Keira
Es war Donnerstagabend. Sam und Vivien, die sie beide über Soey kennengelernt hatte, wollten etwas trinken gehen. Die Studentinnen hatten wohl nie etwas anderes zu tun, als sich zu besaufen und Typen abzuschleppen. Doch was sollte man auch anderes machen, wenn man jung und nicht sehr motiviert war, seinen Abschluss zu schaffen.
Jetzt waren sie also im Amnesia und tranken um ihr Leben.
Die Bar war voll, die Tanzfläche war voll und die Menschen waren voll.
Die Musik war absolut nicht Keiras Geschmack. Dieser neumodische reine Elektroscheiß, der sich immer wiederholte und keinen Sinn innehatte, ohne Text oder gutem Willen, tat ihr einfach nur weh und war eine Beleidigung für die Leute, die ihr Geld versuchten mit richtiger Musik zu verdienen.
Sie dachte lieber an das Lied, welches ihr Kaffeelieferant ihr heute aufgeschrieben hatte. Sie musste bei den Worten lächeln und fragte sich, wer wen eingesperrt hatte.
Keira tanzte dennoch zu den tiefen Bassklängen, denn sie wollte ihre Zeit auch nicht mit rumstehen verschwenden.
Es war heiß und sie spürte, wie der Schweiß ihren Nacken hinab lief. Körper berührte Körper und das Verlangen, was sich über die Woche bei den jungen Leuten anstaute, wurde nun losgelassen. Überall wurde gefummelt und geknutscht. Öfter spürte sie eine Hand an ihrem Arsch, aber niemand traute sich sie anzusprechen oder anzusehen.
"Mädels", schrie Sam, die neben ihr auftauchte mit drei Drinks in der Hand. Vivien und Keira nahmen ihr jeweils einen ab.
"Auf die Männer und die, die es mal werden wollen", sagte Vivien. Augenrollend trank Keira den dritten Gin Tonic.
Davor hatte sie schon Rum getrunken und gestartet waren sie mit Tequila, dementsprechend sah sie ihre Umgebung nicht mehr ganz so klar aus. Die blinkenden Lichter an der Decke machten es nicht wirklich besser. Doch ihr war egal, dass sie nicht mehr gerade stehen konnte. Was war ein Clubbesuch ohne anständigen Kater? Sie war schon 24, wer weiß, wie lange sie noch so trinken und tanzen konnte. Wie lange sie noch schön war.
Der Abend wurde später und schließlich zur Nacht. Sam verschwand irgendwann mit einem Mann mit gefärbten blonden Haaren und durchgeschwitzten Hoodie auf der Männertoilette. Vivien war zur Bar gegangen und knutschte da nun mit jemanden herum, der eigentlich überhaupt nicht ihr Typ war.
Keira hatte gerade noch mit einem jungem Italiener getanzt, doch plötzlich verging ihr die Lust. Der Alkohol schmeckte nur noch gleich, die Musik wurde immer schlechter und ihr war verdammt heiß. Sie war komplett nassgeschwitzt und ihre Füße taten weh. Das Atmen fiel ihr schwer, also beschloss sie nach Hause zu gehen. Erstmal raus hier.
Sie drängelte sich durch die tanzende und springende Menge, vorbei an den Pärchen in dem langen Gang und hinaus an die frische Luft.
Es regnete. Das Wasser berührte ihre Haut und wusch den Schweiß und den Clubgeruch davon. Keira blieb stehen und reckte ihr Gesicht gen Regen. Die Tropfen fühlten sich gut auf ihrer Haut an, aber ihr war immer noch verdammt heiß. Kurzerhand zog sie sich ihr Top über den Kopf. Nur mit BH und Jeans begann sie loszulaufen. Das stellte sich aber schwieriger heraus, als sie geglaubt hatte. Die dunkle Straße vor ihr drehte sich und die Absätze ihrer Schuhe machten es nicht besser. So zog sie auch die aus und hielt sie in den Händen.
"Welcoooome to my cageeee, littlee loverrrrrr", sang sie leise vor sich her, während sie barfuß durch die Pfützen lief. In ihrem Kopf dröhnte es, doch irgendwie fühlte es sich auch gut an. Deswegen trank sie so viel. Mit Alkohol waren ihre Gedanken einfacher.
Der Club lag in einem Industriegebiet und nachts war hier sonst niemand unterwegs. Die Laternen standen weit voneinander entfernt und Autos fuhren hier auch nur selten vorbei.
Bis zur Hauptstraße hoch, war es ein ganzes Stück.
Sie blieb an eine Mauer gelehnt stehen und suchte ihr Handy aus ihrer kleinen Tasche heraus. Am besten rief sie sich ein Taxi.
"Hey, Schönheit", sprach sie plötzlich jemand an.
So schaute sie auf und sah vor sich einen großen Mann, komplett schwarz gekleidet und mit einem versauten Lächeln auf den schmalen Lippen. Der hatte wohl zu viele Gangsterfilme gesehen.
"Was willsten du von mir?", fragte sie spöttisch und wollte die Nummer auf ihrem Handy suchen, als er plötzlich genau vor ihr stand.
"Das ist eine ziemlich dumme Frage, Kleines", erwiderte er leise und war ihr so nah, dass sie sein Aftershave riechen konnte.
Ihr Alkoholpegel war noch immer hoch, dennoch wusste sie, dass das hier keine gute Situation war. Sie konnte außer ihn niemanden sehen.
"Lass mich in Ruhe", verlangte sie und schubste ihn etwas zurück. Doch sie hatte nicht genug Kraft, um wirklich etwas auszurichten.
Sie wollte gerade eine Nummer in ihr Handy tippen, als er es ihr wegnahm.
"Hey." Keira griff danach, aber er packte ihr Handgelenk und drückte sie an die Wand.
"Ruhig, ruhig." Seine Stimme an ihrem Ohr verpasste ihr eine Gänsehaut, aber nicht die guter Art.
Seltsamerweise machte sie diese Aussage auch nicht ruhiger. "Lass mich in Ruhe, du Arschloch."
Er packte sie plötzlich an der Hüfte und hob sie hoch. Ihre Sachen fielen auf den Boden, als er sie um die Ecke trug, hinein in eine dunkle Gasse. Seine Armen klemmten ihre Hände ein und ihre Tritte verliefen ins Leere.
"Lass mich runter. Hey, du-." Seine Hand legte sich über ihren Mund, ihre Schläge waren zu schwach, als das sie etwas ausrichteten.
Seine freie Hand strich ihr die nassen Haare zurück, seine Lippen küssten ihren Hals.
"Schön, dass du schon angefangen hast dich auszuziehen", murmelte er, seine Hand an ihrer nackten Taille.
Keira Gedanken schweiften ab. Sie sah sich an einem metallen Tisch sitzen, eine Decke über ihren nackten Schultern. Vor ihr saßen zwei männliche Polizisten, die ihr zu dem Ereignis Fragen stellten. Besser gesagt, ihre Vorstellungen preisgaben.
Warum haben sie sich nicht mehr gewehrt?
Wieso haben sie nicht um Hilfe geschrien?
Sie hätten eben nicht so viel trinken dürfen.
Mit ihrer Freizügigkeit haben sie es herausgefordert.
Warum waren sie auch alleine unterwegs?
Sie sah es so real vor sich und hörte ihre vorwurfsvollen Stimmen, die sie nicht ernst nahmen und verurteilten.
Und als seine Hand zu ihrer Mitte führte, konnte sie nur noch lachen. Sie konnte es gar nicht kontrollieren, es platzte einfach aus ihr heraus.
Der Alkohol, der Regen, der Mann vor ihr und ihre Vorstellungskraft vereinten sich zu einen Nervenzusammenbruch, der es ihr unmöglich machte mit dem Lachen aufzuhören.
Morgen geht der Unterricht wieder los, also hier ist noch ein Kapitel für euch, solange ich noch Lust dazu habe. Ich sehe gerne Kommentare und Sternchen.
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dann hole mich doch
Детектив / ТриллерKeira spürte ihn um sich herum wie die Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Sie wusste, er war da und ließ sie nicht aus den Augen. Doch sie suchte nicht nach ihm. Da sie nicht wusste, wie er aussah oder seine Stimme kannte, brachte das sowieso nichts. Si...