Kapitel 6

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Wir laufen zu Fuß zu Theodor nach Hause. Ich bin erstaunt wie sich eine Wohngegend innerhalb von drei Straßen ändern kann. Finn und ich leben in einer Wohngegend, die ich eher der Mittelklasse zuordnen würde. Ich wohne zwar schon ein Jahr in dieser Gegend, aber nie zuvor war mir diese Straße mit den vielen Villen ähnlichen Häusern ins Auge gefallen.
„Seid ihr reich?", frage ich Theodor unschlüssig, doch dieser lacht nur.
„Reich vielleicht nicht unbedingt, aber es geht uns nicht schlecht.", antwortet er mir gelassen.
In so einem noblen Viertel komme ich mir fehl am Platz vor.

Wir erreichen die Haustür, als diese schon von Ally aufgerissen wird.
„Hi ihr Süßen, wie war die Busfahrt?", will sie in einem ironischen Unterton von uns wissen.
Theo schüttelt nur lachend den Kopf und drängt sich an ihr vorbei. Ich folge ihm und schlängle mich an Ally vorbei.
„Habt ihr Lust mit uns das Spiel zu schauen?", fragt sie, als wir in der großen weißen Küche ankommen. Theodor, welcher mir auf dem Weg angeboten hat, ihn Theo zu nennen, wirft seinen Rücksack auf den Mamorboden.

Ich bin mir nicht sicher wen sie mit uns meint. Um ehrlich zu sein hat mir der Tag schon alle Kraft entzogen. Der Gedanke, noch mehr neue Leute kennenzulernen, die mich merkwürdig anschauen könnten, macht mich unsicher. Ich versuche jedoch diesen Gedanken so gut wie möglich zu verdrängen, denn immerhin möchte ich ja Dinge in meinem Leben verändern - mich verändern.

„Ja, sind die Jungs auch da?", fragt Theo Ally, welche Gläser aus einem der oberen Schränke holt. Danach geht sie zum Kühlschrank und nimmt einige Flaschen Bier raus.
„Ja, Emely und Sabrina sind auch da.", meint sie nur und geht in den Flur.

Theo scheint meinen unsicheren Blick zu verstehen und berührt mich sanft an der Schulter. Ich zucke reflexartig zusammen.
„Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken. Komm wir gehen auch ins Wohnzimmer.", fordert er mich auf. Ich nicke nur und folge ihm.

Im Wohnzimmer angekommen, welches sich als geräumiger heller Raum mit einer eleganten Einrichtung entpuppt, sitzen bereits die Typen von vorhin und zwei Mädchen auf dem großen Sofa.

„Schaut mal wen ich mitgebracht habe.", reißt Ally die Gruppe aus dem Gespräch. Augenblicklich liegen alle Augen auf uns, oder eher auf mir. „Wen haben wir denn da?", fragt ein blondhaariger mit blauen Augen. Ich schaue schüchtern auf den Boden. „Das ist Alya. Alya das sind Carter, Wyatt, Noah, Emely und Sabrina.", stellt er uns vor und deutet dabei auf jeden aus der Runde. Alle Lächeln mich an, außer Noah und Sabrina. Sabrina hat wunderschöne schwarze Haare und ein hübsches Gesicht, doch ihr Blick verrät mir, dass sie nicht sonderlich begeistert von meiner Anwesenheit zu sein scheint. Noah wirft mir einen kurzen Blick zu und schaut dann emotionslos auf den Fernseher. Da sind sie wieder, diese stechenden Augen. Auch wenn er mich nur kurz angesehen hat, muss ich ihn etwas länger als normal betrachten. Seine Augen sind seltsam und wunderbar auf einmal. Einerseits sind sie so mysteriös grün gefärbt, andererseits strahlen sie eine solche Kälte aus.

„Setz dich doch.", sagt Ally an mich gerichtet und ich löse mich aus meiner Starre. Ich möchte mich ungern zwischen die anderen quetschen, also entscheide ich mich für einen noch freien Sessel. Ich sitze ziemlich steif da und schaue ebenfalls wie alle anderen auf den Fernsehen, wo gerade das Spiel angekündigt wird. Alles erscheint mir so unwirklich. Hätte mir heute morgen jemand erzählt, dass ich heute Nachmittag hier sitzen würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt.

— — —

Das Spiel läuft schon eine Weile und es sind schon mehrere Flaschen Bier geleert wurden. Die Stimmung ist ausgelassen und alle scheinen schon etwas angetrunken zu sein. Emely, eine hübsche Rothaarige mit Locken, hat sich an Theo gekuschelt und Sabrina hängt halb auf Noah. Die anderen beiden sind total vertieft. Ich fühle mich immer unwohler dabei, wie ein stiller Beobachter in der Ecke zu sitzen und eine Gruppe Fremder zu beobachten.

Schlussendlich gewinnt das Team, welches alle angefeuert haben und Ally fragt ob sie Pizza bestellen soll. „Ich hab doch schon was an dem ich naschen kann.", gibt Sabrina von sich und zwinkert Noah zu, welcher sie auf den Schoß zieht. Verlegen wende ich den Blick ab, während es die anderen nicht im geringsten zu stören scheint. Ich bin nicht verklemmt, aber sowas erweckt in mir Unwohlsein. „Für mich nicht, ich glaube ich sollte nach Hause gehen.", wispere ich und habe das Gefühl rot zu werden. „Aber wieso denn, geht es dir nicht gut?", fragt mich Emely besorgt und auch Theo schaut mich fragen an. „Wieso fragst du überhaupt? Schaut euch doch mal an, wie sie aussieht. Ganz gesund kann sie nicht sein.", Sabrinas Worte treffen mich wie ein Schlag in die Magengrube. Die anderen schauen sie schockiert an oder werfen mir einen entschuldigenden Blick zu. „Sie gehört hier sowieso nicht her.", zum ersten Mal höre ich seine Stimme und mir läuft es eiskalt den Rücken runter. Dabei schaut Noah nicht mal in meine Richtung, sondern packt Sabrina kräftig an den Hüften, welche daraufhin verspielt kichert. Ihr Kichern widert mich an. Ich schnappe meine Sachen und laufen in den Flur. Theo ruft mir hinterher: „Alya bleib doch stehen!", doch ich drehe mich nur um, schaue in diese kalten grünen Augen und sage genauso emotionslos: „Schon gut, er hat doch recht.".

— — —

Auf der Straße angekommen, beginne ich mich selbst zu verfluchen. Was habe ich mir bloß dabei gedacht? Habe ich mir wirklich eingebildet neue Freunde zu finden? Aber warum hat seine raue, emotionslose Stimme mich trotzdem so getroffen? Ich kenne ihn ja nichtmal. Ich bin zu emotional und froh, dass Fynn nicht zu Hause ist. Würde er mich in diesem aufgelösten Zustand sehen, würde er mich nur mit Fragen löchern und das ist das Letzte was ich heute gebrauchen kann.

Zu Hause angekommen werfe ich mich auf meine Matratze und versuche zu schlafen, doch diese Augen wollen mir nicht aus dem Kopf gehen. Diese Tiefe und die mysteriöse Ausstrahlung machen mich neugierig und ich wüsste gerne was hinter ihnen steckt. Verdutzt schüttle ich den Kopf zu mir selbst. Ich rede Unsinn, ich kennen ihn nicht mal und er hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass ich nicht willkommen bin.

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