Am Anfang ist es dunkel. Dunkel aber nicht düster. Ich sehe bloß nichts. Meine Augen lassen sich nicht öffnen, mit drückendem Gefühl lehne ich mich über den Grund und kippe mir kaltes Wasser ins Gesicht. Es tut so gut die weiße Farbe abzuwaschen. Zusammen mit der milchigen Flüssigkeit, merke ich wie Sterne vom Himmel fallen und mit in den Ausguss gespült werden. Ich halte inne und stelle das Wasser aus. Drei Lichter weniger am Himmel werden niemandem schaden, denke ich und drehe mich um. Sie tragen alle schon lange kein weiß mehr. Sie tragen gar keine Farbe, sie tragen nur sich selbst. Ich frage mich, was ich trage und trete vor den Spiegel. Ich sehe seltsam aus, komme aber zu dem Entschluss, dass das wohl ich sein muss.
Guck dich an, wer bist du denn? Warum fällt dir alles so schwer und weshalb schweigst du bloß?
Mir fällt das Schweigen leicht und ich denke viel. Du musst wissen, Konzentration ist schwer wenn du nichts akzeptieren kannst. Seit neustem schaut jeder meine Gedanken an, als hätte ich sie auf eine Leinwand gemalt. Von allen Seiten spüre ich kalte Hände, der Sauerstoff macht mich schwindelig und ich weiß, hinter den Hauswänden, den Autos, zig Beeten und Bäumen, die mir alle vor dem Horizont die Sicht versperren, da warten sie. Ich akzeptiere diese Einschränkung und drehe den Schlüssel im Schloss einmal um. Mit viel zu hoher Erwartung öffne ich die Tür und blicke enttäuscht in ein paar müde Augen. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Wo ist der Weg, wo die Anderen und wo ist die Karte zum versprochenem Paradies?
Was erwartest du schon, wenn du weißt, dass du nichts finden kannst?
Ich schließe meine Augen wieder und für ein paar Minuten spielt laut meine Lieblingsmusik. Für ein paar hundert Sekunden wenigstens, bis mir zum Ende hin zu geflüstert wird: Das hier ist für immer, du hast es so gewollt. Die Vorstellung, dass etwas für immer sein soll, konnte ich noch nie akzeptieren. Es ist ein schwieriges Konstrukt erfunden von einer Menschenseele. Ebenso wie die Unendlichkeit ist es nicht einfach zu begreifen, dass etwas nicht für immer sein soll. Gegensätze die nicht in unser Denkschema passen.
Es ist alles egal, fährst du mit mir mit 1000ps in den Weltuntergang?
Zu oft fallen Anderen die Augen aus dem Kopf und ich bin es leid,
sie wieder einzusammeln. Ich verschone sie. Mit Blick auf die Zukunft ist das wohl besser. Mein Selbst findet sich in zerstreuten Gedankenfäden wieder und ehe ich mich versehe lande ich in einem Haufen von lauten Tönen, dicken Bässen, tiefen Stimmen und rauschigen Gitarren. Musik dort wieder einmal. Ich kann es einfach nicht lassen, es ist zu verlockend und in gewissem Grad auch erfüllend. Wie ein Verstärker für das Herz pumpt der Bass das Blut durch meinen Körper, das Rauschen macht keine eigenen Ideen mehr möglich und er sagt immerzu, er verstehe.
Ich drehe mich in einer neuen Welt, in der ich mehr bestimmen darf, als es mir lieb ist.
Freiheit ist vielleicht gar nicht gut?
Was ich weiß, ist, das es unsinnig ist diese Treppe weiter herunter zu steigen und doch setze ich vorsichtig einen Fuß vor den anderen ohne zu wissen was passieren wird und ohne mir im klaren zu sein, welche Konsequenzen ich mir einbrocken könnte. Wenn man es schaffe, dann hielte die Kälte unten dich warm, so heißt es.
Auf der vorletzten Treppenstufe rutsche ich aus und frage mich, weshalb ich gestolpert bin. Ich kriege Angst, weil ich mir diese Frage nicht beantworten kann und setze mich an den Treppenrand. Das Geländer riecht metallisch, ich mag den Geruch nicht. Mit einem Mal wird mir schlecht, ich schaue durch das Fenster rechts von mir nach draußen und sehe Menschen am Grund stehen. Sie erfreuen sich am kühlen Wasser wie ich es getan habe. Mit Erleichterung waschen auch sie die dicke Farbe vom Gesicht ab, der sternenreiche Himmel verdunkelt sich stark, und ich begreife, dass der Zeitpunkt gekommen ist mich zu fragen was ich hier tue.
Hallo ihr da draußen, seit ihr noch ansprechbar?
Es hört mich niemand. Ich höre nur noch mich selbst, ein eintöniges Fiepen, keine Stimmen, niemanden um mich herum mehr. Ich kneife meine Augen zusammen, um noch etwas erkennen zu können, sie werden müde davon und ich lasse sie zufallen. In einem Fluss strömen Menschen an mir vorbei, sie drängen sich durch den Lauf und an hohen Wänden vorbei. Putz bröckelt herunter, sie machen die Wände kaputt und ich kann den Beton nicht halten, ich setze mich drunter, ein paar Stücke fallen mir in den Schoß, sie sind nicht so schwer wie ich dachte. Es staubt, während ich versuche mich vom Dreck zu befreien. Der Fluss kommt ins stocken, er staut sich, läuft an einigen Stellen über. Ich sitze am Grund und ein paar Ideen schwimmen an mir vorbei. Ich kann noch nicht genau sagen, ob sie mir Kopfschmerzen bereiten oder sie mich sättigen. Sie schmecken staubig, aber süßlich. Sie machen mich süchtig und sie machen mich krank.
Etwas flackert vor meinem Auge, aber sag mir nicht, was es ist. Ich will es selber herausfinden. Ich sammle alle möglichen Farben zusammen und fange an. Die ersten Entwürfe auf naturgeschaffenem Untergrund werden schlecht. Mit Mal sehe ich wie eine Projektion, ein ungezeichneten Strich, Elemente aus deinem Leben.
Inzwischen regnet es mal wieder und ich weiß welche Ideen, nur Ideen sind und nicht die Wirklichkeit. Sie wabern nur in einem Meer aus Synapsen, sperren ab und zu die Rezeptoren wie Nervengift. Inzwischen ist da nur noch Regen. Kein zerstörerischer Hagel, keine Überschwemmungen, die Menschen das Leben kosten könnten und keine Blitze, die dein Zuhause kaputt machen. Ich trete endlich durch die Tür, betrete vertraute Umgebung und schalte das Licht ein. Die hellen Strahlen brennen im Auge, aber es ist gut. Die Flüssigkeit, die jetzt mein Gesicht überflutet trocknet auf meiner Haut in der Wärme und hinterlässt eine weiße Schicht. Sie ist dünn und durch sie schimmern Farben, die nicht zu den natürlichen gehören. Es schaut komisch aus. Andere werden sich fragen woher die Einfärbungen kommen. Es wird kaum ein Jemand verstehen, aber auch das ist okay. Mit schweren Beinen schaue ich mich auf dem Dachboden um. Verewige die Ästhetik der Natur in einem Text. Puste ihn frei vom Staub hier oben und streiche mit der Hand über die Seide. Ich schließe meine Augen, so dass ich die Sterne vor meinem inneren Auge sehen kann und frage mich, warum man Mut nicht kaufen kann. Ich würde schreiben bis ich wieder da bin, um ihn dann auf dem Dachboden ein paar hundert Jahre ruhen zu lassen. So lange, bis ich wieder aufwache.Ich schreibe ein Anfang und ein Ende und dazwischen ist ein Weg. Er hat ein schönes und ein hässliches Ende und ich bestimme, welches du nimmst.
DU LIEST GERADE
SEX ON ART
General FictionEs geht nicht um Sex in dem Sinne, wie man es kennt. Diese Geschichte ist eine erfundene Erzählung einer Person, die einst an ihrem Bewusstsein verzweifelt und so das schönste im Leben in der Kunst fand und sich auf ihr niederließ. begonnen 14.9.19...