15 Sofia-Hütte

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Jaro und ich rannten nun schon etwa seit einer halben Stunde, vielleicht auch schon seit einer Stunde und das total ziellos vor uns hin. Inzwischen waren links von uns immer höhere Berge zu sehen. Ich war total außer Atem und meine Beine waren inzwischen so taub, dass ich mehr stolperte als weglief. Einfach nur weg. Wie vor 6 Jahren...

„Jaro", meine Stimme war kaum mehr als ein Röcheln und egal wie oft ich auch schluckte, mein Mund blieb staubtrocken und als Jaro nun abrupt stehen blieb, stolperte ich direkt in ihn hinein und riss ihn mit mir zu Boden.
„Wir sollten eine Pause machen!", röchelte ich
„Wenn wir stehenbleiben ist die Chance höher, dass sie uns bekommen. Wir brauchen einen sicheren Unterschlupf!", meinte er mit rauer Stimme.
„Warum klettern wir nicht weiter hoch. Sie werden eher erwarten, dass wir hier herumirren. Wenn wir da hoch gehen haben wir eine höhere Chance auf Schutz vor der Sonne. Vielleicht ist da eine Höhle oder so..."

Ich sprach so langsam, dass ich Angst hatte im nächsten Moment einfach einzuschlafen. Ich lag immer noch halb auf Jaro und halb auf dem Boden.
„Ja. Los!", meinte Jaro schwach.
Ich stützte mich mit den Händen auf den Boden und setzte mich auf.
„Warte kurz. Ich habe noch ein bisschen zu trinken. Ich habe es bei diesen Freaks geklaut!", sagte ich und nahm den Rucksack von meinem Rücken.
Ich gab die Flasche die ich in der Aufregung hineingestopft hatte an Jaro weiter, der sich ebenfalls aufsetzte um zu trinken.
Ich kramte weiter in meinem Rucksack und suchte nach der Schachtel mit den Tabletten. Mein Blick wurde schon wieder verschwommen und die Schwindelanfälle kehrten zurück. Endlich fand ich die Schachtel, zog sie aus dem Rucksack und nahm eine Tablette daraus.
„Was ist das?", fragte Jaro. Natürlich musste er das jetzt fragen.
„Ach, nur so eine Medizin für Frauen...", log ich einfach. Ich hatte keine Lust mit ihm darüber zu diskutieren. Natürlich würde er mich davon wegbringen wollen.

„Du nimmst die Pille?", fragte er.
„Rede nicht so viel, gib mir lieber mal das trinken. Das ist nicht alles alleine für dich!", meinte ich und nahm ihm die Flasche einfach weg, bevor er reagieren konnte. Ich nahm einen Schluck um die Tablette zu schlucken und dann noch einen kleinen um meinen Durst wenigstens ein wenig zu stillen.
Jaro boxte mir in die Schulter und ich boxte ihn doppelt so hart zurück.
„Kommst du oder was?", meinte er dann und streckte mir die Hand hin, als er aufgestanden war. Ich sah ihn kurz an, seufzte, packte Schachtel und Flasche wieder in den Rucksack und stand dann auf, allerdings ohne die Hand zu nehmen die Jaro mir hinhielt.

„Wirst du meine Hilfe wohl jemals annehmen?", fragte Jaro.
„Niemals. Das weißt du doch!", sagte ich und hielt mich nach links, direkt auf die Berge zu.
„Du bist mindestens genauso ein Sturkopf wie Hazel und dabei bist du inzwischen erwachsen, sollte man jedenfalls meinen!", meinte Jaro mit seiner gebrochenen Stimme, die irgendwie auch ein wenig sexy klang...
Oh man, wenn ich so etwas schon dachte war es wohl sicher. Ich war doch noch verrückt geworden. Vermutlich war ich es schon seit Jahren.

Ich hörte das Lachen und die Unbeschwertheit aus seiner Stimme heraus. Wie konnte er nur unbeschwert sein. Er sollte verzweifeln und alles als aussichtslos markieren, denn das war es. Wir konnten nicht zurück und hier draußen gab es absolut nichts. Woher nahm er nur all seine positive Energie?
„Und du bist ein grenzenloser Optimist!", gab ich zurück. Warum musste meine Stimme sich anhören wie eine Tür die dringend geölt werden musste?
„Nun, einer muss ja die ständig schlechte Stimmung von dir ausgleichen!", sagte Jaro nur und begann zu klettern um auf den Weg etwa vier Meter über unseren Köpfen zu kommen. Ich folgte ihm und wir beide schwiegen erstmal.

Wir hatten inzwischen etwa die Hälfte des Berges erklommen und auch um einiges mehr Schatten. Auf dem steinigen Boden floss ein kleines Gerinnsel Wasser und immer mehr Höhlen wurden sichtbar, die aber alle entweder zu klein oder zu unsicher waren. Unter einem Berg verschüttet werden wollte ich nicht unbedingt. „Denkst du oft an deine Familie?", fragte Jaro schließlich aus dem nichts.
„Warum sollte ich. Was geht dich das überhaupt an?", fragte ich pampig zurück. Inzwischen klang meine Stimme zum Glück besser. Ich hatte die Flasche an dem Gerinnsel wieder aufgefüllt und inzwischen wurde es auch langsam dämmrig, was bedeutete, dass es nicht mehr ganz so extrem heiß war.
„Ach komm schon Sofia, ich weiß du willst mir nicht vertrauen, aber wir werden jetzt noch eine Weile zusammen verbringen, also wäre es vielleicht besser zu reden als nur schweigend rumzulaufen...", sagte Jaro schon fast flehend.
„Na schön... Frag was. Vielleicht antworte ich dir dann, wenn du ganz lieb fragst"

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