9. Kapitel - Fichtenzweig

260 12 13
                                    

Seine Krallen suchten Halt an der steilen Böschung, die gesäumt war von kleinen Heidesträuchern, deren Wurzeln das Einzige waren, was die trockene, lose Erde daran hinderte in den See zu rutschen. Die Böschung war vielleicht zwei Fuchslängen hoch und umfasste die eine Hälfte des kleinen Sees, bevor sie sanft abfiel und einem Sandstrand Platz machte, an dem die Zweibeiner sich sonnten oder durch die Gegend rannten.

Zitternd umklammerte er nun einen Strauch, als das Gewicht in seinem Maul zunahm.

>> Beim SternenClan, jetzt halt doch still! << murmelte er durch das Büschel Fell in seinem Mund. Lady zappelte leicht. Fichtenzweig spürte Funkes zerzaustes Fell neben sich, als sie vorsichtig neben ihn kletterte und Lady ebenfalls packte. Gemeinsam zogen sie die ängstliche Kätzin weiter nach oben, wo sie sich schließlich selber an einen Heidesträuch klammerte, bevor sie vorsichtig die Böschung hinaufsah. Cookie saß nur wenige Schwanzlängen von ihnen entfernt auf einem etwas größeren Heidestrauch, die blauen Augen weit aufgerissen.
Erdkrümel purzelten von oben auf Fichtenzweigs Kopf, sodass er ebenfalls hinaufsah. Der große Hund scharrte winselnd am Rand der steilen Böschung und lief ständig auf und ab. Doch wegen seiner Größe und seines Gewichtes hatte er keine Chance zu den Katzen zu gelangen.
Auch wenn ihm ein Baum als Versteck eher gefallen hätte, musste Fichtenzweig zugeben, dass es wohl doch ganz gut von Lady war, direkt zu dem See zu laufen. Der Hund hätte eigentlich locker mit ihrem Tempo mithalten können, nur wurde sein Lauf durch die vielen Zweibeiner auf der Wiese blockiert, während die vier Katzen einfach hindurchschlüpfen konnten. Nur das Lady etwas zu panisch war, durch das hohe Gras am Rande der kleinen Klippe gebrochen war und den Boden verlor. Hätte Fichtenzweig sie nicht rechtzeitig auffangen können und sich an die kleinen Sträucher festgeklammert, wäre die Kätzin geradewegs in das klare blaue Nass gefallen.
Der Hund bellte frustriert, Funkenblitz fauchte.

>> Verschwinde endlich, du stinkender Fellball! <<

Der Hund bellte. Zweibeiner Rufe wurden lauter. Verwirrt zuckte der Hund mit seinen großen Schlappohren und drehte den Kopf, bevor er erneut bellte und auf und ab sprang. Dabei lösten sich weitere Erdbrocken und rieselten auf die Katzen nieder.
Plötzlich tauchte am Rand ein Zweibeiner auf. In seiner Hand hielt er ein knallbundes Band, welches er ohne zu Zögern an dem Halsband des Rüden befestigte. Der Hund winselte, doch dass schien sein Zweibeiner nicht zu beachten. Kurz fiel der Blick des Zweibeiners zur Böschung auf die Katzen - Funkenblitz sprang auf und fauchte.
>> Bleib weg! <<
Der Zweibeiner sagte etwas in seiner seltsamen Sprache und runzelte die Stirn. Dann sah er den Hund an und sprach lauter. Dann zog er den Hund weg, der einen fast sehnsüchtigen Blick zurück warf. Tja, Katzen stehen heute wohl nicht auf deinem Speiseplan, dachte Fichtenzwieg und entspannte sich leicht.

Sie bleiben noch kurz in den Büschen sitzen, bevor Fichtenzweig langsam nach oben kletterte und durch die Grashalme spähte. Doch kein Hund war weit und breit zu sehen und die Zweibeiner waren auch zwei Baumlängen weit weg. Vielleicht haben sie sonst Angst, hier runter zufallen, dachte Fichtenzweig und winkte dann Funke, dass die Luft rein war.
Er half ihr von oben herab, Lady die Steilwand hinaufzuschieben, während Cookie alleine hinterherkraxselte und die letzte Schwanzlänge von Funke und ihm gezogen wurde.
Erneut übernahm er die Führung, achtete diesmal aber genauer auf Gerüche von Zweibeinern und Hunden, doch alle die er entdeckte waren schal. Er trabte schnellen Schrittes auf eine kleine Baumgruppe zu, die diese Grünfläche um den See wohl abgrenzte. So sehr er die Natur vermisste, aber hier schien es noch mehr Zweibeiner zu geben - und Hunde - als im Zweibeinerort selbst. Dort waren die Hunde wenigstens hinter Zäunen. Am Rand des Donnerwegs blieb er stehen. Hier standen nur schlafende Monster, die Cookie als Autos bezeichnete, sonst war alles leer.

>> Cookie, weißt du, wo wir sind? << fragte er das Hauskätzchen. Dieser überlegte kurz.

>> Ich hab mal von dem Badesee gehört, aber er war immer zu weit weg von meinen Hausleuten. Lady, erinnerst du dich an Spinnennetz? Er hat immer von diesem Ort erzählt, wenn er vorbeikam. << miaute er und wandte sich an die Kätzin, doch sie zuckte nur die Schultern.
>> Spinnennetz ist ein Streuner. Er wohnt hier irgendwo. Wenn wir ihn finden, kann er uns vielleicht helfen. << sagte Cookie zu Fichtenzweig. Er nickte nachdenklich. Ein Streuner konnte ihnen vielleicht wirklich besser helfen als zwei Hauskätzchen.

>> Okay. Und wo wohnt dieser Spinnennetz? << fragte Funkenblitz.
>> Ähm - er sagte immer etwas von einer Kirche. <<
>> Was ist eine Kirche? <<
>> Ein großes Haus. Mit Turm. Manchmal läutet er. Ist dann nicht zu überhören. << murmelte Lady. Fichtenzweig nahm an, dass sie mit 'Haus' einen Zweibeinerbau meinte und sah sich sofort nach einem Turm um.

>> Zu übersehen ist er auch nicht. << meinte er dann und deutet nach rechts. Über den Zweibeinerbauen ragte ein steinernder Turm heraus, dessen Dach spitz zulief. Ein großer runder Kreis war an der Mauer befestigt.

Mit fester Überzeugung, Spinnennetz könnte ihnen helfen, lief Cookie los und ließ ihnen somit gar nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
Ziemlich zielsicher dafür, dass er hier noch nie war, durchquerte der Hauskater die vielen Gassen und Wege, bis er vor einem hohen Zaun stoppte. Kurz wackelte sein Hinterteil, dann setzte er zum Sprung an, der Fichtenzweig ein wenig beeindruckte. Für ein gewöhnliches, pummeliges Hauskätzchen war Cookie immernoch ziemlich gut im springen.
>> Na los, kommt schon! << rief er von oben herab und sprang auf der anderen Seite hinunter. Fichtenzweig ließ Funkenblitz und Lady vor, und erst als beide Kätzinnen sicher auf der anderen Seite waren, folgte er ihnen.

Auf weichen Pfoten landete er auf der anderen Seite. Schottersteine pieksten ihn in die Pfotenballen, Müllgestank wehte ihm in die Nase. Mehrere schwarze Behälter standen neben der Mauer, die viele Baumlängen hoch in den Himmel ragte. Fichtenzweig hielt staunend die Luft an. So hoch wie diese Kirche war kein Baum, kurz glaubte er sogar, dass der Turm den Feuerberg in ihrem Territorium überragen würde, merkte dann aber, dass ihm dass einfach nur so vorkam.
Vorsichtig roch er an den Behältern. Also hier kommt der Gestank her, dachte er naserümpfend.

>> Das sind Mülleimer. << schnurrte Cookie belustigt. >> In solchen Teilen haben meine Hausleute immer ihre Abfälle gelagert. <<
>> Warum lagern Zweibeiner ihre Abfälle? << fragte Funkenblitz angeekelt.
>> Weil sie so viel Abfall gar nicht vergraben können. Das wird immer von anderen Zweibeinern abgeholt. Ich weiß nur nicht wo sie es hinbringen, aber so interessant ist das ja nicht. << miaute Cookie munter.

>> Alles klar. Cookie, wo genau lebt jetzt dieser Spinnennetz? << fragte Funkenblitz ungeduldig.

>> Also so genau - << fing der schildpattfarbene Kater an, wurde jedoch von einem Fauchen unterbrochen.

>> Wer fragt das? <<

Fichtenzweig wirbelte erschrocken herum.

Auf dem Deckel einer der 'Mülleimer' hockte eine Kätzin. Unter dem stumpfen, schwarzgrauen Fell spielten Muskeln, blaue Augen musterten die vier Katzen misstrauisch. Die Ohren der Fremden waren zerfetzt, Narben bedeckten ihre Brust und die Schultern, auch auf dem Rücken und ihren Flanken wurde das Fell von den Narben geteilt. Ihre Schwanzspitze fehlte.

Cookie jaulte entsetzt bei ihrem Anblick, Lady wich hinter eine Tonne zurück.
Fichtenzweig sah der Kätzin in die Augen. Den Ausdruck kannte er doch. Schmerz - Misstrauen - Verlust. All das konnte er jeden Tag in Funkes Augen sehen. Und in seinen eigenen Spiegelbildern.
Neben ihm schnappte Funkenblitz nach Luft.

>> Amselpfote?! <<

Jaa, ich weiß dass lange nichts kam, riesiges Sorry dafür :(
Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen, ich würde mich wirklich riesig darüber freuen, wenn ihr euch ne Minute Zeit nehmt und mal eine Rückmeldung verfasst. Kritik ist selbstverständlich auch willkommen :)
Grüße Danni ;)

WarriorCats - Vulkanfeuer (III)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt