16

54 3 0
                                    

In dieser Nacht habe ich überraschend gut geschlafen. Ich hätte gedacht, dass ich immer wieder schweißgebadet aufwache und nicht wieder einschlafen kann, aber anscheinend hilft mir Ronan und seine Nähe mehr, als mir lieb ist. Am nächsten Morgen wachen wir beide fast zeitgleich auf und müssen feststellen, dass wir uns in der Nacht nicht wirklich bewegt haben. Ich liege lediglich direkt an Ronans Brust, die mich in der Nacht warmgehalten hat. Die Bettdecke liegt nicht mehr auf uns, sondern ist am Fußende zusammengeknüllt. Seine Arme hat er eng um mich geschlungen, das muss eigentlich eine sehr unbequeme Position für ihn sein.

Ich drehe meinen Kopf zur Seite und kann sehen, dass es kurz nach sieben Uhr ist. Auch wenn ich eigentlich entspannt geschlafen habe, mein Unterbewusstsein hat mich trotzdem früh aufwachen lassen. Und wie ich wieder an gestern Abend denke, kehrt eine Gänsehaut auf meinen Körper zurück. Kade ist heute Nacht nicht mehr gekommen, das wird bedeuten, dass seine Freunde meinen Vater nicht gefunden haben. Mein Magen gibt ein leichtes Knurren von sich, aber an Essen kann ich aktuell nicht denken. Von Jetzt auf Gleich bin ich wieder nervös und das Adrenalin schließt durch meinen Körper.

Ronan atmet mir in den Nacken und ich zucke zurück. Etwas widerwillig lässt er mich los als ich mich aufsetze und sofort umfängt mich kalte Luft. Wir haben gestern Abend wohl vergessen, die Balkontüre zu schließen. Ronans Hand bleibt auf meinem Rücken liegen, als ich meinen Kopf zwischen die Beine hängen lasse. Das soll beruhigend wirken. Im Moment spüre ich davon noch nichts. Die Hand fängt an, langsam Kreise zu fahren.

„Emi, bleib mal locker." Seine Stimme ist dunkel und noch völlig verschlafen. Mit einem bösen Blick drehe ich mich zu ihm um. Er kann natürlich entspannt sein. Es ist ja schließlich auch nicht sein Vater, der in einem ihm völlig unbekannten Land umherirrt. Ich will schon einen entsprechenden Kommentar von mir abgeben, da fällt mein Blick auf seinen Körper. Und mir wird heiß. Und noch mehr Adrenalin schließt durch jede meiner Zellen. Ronan hat einen unglaublich muskulösen Körper, der sogar gut gebräunt ist, obwohl er immer in Anzügen herumläuft.

Ich drehe mich wieder nach vorne, meine Wangen brennen und ich stehe schnell auf. Verdammt. Ich muss mich auf das Wesentliche konzentrieren. Und das ist nicht der Mann in meinem Bett, mit dem ich heute Nacht so nah aneinander geschlafen haben. Sondern mein Vater. „Ich mache mich jetzt fertig und dann werde ich nach Kade und Mum sehen", gebe ich rasch von mir und verschwinde im besagen Bad, bevor er mich wieder ablenken kann. Keine zehn Minuten später bin ich frisch geduscht, habe leider den Duft von Ronan verloren, und stehe in einem langen Kleid vor dem Bett. Ronan scheint sich nicht bewegt zu haben, er lehnt immer noch entspannt im Kissen. Hat er sich schon Gedanken zu letzter Nacht gemacht? Oder ist es ihm egal? Nein Emilie. Das ist nicht wichtig.

„Du kannst ins Bad gehen. Ich schaue jetzt mal nach Mum." Er nickt mir lediglich zu und das nehme ich als Aufforderung, die schwere Türe zu öffnen und drei Türen weiter wieder zu klopfen. Ich muss nicht lange warten, da öffnet mir meine Mutter die Türe und sie sieht schrecklich aus. Komplett verquollene Augen, verwuschelte Haare und eine rote Nase. Oh nein. Sie fällt mir in die Arme und ich drücke sie an mich. Sie vibriert stark, was dann wohl heißt, dass sie weint.

Bis jetzt sind bei mir noch keine Tränen gekommen, ich weiß auch nicht wieso. Eigentlich bin ich ein emotionaler Mensch und schäme mich auch nicht, meine Gefühlswelt offen zu zeigen. Aber aus irgendwelchen Gründen kann ich hier keine Emotionen zeigen. Stattdessen tröste ich nur meine Mutter. Sie zieht mich in ihr Zimmer und wir enden auf dem großen Bett. Sie weint immer noch, schluchzt in mein Ohr und ich kann nichts tun, als immer wieder beruhigend über ihren Rücken zu streichen.

Kade kommt aus dem Bad, nasse Haare und lediglich mit einem weißen Shirt bekleidet. Als er mich sieht, lächelt er leicht, doch es erreicht seine Augen nicht. Ich kneife nur die Lippen zusammen. Ich will seinen Freunden nicht unterstellen, dass sie nutzlos waren, denn sie haben bestimmt alles abgesucht. Doch sie haben nichts gefunden. Davon gehe ich einfach mal aus, sonst hätte Kade mich heute Nacht aus dem Bett gezerrt.

The Moonlight and YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt