"Puh..." ich lehnte mich zurück und legte die Hände auf meinen Bauch. "Wie kann es sein, dass ich Hunger habe und es sich nach zwei Stück Pizza anfühlt, als hätte ich einen Stein gegessen?". "Tja mein Schatz, da ist eben nicht mehr so viel Platz für Pizza.", sagte Ben mit einem Augenzwinkern und küsste mich auf die Stirn, bevor er aufstand und in Richtung Badezimmer lief. "Wir müssen morgen früh raus...Kommst du dann mit ins Bett?", fuhr er dann fort. Mit einem Seufzer stand ich vom Sofa auf - zumindest hatte ich es vor. Das "Aufstehen" sah wohl eher aus wie ein Walross mit Bandscheibenvorfall. So fühlte ich mich auch - mein Rücken brachte mich um! Langsam lief ich zu Ben ins Bad. "Wow... ich glaube, wenn ich morgen wieder in der Klinik bin, bekomme ich meinen Kittel gar nicht mehr zu!", jammerte ich, während ich mich vor dem großen Spiegel von der Seite betrachtete. "Du bist trotzdem noch wunderschön!", raunte Ben mir von hinten ins Ohr, legte seine Arme um mich und küsste meinen Nacken. Dass er mich so immer noch attraktiv fand, war fast nicht zu glauben. Aber es bestätigte mir einmal mehr,, dass er mich bedingungslos liebte - egal was für eine Kugel ich vor mir herschob. "Leyla, ich kann es nicht erwarten, dass unser Kind bald da ist." Er verschränkte seine Finger in meine und kreiste damit über meinen Bauch. "Auch wenn ich diese Murmel sehr vermissen werde!". Mit geschlossenen Augen legte ich den Kopf nach hinten und genoss Bens Küsse, seine Nähe, seine Worte. Bei ihm fühlte ich mich einfach nur geborgen, konnte mich komplett fallen lassen. Womit hatte ich so einen Mann bloß verdient? "Ich liebe dich!", flüsterte ich und zog Bens Arme noch näher an meinen Körper.
"Hast du meinen Mutterpass gesehen?", rief ich am nächsten Morgen, während ich hektisch meine Tasche durchwühlte. "Ich glaube, er liegt auf deinem Nachtschränkchen!", hörte ich Ben aus der Küche, der gerade dabei war Kaffee zu kochen. Tatsächlich, da war er ja! Ich schnappe mir das gelbe Heftchen, in dem all meine Daten und Untersuchungen zur Schwangerschaft notiert waren und stecke es in meine Handtasche. Heute stand wieder ein CTG an und ich freute mich schon so sehr, das kleine Herz unseres Babys schlagen zu hören.
"Können wir dann?", fragte ich, während ich meine dunklen Locken in einem Dutt bändigte. "Einen Moment, schöne Frau! Hier ist dein Kaffee...". Mit diesen Worten reichte mir mein Freund die kleine Thermoskanne. Ich lächelte dankbar und gab ihm einen Kuss. Die letzten Nächte waren wirklich hart gewesen. Egal wie ich mich hinlegte, immer drückte und ziepte irgendetwas. Außerdem musste ich unzählige Male aufstehen, weil meine Blase gefühlt nur noch die Größe einer Erbse aufwies. Tja... die Probleme einer Schwangeren eben!
"Was steht bei dir heute an?", fragte ich Ben, als er mich auf die Beifahrerseite meines Autos setze. "Als erstes eine Cholezystektomie und heute Nachmittag dann noch eine Nasenrekonstruktion. Mit Mikko als Assistenten!", erzählte er und tippte dabei irgendetwas in sein Handy. "Oha...wie klappt es zur Zeit mit ihm? Ich hab' das Gefühl, er traut sich mittlerweile schon mehr zu, oder?" ich sah Ben an und runzelte die Stirn. "Ja, durchaus! Deine Erziehungsmaßnahmen haben gefruchtet.", grinste er und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. "Was macht die Bohne?", erkundigte Ben sich dann. "Ach du... gerade versucht sie glaube ich mit meiner Leber zu kuscheln oder so. Sehr angenehm, sag ich dir!", ich grinste und fuhr fort: "Der Termin bei Frau Berger ist übrigens um 13 Uhr nachher. Du bist doch dabei?"Keine Frage, Bens Kaffee zeigte seine Wirkung. Ich saß im Oberärztezimmer und trank gerade den letzten Schluck, als mein Herz zu rasen begann. Meine Müdigkeit war definitiv wie weggeblasen. Ich atmete tief durch, um die sich ausbreitende Enge in meiner Brust zu überwinden. „Matteo, kannst du mir vielleicht ein Glas Wasser geben?", fragte ich meinen Kollegen, der gerade vor dem großen Monitor stand und ein CT begutachtete. Er drehte sich zu mir um, hob die Augenbrauen und legte den Kopf schief. „Alles ok mit dir Leyla?" seine Stimme klagt etwas besorgt. „Ja, alles gut! Der Kaffee war glaube ich einfach ein wenig stark. Vielleicht sollte ich den in Zukunft komplett weglassen.", überlegte ich laut und nahm einen großen Schluck aus dem Glas, das Matteo mir gebracht hatte. Er nickte, nahm meine Hand und legte seine Finger auf die Innenseite des Gelenks. „Leyla, dein Puls rast!", stelle er sogleich fest. „Es ist echt alles in bester Ordnung, Matteo! Ich vertrage einfach das Koffein nicht mehr so gut." Ich sah ihn beschwichtigend an. „Außerdem habe ich gleich einen Termin bei Frau Berger und lasse das abklären, zufrieden?"
Matteo zuckte mit den Schultern. „Das ist deine Sache, meine Liebe... aber pass einfach auf dich auf, ok?" Mit diesen Worten klopfte mir Matteo auf die Schulter, nahm seine Akten und verließ den Raum. Während ich mein Wasser austrank, sah ich meinem Kollegen nach, der nun durch die Cafeteria schwebte. Seit Frau Kling das JTK verlassen hatte, waren Matteo und ich uns auf freundschaftlicher Ebene viel näher gekommen. Natürlich würde er Niklas niemals ersetzen können, aber es tat gut einen Kollegen zu haben, mit dem ich über meine Probleme und Sorgen sprechen konnte.
