Reise in die Vergangenheit

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Lilith saß auf dem Fußboden der Küche. Sie spielte mit ihren Holzpuppen. Man konnte es nicht spielen nennen, sondern zu sehen. Sie schaute zu wie die Puppen vor ihr alltägliche Dinge in ihrem Puppenhaus taten wie mit einem winzigen Bügeleisen bügeln oder mit anderen Puppen interagieren.

Ihre Mutter saß auf einem Hocker neben ihr und war fasziniert davon, wie ihre Tochter mit ihrer speziellen Gabe, so konnte man es nicht nennen, da es meistens ein Fluch war und selten ein Segen, die Figuren bewegte ohne jedoch einen Finger zu rühren. Für sie waren, die Fähigkeiten die Lilith hat, oft ein Risiko. Sie musste dafür sorgen, dass sie nicht versehentlich in der Schule eingesetzt werden, was sich als sehr schwer herausstellte. Wie oft musste sie ihr erklären, dass die Menschen Angst vor ihr haben würden, sie im besten Fall nur ignorieren würden aber im schlimmsten ihr etwas antun würden, ihr weh tun würden. Jeden Tag musste sie Angst haben, dass ihrer kleinen Tochter etwas angetan wird. Am liebstes wäre ihr es, sie zu Hause zu lassen, Sie nur bei ihr zu haben. Aber das wäre der falsche Weg. Sie wusste nur zu gut, wie schnell Menschen misstrauisch werden und Fragen stellen würden. Und Lilith ging gerne zu Schule. Sie gegen ihren Willen zu Hause zu behalten und ihr einen Teil ihrer Kindheit zu nehmen kam nicht in Frage. Später wenn Lilith erwachsen sein wird und auf sich selbst aufpassen kann wird vieles für sie einfacher.

„Ich gehe jetzt schlafen, Mama" mit diesen Worten wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Lilith stand auf und bewegte alle Puppen und das Zubehör des Puppenhäuschens in das Regal oberhalb der Tür. „Ja mein Schatz, hast du schon Zähne geputzt?" fragte ihre Mutter sie. „Nein, aber mach ich jetzt." Ihre Augen schlossen sich kurz und sie vernahm ein leises Rauschen. Sekunden später schwebte eine Zahnbürste mit Zahnpaste auf ihr in Richtung Lilith. Sie grinste fröhlich ihre Mutter an und fing an zu putzen. „Du sollst doch im Bad putzen" meinte ihre Mutter lächelnd, „auf beweg dich". Lilith ging ins Bad und putzte ihre Zähne während ihre Mutter ihr das Bett bereit machte. Sie legte wie jeden Abend auch eine Aura um das Bett ihrer Tochter, um sie vor möglichen Gefahren zu schützen. Für Außenstehende war somit nur das Bett zu sehen und nicht die Person in ihm. An diesem Abend hatte sie ein besonders mulmiges Gefühl, weswegen sie den Schild um ihr Bett zusätzlich verstärkte. ‚Es wird alles gut gehen' dachte sie, aber sicher war sie sich nich. Sie hatte in der Nacht zuvor sehr schlecht geschlafen und eine Vision in Form eines Alptraumes gehabt. Lilith kam in ihr Zimmer. „Was schaust du so Mama?" fragte Lilith sie. „Alles gut, ich hab dich unendlich lieb, schlaf jetzt" erwiderte sie und nahm sie in die Arme. Beim hinausgehen sagte Lilith: „Ich hab dich auch ganz doll lieb". Eine Träne rollte ihr die Wange hinunter als sie die Tür schloss. Sie belegte die Tür mit einem Effekt der es nur ihr und Lilith erlauben würde durch die Tür zu gehen. ‚Hoffentlich wird nichts passieren und es war bloß ein normaler Alptraum' wünschte sie sich und ging durch das Haus und traf ihre gewöhnlichen Vorkehrungen. Danach ging sie müde ins Bett und fiel in einen traumlosen Schlaf.

Sie wurde von einem lauten Klappern geweckt. Es war bereits wieder hell. Voller Adrenalin sprang sie auf und rief nach Lilith. Sie antwortete nicht. Eine
Anwesenheit einer Person war in der Küche wahrzunehmen. Auf dem Weg dorthin lief sie schnell an dem Zimmer von Lilith vorbei. Das Bett war verlassen und die Fenster waren offen. Sie schwebte leise die Treppe hinunter um in der Küche zu schauen, was die Quelle des Lärmes war und gegebenenfalls einen Überraschungseffekt auf ihrer Seite zu haben. Dort stand Lilith und hantierte mit einer großen Pfanne herum. Es roch nach frischem Gebäck. „Guten Morgen" sagte Lilith strahlend „Ich hab versucht Pfannkuchen zu machen" ihr Gesicht war mit Mehl bestäubt und in ihren blonden Haaren klebte etwas Teig. Erleichtert meinte ihre Mutter bloß „Hier sieht es aus als hätte eine Bombe eingeschlagen. Ich helfe dir, okay?" Lilith nickte aufgeregt. Gemeinsam backten sie die restlichen Pfannkuchen. In der Zwischenzeit deckte Lilith den Tisch. „Was war eigentlich der Krach vorhin?" wollte ihre Mutter wissen. Lilith lies die Teller in der Luft schweben. „Ich hab versucht die Pfanne anzuheben, aber ich war nicht konzentriert genug und sie ist mir aus der Kontrolle gefallen" antwortete sie verlegen und lässt die Teller auf dem Tisch landen. „Das kann schon mal passieren, aber mit der Zeit wirst du solche Kleinigkeiten neben bei können ohne groß nachzudenken." munterte ihre Mutter sie auf. ‚Hoffentlich kann sie bis dahin ihre Impulsivität unterbinden'. Sie machten die letzten Pfannkuchen und frühstückten.

Lilith ging in ihr Zimmer um ihre Schulsachen für den Unterricht zu packen während ihre Mutter den Abwasch machte. Von oben ruft sie ihrer Mutter: „Kann ich heute Abend direkt nach der Schule zu meiner besten Freundin Caren?" Ihre Mutter überlegte kurz und antworte dann: „Ja, kannst du, aber deine Tante holt dich um 8 Uhr ab, weil sie  heute Abend noch vorbei kommen, okay?" Voller Vorfreude hüpfte Lilith mit ihrer Schultasche in der Hand die Treppe hinunter. „Danke danke danke" sagte sie glücklich und umarmte ihre Mutter. Lächelnd erwiderte diese „Viel Spaß, aber jetzt müssen wir los, sonst kommen wir noch zu spät!" sie griffen sich ihre Jacken und stiegen ins Auto.

Die Fahrt zur Schule dauert in der Regel 15 Minuten. Zuerst müssen sie das Waldgrundstück verlassen, auf dem sie wohnen. Dann fahren sie durch das direkt an dem Wald angrenzende Stadtgebiet zur, im Zentrum der Stadt liegenden, Schule. „Viel Spaß und lerne fleißig" rief ihre Mutter ihr hinterher, „Ich hab dich ganz doll lieb. Bis heute Abend". Lilith winkte ihr und lief strahlend davon. In der Schule konnte sie ihre Freunde wieder sehen, die nicht zu ihr nach Hause kommen durften, die Gründe dafür wusste sie nicht. Die Schule begann für die dritte Klasse erst um neun Uhr. Der Schultag verging für Lilith wie im Flug.

Nach der Schule holte die Mutter von Caren beide ab. Sie fuhren zu ihnen und rannten direkt in das Zimmer von Caren. „Ich muss dir mein neues Spiel zeigen, das is ab zwölf, nicht meinen Eltern verraten" flüstert sie geheimnisvoll. „Aber das dürfen wir erst in vier Jahren spielen." zweifelte Lilith. „Da passiert nichts schlimmes, du musst bloß Missionen machen, und sammelst dadurch Geld. Das is mit Spielzeugfiguren. Lass uns das doch erst mal probieren" versuchte sie Caren zu überzeugen. „Kann man das wenigstens zu zweit spielen?" wollte Lilith wissen. „Ja kann man. Du kannst dir vorher einen Superhelden auswählen. Zum Beispiel gibt es einen der Netze schießen kann oder einen der sich in so ein grünes Monster verwandeln kann. Und eine die kann die Gedanken von anderen lesen und Sachen zum schweben bringen..."  begann Caren aufzuzählen. Lilith hatte bereits einen Charakter ausgewählt der gut mit dem Bogen umgehen konnte. „Der sieht cool aus, aber ist nicht so gut, " meinte Caren. „Warum" fragte Lilith sie. „Er kann nicht so genau auf die Entfernung schießen" entgegnete sie, „Aber ansonsten ist er ziemlich flink und kann auch mehrere Pfeile schießen." Mittlerweile hatte das Spiel angefangen und die Mädchen waren schnell in ihrem Element. Seite an Seite lösten sie ein Rätsel nach dem anderen. Irgendwann klopfte es an der Tür und Caren's Mutter brachte Kakao und Kekse. Danach hörten sie auf mit dem Videospielen und schauten im Fernsehen Cartoons. Plötzlich verspürte Lilith ein starkes Summen im Kopf welches dann in einen stechenden Schmerz überging. Schlimmer als jede Kopfschmerzen die sie jemals gefühlt hatte. Sie rollte sich auf dem Boden zusammen. Es tat ihr unglaublich weh. Caren merkte von all dem nichts, da sie gebannt den Cartoon weiter schaute. Der stechende Schmerz in ihrem Kopf lies langsam nach und ging in ein Klirren über. Plötzlich war alles vorbei, so schnell wie es angefangen hat. Lilith fühlte sich leer, als hätte man ihr ihre Seele genommen. Ihr schonst leicht rötliches Gesicht war blass weiß. ‚Was war das?' fragte sie sich. Sie war den Tränen nahe. Bedrückt setzte sie sich wieder auf und war wie ausgewechselt. Vergebens versuchte sie schlüssig zu werden, woher der Schmerz kam und was ihn ausgelöst hatte. Lilith wollte nur noch nach Hause und ins Bett. Sie hatte keine Lust mehr, noch eine Minute länger einen Cartoon schauen. Zum Glück würden ihre Tante und ihr Onkel sie in weniger als einer halben Stunde abholen. Die Zeit bis dahin verbrachte sie mit Nachdenken.

Kurze Zeit später klingelte es an der Tür. Es waren Tante und Onkel. Sie holten Lilith ab. Diese verabschiedete sich von Caren. „Ich fand es heute echt cool bei dir, kann ich bald wieder kommen?" fragte Lilith. Caren nickte den Kopf und schaute zu ihrer Mutter, auch diese stimmte ihr zu. „Bis dann" verabschiedeten sich alle und die drei stiegen ins Auto. „Na, hattet ihr zwei Spaß?" wollte Ihr Onkel prompt wissen. Sie unterhielten sich die ganze Fahrt, bis sie vor der Auffahrt zu ihrem Haus standen. Lilith fühlte, dass etwas nicht stimmte. Sie konnte ihre Anwesenheit nicht spüren. Verängstigt stieg sie aus dem Auto. Beim eintreten merken sie, dass die Tür offen stand. Vor ihnen herrschte Chaos. Türen standen offen, Regal und Schubladen Inhalte lagen auf dem Boden verstreut, Dinge waren zerbrochen. Ihnen blieb die Sprache weg. Es sah so aus, als sei eingebrochen worden. „Okay, wir gehen wieder ins Auto und rufen sofort die Polizei. Hoffentlich befindet sich der Einbrecher nicht mehr im Haus. Was nur Lilith auf Grund ihrer besonderen Gabe wissen konnte war, dass sich keiner mehr auf dem Grundstück befand. „Wo ist meine Mama?" fragte Lilith entsetzt. „Hat der Einbrecher sie entführt?" sie brach in Tränen aus. Ihre Tante nahm sie in den Arm und versuchte sie zu beruhigen. Während ihr Onkel der Polizei die Anfahrt und das Geschehene schilderte versuchte ihre Tante Lilith's Mutter über ihr Handy zu erreichen.

Minuten später war die Polizei auf dem Anwesen. Sie durchsuchten das Haus und kamen mit einer schlechten Nachricht wieder.

Lilith - [pausiert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt