In den nächsten Tagen habe ich Jake nicht mehr gesehen. Nach zwei Wochen tauchte er vor unserem Haus auf. Er lud mich ins Kino ein und den Abend verbrachten wir in meinem Zimmer mit schlechten Flachwitzen aus dem Internet. Wir trafen uns immer häufiger und waren beste Freunde, bis er eines Tages einfach verschwand...
*****
„Du willst jetzt nicht wirklich, dass ich mit dir in die Sierra Nevada* fahre, um deine angeblich kranke Oma zu besuchen!? Das kauf ich dir nicht ab." sagte ich empört und wich Jake aus.
„Aber Soph! Ich lüge nicht. Es ist die Wahrheit."
„Aha. Aber es bleibt immer noch die Frage offen, wo du ein Jahr lang gesteckt hast. Wo? Ich habe mich so schrecklich gefühlt. Nicht zu wissen was mit dir ist, wo du bist und ob es dir gut geht. Und jetzt bist du wieder da und ich soll meine Familie und all meine Freunde nur für dich zurücklassen?"
Er beugte sich vor und gab mir einen zarten Kuss auf die Lippen. „Du vergisst wohl, was mal zwischen uns beiden war, Prinzessin." flüsterte er in mein Ohr. Ich spürte seinen heißen Atem in meinem Nacken und vergaß für einen Moment zu atmen. Ein angenehmer Schauer lief mir über den Rücken. Er, seine Nähe... es fühlte sich so gut an, doch gleichzeitig auch falsch.
Ich wandte mich von ihm ab und starrte den Boden an. Laminat kannte man in diesem Hause nicht. Schon immer bevorzugte mein Vater Teppiche. Ich hasse Teppichboden.
„Sophie, sieh mich an!" Ich musterte ihn einen Augenblick lang. Plötzlich reichte es mir und ich schrie ihn wütend an:„Wo warst du? Wo warst du als ich dich am meisten gebraucht hätte? Als ich eine Schulter zum Ausweinen gebraucht hätte? Wo warst du als ich dich sehen wollte? Deine Nähe spüren wollte-". Meine Stimme brach ab, als mir die Tränen kamen, die ich so lange versucht hatte zu unterdrücken. Mir steckte ein riesen Kloß im Hals. Er umarmte mich und ich stieß ihn von mir weg. „Ich war geschäftlich unterwegs. Ich konnte mir das nicht aussuchen. Nun gut, ich sehe, dass man mit dir in diesem Zustand überhaupt nicht vernünftig reden kann. Wenn du es dir überlegst, dann weißt du ja, wo du mich findest." Mit diesen Worten verschwand Jake ebenso wie er gekommen war.
Dad rief nach mir. Ich lief zur Tür und er fragte:„Ist alles okay? Ich habe dich laut sprechen hören. Ist jemand bei dir?". „Ich habe nur gerade ein trauriges Buch gelesen und schimpfe gerade mit der Hauptperson. Sie hat gerade einen schweren Fehler-" setzte ich an, doch mein Vater unterbrach mich mittendrin. „Du brauchst mir jetzt nicht die ganze Geschichte zu erzählen. Möchtest du mit mir ein bisschen Fernsehen?" fragte er. „Nein, ich habe noch Hausaufgaben zu erledigen" log ich. „Musst du nicht Anton abholen? Er ist doch noch bei seinem Freund Robert, oder?" Mein Vater lief nun gehetzt in den Flur und zog seine Schuhe über. „Bis gleich" rief er noch bevor die Türe hinter ihm ins Schloss fiel.
Ein bisschen niedergeschlagen legte ich mich ins Bett. Ich hätte Jake so gern geküsst und umarmt, aber er hat mich sehr verletzt und erklärt mir nicht mal wirklich warum. Traute er mir denn immer noch nicht? Ich wünschte er würde nicht immer so geheimnisvoll tun. Eine Beziehung kann so nicht funktionieren.
Frustriert rief ich meine beste Freundin Gina an.
„Hey, ich wollte dich gerade anrufen! Du errätst nie, was heute passiert ist." trällerte sie los.
„Was denn?"
„John und ich sind jetzt zusammen." schrie sie aufgeregt in den Hörer.
„Ich freue mich ja so für dich, Gina." Mein Ohr ist taub. Ich hielt den Hörer an mein anders Ohr und hoffte, dass sich das Geschehene nicht wiederholte.
„Danke. Ich habe heute an diesem Reittournier in Balley* teilgenommen. Er und ich haben beide den 1. Platz erreicht. Nach dem Tournier sagte er mir, dass er es ohne mich nie geschafft hätte und fragte mich. Ich meine wir haben echt viel zusammen trainiert, aber ich habe nie etwas bemerkt. Er ist echt süß." Ich hörte ihr Lächeln durch's Telefon und musste grinsen. „Wie geht's dir denn? Gibt's was Neues?" fragte sie. Ich erzählte ihr kurz was vorhin passiert war und wärmte mir währenddessen ein Kirschkernkissen auf. Dann legte ich mich mit meinem Kissen ins Bett und machte es mir gemütlich.
„Starke Nummer. Hätte nie gedacht, dass die Sophie Brown, die sonst immer so schüchtern ist, so etwas sagen könnte. Ich bin stolz auf dich!"
„Mhm... Wie geht's deiner Mum?" lenkte ich ab.
„Ganz gut. Sie konnte endlich ihren riesigen Pickel, den sie auf der Stirn hatte loswerden. Mit ein paar Kosmetiktipps von meiner Tante."
„Wow" sagte ich entsetzt und beeindruckt zugleich. Gina und ich quatschten noch eine Weile weiter, bis Dad ins Zimmer kam und mich bat langsam mal schlafen zu gehen. Am nächsten Tag hatte ich ja wieder Schule.
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*Die Sierra Nevada ist ein Hochgebirge in den USA/Kalifornien. Der höchste Berg dort ist Mount Whitney mit 4 421m.
*Balley ist eine von mir erfundene Stadt.
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Schwarze Rosen
RomanceSophie reist plötzlich und unerwartet durch die Vergangenheit. In einer ganz anderen Zeit als ihrer eigenen versucht sie sich durchzuschlagen und zu verstehen was passiert war. Und dann taucht auch noch dieser Jack auf. Wieso weiß er so viel und ver...