Benebelt nahm Eileen war, wie sie Querstraße um Querstraße passierten und sich rasant immer weiter aus dem Stadtzentrum entfernten. Aufgeregt folgte ihr Herzschlag dem Tempo des Autos und sie war sich fast sicher, die Tachonadel um Längen mit ihrer inneren Pulsanzeige zu schlagen, selbst, als sie später die aufgehobene Geschwindigkeitsbegrenzung der Autobahn passierten und die rothaarige Fahrerin Vollgas gab. Die vereinzelten Verfolger hatten den Versuch, die beiden noch am selben Tag zur Rede zu Stellen, längst aufgegeben.
Erst mehrere Minuten Höchstgeschwindigkeit mussten vergehen, bevor sich Eileen langsam aber sicher beruhigte. Dann jedoch nahm sie umso klarer die erwartungsvolle Stille war, die sich zwischen den beiden Frauen aufgebaut hatte.
„Ich bin Eileen", versuchte sie also einen möglichst einfachen Einstieg zu machen.
„Freut mich, dich kennenzulernen, Eileen. Ich bin Emma", antwortete die Rothaarige sarkastisch, doch Eileen bemerkte sofort, dass sie trotz allem die leichte Belustigung nicht aus ihrer Stimme verbannen konnte. „Wärst du wohl so freundlich, mir zu erklären, was zur Hölle nochmal gerade passiert ist?"
Zaghaft lächelnd erklärte sie mit wenigen Worten, woher sie gekommen war und warum. Ungläubig lauschte Emma ihren Worten, nur um letztendlich völlig überfordert und unkreativ „Und ich dachte, mein Tag wäre schlimm gewesen" zu antworten. Betreten schwieg sie daraufhin kurz, war doch offensichtlich, dass es nicht das gewesen war, was Eileen hatte hören wollen.
„Und was hast du jetzt vor?", versuchte sie schließlich, die Konversation weiterzuführen, doch das hilflose „Ich weiß es doch auch nicht" von Eileen ließ sie erneut schweigen.
„Vielleicht kannst du zu einer Freundin gehen", versuchte Emma ihr Möglichkeiten aufzuzeigen, doch betreten schüttelte die Jüngere den Kopf.
„Alle meine Freunde und Verwandten waren auf der Hochzeit. Ich will jetzt nicht mit einem Einzigen von ihnen zu tun haben." Unterbewusst gab Eileen nämlich auch ihnen die Schuld an dieser Misere und Unwillen kam in ihr hoch, auf einen dieser Menschen jetzt zugehen zu müssen.
„Ah komm, es wird doch wohl möglich sein, vernünftig mit denen darüber zu reden. Du hast doch nicht das Gesetz gebrochen", entgegnete Emma.
„Ich habe die geschäftlichen Beziehungen zwischen meinem Vater und dessen Partner in Mitleidenschaft gezogen, eben jenem nicht aus den finanziellen Problemen verholfen, meinen Verlobten belogen und verletzt sowie meiner und seiner Familie etwas verheimlicht." Wut über sich selbst, die verfahrenen Situation und die Leichtgläubigkeit der Menschheit flammte in der jungen Frau auf.
„Warte, das ging mir jetzt zu schnell", warf Emma nun wirklich endgültig verwirrt ein. „Du bist doch 'nur' von deiner eigenen Hochzeit abgehauen, oder nicht?"
„Du hast nicht nach dem Grund gefragt", murrte Eileen. „Ich liebe Marc gar nicht. Überhaupt liebe ich keine Männer."
„Ja und? Deshalb spricht man doch nicht der Familie die Fähigkeit einer erwachsenen Konversation ab!", entgegnete Emma mit Nachdruck, bevor langsam ein Gedanken aus ihrem Unterbewusstsein ans Licht drängte.
„Warte mal, wie lange, sagtest du, weißt du das schon?"
„Circa sieben Jahre", antwortete Eileen, wobei ihre Stimme eine ganze Oktave nach oben rutschte.
„Und die Beziehung ging wie lange?" Langsam formte sich ein unschönes Bild in Emmas Kopf zusammen.
„Ungefähr fünf." Eileen wich dem stechenden Seitenblick aus, den Emma ihr zuwarf.
„Du hast fünf Jahre lang eine Beziehung geführt, die von deiner Seite aus niemals aufrichtig war? Du bist sogar bis vor den Altar getreten, bevor du kalte Füße bekommen hast?!" Obwohl sich die beiden keine Stunde kannte, ging Eileen diese unausgesprochene Anklage unangenehm unter die Haut.
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Changing Hearts
RomanceHier mein Beitrag anlässlich des von WPRomantik, WPFantasie, WPFanfiktion und WPWerwolf veranstalteten Wettbewerbes. Meine Schreibvorlage: Du wolltest eigentlich nur diesen furchtbaren Arbeitstag in Ruhe zu Ende bringen. Du kannst es nicht gebrauche...