ihre unbegründete Angst zu verwehren, aber es half dabei, diese zu mindern.

Am Dienstag, dem 24. Januar hatte Roman den ganzen Tag noch nichts von Camille gehört. Das war insofern außergewöhnlich, weil sie die letzten Wochen versucht hatten, sich nahezu jeden Tag zu sehen oder zu telefonieren. Jedoch hatte er heute noch keine Nachricht bekommen und sie auch nicht in Brackel gesehen. Dabei war es mittlerweile später Nachmittag. Auf dem Heimweg beschloss er bei ihr vorbei zu fahren und sie so zu sehen.