Teil 3

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Paul erwachte vom Glockenläuten der Ministranten, zum morgendlichen Gebet. Müde schälte er sich aus seinen Schlafklamotten und ließ sich die gestrige Information, die ihm zugeteilt wurde, noch einmal durch den Kopf gehen. Er wusch sich das Gesicht und legte seine zerzausten Haare zurecht, bevor er die weiße Kutte an seinen Körper legte.
Beim morgendlichen Gebet würden sich nur die Bundsbrüder treffen, Einwohner wären erst beim Gottesdienst wieder beim Gebet anwesend. Paul schritt aus seinem kleinen Hause und bewunderte die schönen Wiesen. Im Hintergrund seiner Gedanken spielte sich das reinste Horrorszenario ab, aber er tat sein allerbestes, sich mit der Tatsache zu beruhigen, dass Richard hinter ihm stand. Und so setzte er einen anfangs gespielten, gelassenen Gesichtsausdruck auf, welcher dann jedoch wieder Symbol seiner inneren Ruhe wurde und er begab sich in das Schwesternhaus der Dorfkirche, in dem das morgendliche Gebet gehalten wurde und Oberpriester Christian noch Vermeldungen zu machen hatte. Paul war heilfroh, dass er sie vorab wusste. Wenn er das nicht täte, hätte er vermutlich während der Verkündung den Eindruck gemacht, er wäre er von Dämonen besessen.

Kalt war es gewesen, als Richard zum Dorfe zurückkehrte. Der Wind umspielte sein schwarzes Haar und ließ ihn unter seiner langen, schwarzen Robe frösteln. Er wusste, er würde nicht schlafen können, nach diesen Erzählungen und seiner Erkenntniss, doch er wusste, dass auch er die Ruhe brauchte.
Er sprach sein Nachtgebet bevor er zu Bett ging und versank dann recht schnell in einen tiefen Schlaf. Dennoch wurde er von Alpträumen heimgesucht, doch diesmal war nicht er es, der schlimmste Qualen leiden musste, es war Paul.

Alle waren bereits in der Halle versammelt und Oliver, Chorleiter und Mönch zugleich, eröffnete das Ritual mit einem orthodoxen gregorianischen Gesang. Auf den Bänken saßen alle geordnet. Hinten saßen die Ministranten, die heute morgen nicht dienen mussten, davor die Mönche, davor die Hauptmissionare und ganz vorne saßen natürlich die Priester, der Kaplan und der Erzdiakon. Oberpriester Christian hielt das Gebet und alle hatten die Hände im Schoß gefaltet. "Amen.", schallte es nach dem Gebet durch den Raum. "Meine Brüder.", begann Christian und machte allen mit Handgesten klar, dass sie sich nun von den hinteren Bänken erheben und nähertreten konnten, um seiner Rede zu folgen. "Ich verkünde frohe Botschaft.", er holte eine Schriftrolle aus seinem Ärmel hervor und begann, sie zu entrollen und ihr die enthaltenen Sätze zu entnehmen.
"Freudig kann ich meinen Brüdern des Benediktinerkreises Thorn mitteilen, dass ich, Priester und Kopf des Bistums um Böhmen, mich in Kürze ihrem Missionarszug für einige Tage anschließen werde, um Zeuge ihrer Wunder und ihres Erfolges zu werden und mich kundig machen, ob sie auch, wie ich es mit beruhigtem Gemüt erwarte, ihrer Bestimmung nachgehen.
Gezeichnet, Janosch Krehl."
Von jeglichem Mut verlassen schweifte Pauls Blick zu den Priestern und er suchte sehnsüchtig den Blickkontakt mit Richard.

Leicht drehte Richard seinen Kopf nach hinten und sah zu Paul, als der unheilige Name fiel. 'Janosch Krehl'. Richard konnte sich die Angst vorstellen, in der der junge Mönch war und er versuchte ihm mit einem leichten Lächeln Mut zu geben. Auch Richard war nicht frei von Angst, er fürchtete nicht Janosch selbst, sondern die Dinge die er tat und die er womöglich noch tun würde. Sollte er Paul zu nahe kommen oder ihn gar verletzen, wäre es vorbei mit seiner Geduld. Er würde alles tun, um diesen Mann für seine Taten zu bestrafen, alles, was in seiner Macht stand, selbst wenn es eine Sünde war.

Paul zwang sich, Richard ein Lächeln zur Antwort zu geben. Man konnte ihm aber ansehen, dass ihm nicht danach zu Mute war.
"Meinem Wissensstand zufolge, wird Priester Janosch gegen die Nachmittagszeit zu unserer Truppe zustoßen und wir werden ihn am Mittagstisch willkommen heißen. Missionare, folgt mir bitte. Für alle anderen gilt; wir sehen uns in voller Zahl im Speisesaal.", und so verließ Christian mit seinem Gefolge den Raum, auch die anderen Geistlichen taten dies nun, verteilten sich im Dorf, unterhielten sich mit Einwohnern, wie etwa Oliver, der gerne seinen Männerchor vielzähliger machen wollte, für Mitgliedschaft worb und viele Interessenten fand.
Die Ministranten, deren Alter von 12 bis 19 reichte, spielten mit den kleinen Kindern. Eine Gruppe von Mönchen unternahm einen Ausflug in den Wald, ohne Frage, um einen Ort für die sonnabendliche Selbstgeißelung ausfindig zu machen. Paul verlor nach kurzer Zeit den Überblick und lief einfach in sein Zimmer, nahm sich die Mandoline von gestern und begab sich an den stillen Ort beim Bach zurück, wo er geistesabwesend eine Melodie zupfte und gebannt auf die kleinen zerfließenden Wellen schaute.

Für dich begeh ich eine Sünde, mögen es auch zweie sein Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt