Kapitel 2

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T A M A R A

Kennt ihr diesen Augenblick, an dem ihr alle eure Entscheidungen hinterfragt und euch plötzlich für Dinge schämt, auf die ihr Sekunden vorher so unfassbar stolz wart?

Genauso fühlte ich mich, als ich nach der Bekanntgabe der Verlobung von Jacksons und meiner Verlobung in die einzelnen Gesichter im Raum blickte. Meine Mutter war bereits erfreut aufgesprungen, um mich überschwänglich zu umarmen und Jack in der Familie willkommen zu heißen, während mein Vater noch eher skeptisch und mein Bruder gerade zu wütend in meine Richtung blickte.

Bevor ich mir über die Reaktion der Beiden Gedanken machen konnte, wurde ich bereits in die nächste Umarmungen, diesmal von Nates Eltern gezogen. Ich zuckte erschrocken zusammen, als ich unsere Eingangstür zukrachen hörte und ließ meine Augen einmal kurz durch den Raum huschen, um festzustellen, dass es wohl Zac gewesen sein muss, der so einen Lärm veranstaltet.

"Ich bin mal kurz nach Zac gucken!", entschuldigte sich mein Bruder sofort und ich blickte weiter zu Mel, die mir jedoch lediglich kurz zunickte und dann ihren Stuhl ein Stück zurück schob, um aufzustehen.

"Ich werde mich dann mal jetzt auf den Heimweg machen, danke für das Essen Mrs. Steinert!", bedankte meine ehemalige beste Freundin sich bei meiner Mutter und verabschiedete sich ebenfalls von den restlichen Personen im Raum, wobei sie Jack geflissentlich ignorierte.

Nachdem sie mich ebenfalls nur kurz mit einem vorwurfsvollen Blick streifte, sprang ich ebenfalls von meinem Stuhl auf und fuhr mir nervös durch meine Haare, als ich merkte, dass die Augen aller Anwesenden auf mir lagen.

"Ähmm... Ich muss mal kurz nach draußen, frische Luft schnappen!", stieß ich hervor und schlug Jacksons Hand weg, als dieser versuchte mich festzuhalten.

Ich jagte bis in die letzte Ecke in unserem Garten zu einer kleinen Hecke, welche unser Grundstück von dem von Zacs Familie trennte und ließ mich dort leicht zitternd auf einer alten Holzbank nieder. Ich saß dort für einige Minuten, als ich aus dem Nachbargarten Stimmen vernahm und horchte auf, auch wenn ich wusste, dass es sich nicht gehörte, Gespräche zu belauschen, besonders wenn die Gesprächspartner sich nicht darüber bewusst waren, dass es die Möglichkeit gab, dass jemand ihr Gespräch mitbekommen könnte.

"Du weißt, dass es mir genauso wenig gefällt wie dir, aber wir können im Moment nichts ändern", hörte ich die Stimme meines Bruders leise vom Nachbargarten.

"Hast du sie dir mal angeguckt? Ihre Figur...!", der Rest von Zacs antwort ging im Lärm eines Autos unter, welches gerade vorbeifuhr und ich spürte, wie die eingentlich längst verdrängte Unsicherheit zurück kehrte.

Ich hörte im Hintergrund, wie sich die beiden Stimmen wieder entfernten. Ich zog meine Beine an und wiegte mich hin und her, als ich bereits merkte, wie die ersten Tränen mein Gesicht herunter rollten. Ich wurde von der darauf folgenden Panikattacke überrascht, auch wenn ich die ersten Vorzeichen bereits in und auswendig kannte.

Ich merkte, wie sich meine Finger verkrampften und sich meine Nägel in meinen Handballen bohrten. Ich hieß den Schmerz willkommen, weil eer mir zeigte, dass ich die Realität noch nicht ganz ausgeblendet hatte. Mein ganzer Körper fing an zu zittern und mein, am Anfang noch leises Schluchzen, wurde immer hysterischer, bis ich nur noch hektisch nach Luft schnappte. Meine Hände ballte sich immer fester zusammen und ich legte meinen Kopf auf meinen Knien ab und wiegte mich weiterhin verzweifelt hin und her, auch wenn ich wusste, dass es kaum eine Panikattacke gab, welche ich durch einfaches abwarten besiegen konnte. Sobald ich wieder in einer solchen Situation war, begann ich mit 'Was wäre wenns' mich immer weiter in die Situation hinein zusteigern, sodass ich meist ohne Tabletten vollkommen aufgeschmissen war.

Ich versuchte mich an die Worte meiner Psychologin zu erinnern und folgte den Anweisungen, welche sie mir gegeben hat, um die ungewollten Gedanken aus meinen Gedanken zu vertreiben.

Ich schloss also meine Augen und versuchte mir die Situation, welche mich so in Panik versetzte bis in jedes Detail vorzustellen und dann fing ich an, mich in Gedanken immer weiter von der Situation zu entfernen, sodass ich vom Darsteller zum Zuschauer der Situation wurde. Als der Gedanke klein genug war, um von mir in die Hand genommen werden zu können, sperrte ich ihn in einen Tresor und verschloss diesen sowohl mit einer Zahlenkombination, als auch mit einem Schlüssel, welchen ich in einen Ozean warf, nachdem ich den Tresor tief unter der Erde vergraben hatte.

Ich merkte, wie meine Atmung sich wieder verlangsamte und die Tränen auf meinen Wangen antrockneten. Nachdem ich noch einige Minuten auf der Bank gesessen hatte und in den Sternenhimmel hinaufgeblickt hatte, machte ich mich wieder auf den Weg zurück ins Haus, um meine Verlobung weiter zu feiern. 


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Diesmal ein ein wenig kürzeres Kapitel, einfach, weil ich am Ende noch ein paar kurze Worte dazu schreiben wollte. 

Manchen von euch dürfte Tamaras Reaktion ein wenig übertrieben vorkommen, aber ihre heftige Reaktion erklärt sich im Laufe der Geschichte noch besser. 

Ich habe selbst häufig mit Panikattacken und Flashbacks zu kämpfen und die Situation der Panikattacke von Tamara gleicht so ziemlich meiner eigenen und auch die Tipps, welche Tamara von ihrer Psychologin bekommen hat, habe ich selber bekommen. 

Jeder Mensch hat seine eigene Art mit seinen Ängsten und Erfahrungen umzugehen und man sollte sich nicht schämen, sich Hilfe zu holen, wenn man merkt, dass man selbst nicht mit der Situation klar kommt. 

Hilfe zu holen ist kein Zeichen von Schwäche, sonder beweist, dass man stark genug ist, um seine Fehler sich einzugestehen und auch die Notwendigkeit einer Veränderung sieht. 

Manche Menschen besiegen ihre tiefsten Ängste innerhalb von wenigen Wochen, einige brauchen Monate, Jahre oder vielleicht sogar ihr Leben lang, um sich an Situationen zu gewöhnen, welche Panikattacken auslösen können. Jeder hat sein eigenes Tempo und man sollte sich selber nicht dazu drängen, Dinge zu tun, die eigentlich noch Zeit erfordern. 


Hoffe das ist verständlich für jeden, bis zum nächsten Kapitel!

Keep smiling :)



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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 13, 2019 ⏰

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