Kapitel 1

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„Oh mein Gott Sky! Du glaubst nicht was ich gerade in meinem Briefkasten gefunden habe!“ Melanie Deon stand mit einem schneeweißen Brief in der Hand vor der Fensterfront ihres Apartments in Seattle. Auf dem kleinen, gläsernen Beistelltischchen neben ihr lag ein auf Lautsprecher gestelltes weißes iPhone mit einer total süßen Minionhülle, die sie vor drei Wochen in einem kleinen Handyshop in Paris gekauft hatte. „Was denn?? Warte sag nichts ich komme selbst darauf. Luca hat dir einen romantischen Liebesbrief geschickt, in dem steht, dass es ihm schrecklich leid tut, dass er doch kein Obermistkerl ist sondern ein Oberoberobermistkerl“, schallte Skys Stimme aus dem Handy. Melanies Miene verfinsterte sich. Luca Jameson war bis vor ein paar Wochen Melanies Freund gewesen, bis er mit einem anderen Mädchen nach LA abgehauen war. „Oh. . . Es war kein Liebesbrief von ihm oder?“ Selbst durch den Lautsprecher des Handys konnte man hören, wie leid es Sky tat, Luca erwähnt zu haben. Melanie atmete tief durch und straffte dann die Schultern. „Nein es war kein Brief vom Obermistkerl sondern etwas viel, viel besseres.“ Die junge Frau versuchte fröhlich zu klingen aber sogar eine Erbse hätte bemerkt, dass diese Fröhlichkeit nur gespielt war. Man konnte fast sehen wie Sky beinahe vor Spannung an Handy platzte. „Nun sag schon Melly! Du bringst mich noch vor lauter Geheimnisse ins Grab das verspreche ich dir“, rief Sky hibbelig. „Wir treffen uns um 15:00 Uhr im Starbucks okay? Dann erzähl ich dir alles.“ Ein Lächeln umspielte Mellys volle Lippe und ihr himmelblauen Augen glitzerten verschmitzt im Sonnenlicht. Wie ein kleines trotziges Kind schallte Skys Stimme aus dem Handy:„Das kannst du mir doch nicht abtun Mel ich werde bis dahin schon längst unter der Erde liegen, weil ich vor Spannung gestorben bin. Ich halte es ganz sicher keine zwei Stunden mehr aus das kannst du mir glauben.“ Melly allerdings hatte hatte kein Erbarmen mit ihrer besten Freundin und verabschiedete sich hastig. Immer noch mit dem Brief in der Hand ließ sie sich auf ihre cremefarbene Couch fallen. Der Brief war vom Merry Grace Hospital. Sie hatte sich dort vor ein paar Wochen als Assistenzärztin beworben und war nun angenommen worden. Vorsichtig öffnete sie den Brief und las ihn zum gefühlten hundertsten mal.

Sehr geehrte Frau Melanie Deon,

Ich freue mich sie in unserem Ärzteteam aufnehmen zu dürfen. Sie wurden mit sieben anderen jungen Ärzten ausgewählt bei uns ihre Ärztelaufbahn zu beginnen. Ihr erster Arbeitstag wird der 16.11.2014 sein. Bitte seien sie pünktlich um 8:00 Uhr am Empfang. Dort werden sie anschließend von den betreuenden Ärzten durch das Krankenhaus geführt und zu ihren ersten Patienten gebracht. Nähere Informationen werden sie dann vor Ort erhalten.

Mit freundlichen Grüßen Frau Doktor Mackenzie Conner

Darunter war der Stempel des Merry Grace Hospitals zu sehen. Es war rund und hatte in der Mitte ein verziertes Skalpell. Melanie strich behutsam darüber. Sie hatte es endlich geschafft. Endlich durfte sie sich um echte Patienten kümmern und musste nicht mehr den trockenen Vorträgen des Professors lauschen. Melly hatte schon als kleines Kind im Waisenhaus schon immer Ärztin werden wollen und hatte immer mit Vergnügen ihren besten Freund Mick verarztet, wenn er hingefallen war. Leider hatten sich die Beiden aus den Augen verloren, als Mick zu einer Pflegefamilie kam und nach einer Zeit adoptiert wurde. Nicht dass sie sich nicht gefreut hätte aber Melanie hatte ihren besten Freund schrecklich vermisst und auch erst während ihres Studiums Sky kennen gelernt, die nun ihre beste Freundin war. Aber Melanie hatte gelernt, dass Frust zu schieben nichts brachte und hatte deswegen ihre gesamte Kindheit hinter sich gelassen und fühlte sich seitdem wie ein neuer Mensch. Gelangweilt ließ sich Melanie auf ihr Sofa fallen und schnappte sich die Fernbedienung. Nach kurzer Zeit sprang der der Flachbildschirmfernseher an und sie zappte ein bisschen in den verschiedenen Kanälen. Bei einem Nachrichtensender blieb sie stehen. Eine junge Reporterin berichtete gerade über die letzte Woche: „Am Donnerstag gab es auf die Seattle Bank einen Raubüberfall. Dabei erbeuteten die zwei wahrscheinlich männlichen Täter Geld und Aktien im Wert von über 500000 Doller. Nach den beiden Männern wird noch immer gefahndet. Wenn sie Zeuge dieses Überfalls waren bitte melden sie sich unverzüglich bei der Polizei. Und nun zu den Ereignissen von heute. Der bekannte Immobilienmakler Michael Strate wurde mit einem blauen Auge und mehreren Schnittwunden ins Seattle Merry Grace Hospital eingeliefert. Die Klatschpresse rätselt darüber, ob Mr. Strate in eine Schlägerei verwickelt wurde und wenn ja warum. Ich gebe nun weiter an Monika. Sagen sie uns, wie wird das Wetter morgen und die nächsten Tage werden?“ Melly schnappte erstaunt nach Luft. Dieser Michael Strate, von dem auch ein Bild im Hintergrund eingeblendet wurde sah aus wie Mick. Aber das konnte doch nicht sein! Mick wurde von einer Familie adoptiert, die in Miami lebte und er hatte sich niemals Michael genannt, obwohl das sein echter Name war, oder zumindest der, den ihm die Schwestern im Waisenhaus gegeben hatten, als er noch ein Baby war. Konnte es sein, dass Mick nach Seattle zurückgekehrt war? Und wenn ja warum hatte er sie nicht gesucht? Aber wahrscheinlich hatte er schon seit Ewigkeiten nicht mehr an Melly gedacht. Aber das würde sie morgen ändern, wenn sie im Krankenhaus zu arbeiten begann.

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