Teil V

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Ich bin nun schon seit einer Stunde allein. Einmal kam eine Bedienstete und hat etwas zu Essen gebracht. Gesagt hat sie kein Wort. Nichtmal angesehen hat sie mich. Von dem Essen habe ich nichts angerührt. Ich will nach Hause. Wieder in mein kleines, rückschrittliches Dorf, denn es ist alle Mal besser als DAS hier. Ich muss an Tansaya denken. Sie hat Glück. Sie hat ihren Mann fürs Leben gefunden. Sie lieben sich beide aufrichtig. Nicht so wie bei uns. Dalian hasst mich. Und ich hasse ihn. Zum einen, weil er mich hier gefangen hält, zu anderen, weil ich mich in seiner Nähe hilflos und schwach fühle. Ich muss einen Weg hier raus finden.

Plötzlich höre ich Schritte auf dem Gang. Feste Schritte, die vor meinem Zimmer verklingen. Die Diener sind leise und vorsichtig gegangen. Mein Körper verkrampft sich. Es kann nur einer sein. Ich setze mich aufs Bett und achte darauf, dass ich in alle Richtungen hinunterkomme. Dann öffnet sich die Tür. Dalian kommt herein. Sein Gesichtsausdruck erinnert mich an einen Reisenden, der einmal bei uns im Dorf übernachtet hatte. Er hat bei einem Bauern Kartoffeln gekauft. Es waren diese Kartoffeln, die bei uns nun mal wuchsen. Klein und verkümmert. Der Reisende schien aus einer Stadt zu kommen. Er hatte genau den gleiche Gesichtsausdruck wie Dalian, als er die Kartoffeln bekommen hatte. Danach hat er den Stand von dem Bauern zertrümmert.

Ich rutsche ein Stück auf dem Bett nach hinten. Ich will ihm nicht zu nahe stehen. Ich habe noch immer das Blut vor Augen, dass aus dem Stand floss, den der Mann zertrümmert hatte. Ich werde diesen Anblick nie vergessen. Genauso, wie ich mein restliches Leben lang diesen Anblick mit diesem einen Gesichtsausdruck verbinden werde.

Dalian dreht sich um und schließt die Tür. Ich zucke zusammen als die Tür ins Schloss fällt. Lächelnd dreht sich er sich zu mir um. "Wovor fürchtest du dich?", fragt er lauernd. Ich schlucke. "Ich fürchte... mich... nicht.", flüstere ich. "So?" Er kommt auf mich zu. Ehe ich reagieren kann, kniet er genau vor mir auf dem Bett. Ich drehe den Kopf von ihm weg. "Du fürchtest dich also nicht?" Ich schüttele den Kopf. "Wirklich nicht?" Er rutscht noch ein Stück auf mich zu. Ich schüttele erneut den Kopf. Obwohl es dieses Mal nur ein kaum merkliches Zucken ist. Aus dem Augenwinkel sehe ich etwas flackern. Augenblicklich kriecht echte Panik in mir hoch. Ich muss mich sofort wieder unter Kontrolle bringen! Ich versuche, Dalian auszublenden, versuche, mich auf den Baum hinter unserem Haus zu verstezten, versuche, das Gezwitscher der Vögel hinaufzubeschwören. Aber ich kann es nicht. Ich kann nicht vergessen, wer hier neben mir sitzt. Keine 5 cm von mir entfernt.

Er lacht rau, dann rutscht er von mir ab.
"Komm mit! Es gibt Essen. Meine Eltern wollen, dass du dabei bist.", damit steht er vom Bett auf und läuft zur Tür. Seine Eltern sind die Einzigen, die mich dabei haben wollen. Er würde alles tun, damit er mich nicht sehen muss.

Vorsichtig stehe ich auf und gehe ebenfalls zur Tür. Als ich die Hälfte des Weges geschafft habe, tritt er hinaus auf den Gang. Schnell laufe ich zur Tür. Er läuft mit großen Schritten den Gang hinunter. Wenn ich pünktlich da sein möchte, muss ich jetzt an ihm dranbleiben. Ohne seine Hilfe finde ich den Speisesaal nicht. Eilig trete ich hinaus und schließe mein Zimmertür. Dann renne ich ihm hinterher.

Er nimmt keine Rücksicht auf mich. Er läuft mit riesigen Schritten durch den Palast. Ich komme kaum hinterher. Meine Lungen protestieren. Ich habe ihn mehrmals gebeten, etwas langsamer zu laufen, doch er hat mich ignoriert. Dass er mich nicht gehört hat, schließe ich aus. Er ist schließlich ein Tier. Tiere hören besser als Menschen.

Gerade als ich erneut fragen möchte, hält er an. Endlich dreht er sich zu mir um. "Wir sind da.", mit diesen Worten öffnet er die Türen. Schnell quetsche ich mich noch hindurch, bevor sie sich wieder schließen. In dem Saal riecht es bereits nach leckeren Speisen. Überall an den Seiten stehen Diener. An dem Tisch sitzen der König und die Königin. Als sie uns bemerken, stehe sie auf und kommen uns zu. Dalians Mutter lächelt mich herzlich an. "Hallo! Schön dich kennenzulernen! Wie heißt du mein Kind? Dalian wollte es uns nicht verraten." Ich muss mich bemühen, nicht laut zu schnauben. Er wollte es wahrscheinlich deshalb nicht verraten, weil er ihn selbst nicht kennt. "Ich heiße Everaysia, eure Hoheit.", antworte ich ihr schnell und mache einen Knicks. Sofort ertönt ihr Lachen. Es ist nicht verachtend oder hönisch sondern warm. "Aber Kindchen! Lass doch diese Formalitäten! Du gehörst du jetzt zur Familie! Ich bin Alayn. Und das ist mein Mann Salin.", sagt sie und deutet auf den Mann hinter ihr. Ein dicker Klos bildet sich in meinem Hals. Doch als der König mir freundlich zulächelt und mir die Hand reicht, verschwindet er wieder. Ich erwidere sein Lächeln unsicher. "Herzlich willkommen!" "Danke sehr.", antworte ich. Mycalla hat mich gewarnt, nie nur in einem Wort zu antworten. "So. Kommt ihr? Das Essen wird gleich aufgetragen." Dalian und ich folgen ihnen. Sofort treten vier Diener heran und ziehen die Stühle heraus. Dalian sitzt mir gegenüber. Neben mir sitzt Königin Alayn, neben Dalian König Salin.

Nachdem wir fertig mit Essen sind, legt Alayn das Besteck weg und sieht mich an. "Du kommst aus einem der Dörfer, die hier rund um die Stadt sind, nicht wahr?" Ich nicke. "Ja. Ich komme aus Milowkesch." Ihre Augen blitzen auf. "Milowkesch? Das kenne ich! Ich hatte eine Freundin dort, aber wir haben uns seit Jahren nicht mehr gesehen. Ich habe ihr eine Einladung für den Mate-Ball geschickt, aber ich habe sie dort leider nicht gesehen. Vielleicht kennst du sie? Sie heißt Mycalla." Mein Kopf schießt herum und ich verschlucke mich an meiner eigenen Schlucke. "Aber... Meine Tante heißt Mycalla." Die Königin sieht mich überrascht und erfreut an. "Du bist Mycallas Nichte? Wie toll! Sie hat dich nie erwähnt. Aber ich wusste gar nicht, dass sie eine Schwester hatte...", nachdenklich legt sie den Zeigefinger an die Lippen. Nach einer Weile schüttelt sie den Kopf. "Naja. Ist ja auch egal... Cora! Können sie bitte den Tisch abräumen?", ruft sie dann. Sofort kommt ein Dienstmädchen an den Tisch und stellt die Teller übereinander, um sie dann in die Küche zu bringen. Meine Hände zucken, ich möchte ihr helfen. Doch als ich den prüfenden Blick des Königs auf mir spüre, zwinge ich mich ruhig da zu sitzen und nicht weiter auf Cora zu achten. Gegenüber von mir gibt Dalian ein Schnauben von sich. Ein Blick zu ihm und ich weiß, dass er bemerkt hat, dass ich am liebsten dem Dienstmädchen geholfen hätte. "So. Wir sehen uns morgen früh zum Frühstück. Ihr kommt doch?", fragt Alayn und sieht Dalian und mich fragend an. Unsicher nicke ich. "Ja. Ich denke schon." Sie lächelt glücklich. "Prima! Habt noch einen schönen Abend!", mit diesen Worten rauscht sie aus dem Saal, König Salin folgt ihr. Jetzt bin ich mit Dalian allein. Ich lasse den Blick durch die Halle schweifen, um seinem Blick nicht zu begegnen. Plötzlich steigt mir ein vertrauter Geruch in die Nase. Ein Diener trägt eine großen Kerzenleuchter herein und kommt auf uns zu. Sofort springe ich auf. "Ähm... Können... Können Sie den... Vielleicht woanders hinstellen?", frage ich zittrig. Der Diener sieht mich kurz an. "Natürlich, Mylady." Er dreht sich wieder um und platziert den Kerzenleuchter auf einem kleinen Schränkchen neben der Tür. Erleichtert seufze ich auf. Dabei fällt mein Blick auf Dalian. Er hat fragen eine Augenbraue hochgezogen. "Ich hatte Angst, dass ich... Also ich... Ich habe Angst vor Feuer.", beende ich den Satz schnell. Sein fragender  Ausdruck verschwindet und weicht stattdessen einem spöttischen. Dann lacht er. Über mich. Ich spüre ein Wärme in mir hochsteigen.
Wut.

Ich stehe so aprupt auf, dass mein Stuhl umkippt, aber das ist mir egal. "Ich weiß, dass du mich nicht magst, ich mag dich genauso wenig. Aber ich kann es ABSOLUT NICHT LEIDEN, wenn sich jemand über mich lustig macht! Jeder hat vor irgendwas Angst. Ich eben vor dem Feuer. Was ist so schlimm daran, verdammt?!", mit diesen Worten stürme ich aus dem Saal. Aus den Augenwinkeln sehe ich noch, wie die riesige Flamme der Kerzen wieder normal wird, dann schlägt die Tür zu.

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Hier also das langersehnte Kapitel...
Sry dass ihr so lange warten musstet, aber im Bus zu schreiben war doch nicht so gut wie ich es mir vorgestellt habe... und on Wales hatte ich gar keine Zeit, da waren wir von früh bis spät unterwegs und am Strand... Ich hoffe ihr könnt mir die lange Wartezeit verzeihen😉
Habt viel Spaß mit diesem Kapitel

LG eure Maja💕

Feuermate                                   ~flamed Secret~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt