Kapitel 2 - Vom Gesicht auf der Münze und wem sie gehört

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Kapitel II

Vom Gesicht auf der Münze und wem sie gehört

„Seht euch an. Ihr kniet und huldigt ihm. Er kann mir nichts. Denn es bleibt meins. Mein Besitz, mein Geld."

Lot, Investor

Auf einer Stadtversammlung zum Volke, vier Tage vor seinem Tod



Der trockene Sand der Arena klebte am Schweiß wie eine Kruste auf seinem Oberarm. Im Gesicht, über der linken Wange, hatte er einen Schnitt aus dem wenig Blut quoll und mit seinem Schweiß und Dreck auf seiner Haut vermischt über den Hals unter die dünne Ledermontur lief. Sein Körper wurde immer schwerer und mittlerweile konnte er sich kaum noch auf seinen dünnen Beinen halten. Sein Atem war schwer. Seine rechte Hand, in der er das Schwert führte, war ebenfalls mit einigen Wunden versehen und drohte damit jeden Moment nachzulassen. Sein Blick war fokussiert. Er schaute seinen Gegner durchdringend an. Der salzige Geschmack der Tränen, die ihm vor dem Kampf über die Mundwinkel gelaufen waren, waren mittlerweile dem Sandgeschmack und dem Geschmack eisernen Blutes gewichen. Sie waren beide nicht älter als 13 Jahre alt, doch sie kämpften schon seit geraumer Zeit und keiner schaffte es den anderen zu besiegen. Er bewegte sich auf seinen Gegner zu. Es war egal wer diese Person vorher war. Nun war es ein Gegner. „...Nun war er ein Gegner" wiederholte Roven den Satz im Kopf. Er nahm das Schwert in beide Hände. Die dunkel rote Klinge zischte durch die Luft und stieß auf ein ebenso rotes Metall. Der Gegner blockte den schlag ab, drehte sich in einer Pirouette nach links ab und stach nach vorn. Roven sprang zurück, rutschte etwas mit dem hinteren Bein durch den sandigen Boden, parierte den Stich und setzte zum Gegenschlag an. Roven haute in einer Schräge zu. Er war zu weit entfernt. Der Gegner, geschickt wie er war, hatte sich bereits zum Verteidigen wieder in Stellung gebracht und hatte genug Zeit eine elegante Parade zu voll üben, die fast Roven sein Schwert aus der Hand gleiten lies. Aus der Parade folgte sofort der Konter mit einem wuchtigen horizontalen Schlag auf Rovens Hals. Roven schaffte es seine Klinge nach zu ziehen und schrägte den Schlag des Gegners somit etwas ab, so dass er beim erneuten Zurückspringen nicht davon getroffen wurde. Beide gingen in eine Verteidigungsposition. Sie kreisten um die Mitte zwischen sich im Seitwärtsschritt und schauten sich in die Augen, beobachteten abwechselnd die Schwerter und die Beine des jeweils anderen. Sie hatten ihre Schwerter mit beiden Händen fest in der Hand.

Der Gegner ging im Bruchteil einer Sekunde wieder zum Angriff über und holte zum schrägen Hieb von links oben aus. Roven blockte mit seiner Klinge, wartete einen weiteren Schlag ab. Dieser kam auch jedoch unerwartet, erneut von der gleichen Richtung. Roven blockte ein weiteres Mal den Hieb. Der Gegner ließ sein Schwert über Klinge Rovens schleifen und versuchte anschließend aus dieser Bewegung heraus einen Stich zu formen. Roven holte zu einer Finte aus, als würde er versuchen einen Schlag zu setzen bevor ihn der Stich erreicht. Der Gegner stoppte den Stich um den vermeintlichen Hieb zu blocken. Roven allerdings drehte sich stattdessen etwas zur Seite während der Gegner erwartungsvoll sein Schwert mit zugekniffenen Augen in die falsche Richtung hielt. Als er gerade die Finte durchschaute, versuchte er sofort und unkontrolliert einen Schlag aus der Deckung aus zu führen. Roven führte mit Leichtigkeit eine Parade durch. Die anschließende Riposte stach dem Gegner direkt seitlich durch den Hals. Sofort holte Roven das Schwert wieder aus der Kehle. Der Todgeweihte ging auf die Knie, ließ sein Schwert fallen und umschlang mit beiden Händen die verwundete Stelle. Roven schaute ihm zu. Sein Blick war nichtssagend, emotionslos, leer. Zwischen den Fingern des Verwundeten floss Blut, genauso wie es Rovens Klinge runterfloss, das sich kaum von der Farbe des Blutes unterschied. Der Gegner versuchte zu sprechen, doch ächzte nur unverständlich während ihm dabei mehr und mehr Blut aus dem Mund lief. Nach einer kurzen Weile war Ruhe. Stille, kein geächzte mehr. Das dumpfe Aufschlagen des Körpers auf den staubigen Boden war das letzte was vom Gegner zu vernehmen war. Das Blut floss aus Mund und Kehle und tränkte den hellbraunen Boden in ein tiefes Rot, bis an den Punkt an dem Rovens abgelaufene Ledersandalen stand hatten. Roven drehte sich um und bewegte sich zu den drei Männern, die den Kampf beobachteten und sich Notizen dabei machten. Seine eiserne Miene blieb unverändert und in seinem Kopf hatte er nur einen Satz „Es ist egal wer diese Person vorher war. Nun ist sie tot..."

Das Zebrechen des Gefüges - Leseprobe - Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt