Kontrollverlust

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Remy

Was fanden die Leute nur an Clubs? Es war viel zu überfüllt und die Musik tat einfach nur weh. Keine Seele und vermutlich nicht mal eine Stunde Arbeit lagen in diesen Songs, die auf und ab gespielt wurden und alle gleich klangen. 

Er hielt seit Ewigkeiten ein Bier in der Hand von dem er nur zwei Schlucke getrunken hatte. Einerseits mochte er den Geschmack nicht, anderseits war er mit dem Auto hergekommen. Für alle Fälle. 

Keira stand mitten in der Menge. Sie tanzte mit ihren Freundinnen und mit ein paar Männern, aber niemand erweckte ihre Aufmerksamkeit. Alles was sie tat, war tanzen und trinken. Er konnte ihr dabei zu sehen, wie ihr Blick immer verschwommener wurde und ihre Bewegungen schwerfälliger. 

Am liebsten würde er sie von der Tanzfläche ziehen und nach Hause fahren. Er mochte es überhaupt nicht, wenn sie so viel trank ohne auf sich aufzupassen. Die Welt war voller böser Menschen und sie konnte nicht immer stark sein. Besonders nicht mit so viel Gin Tonic im Körper. 

Remy saß am Ende der Bar. Von hier hatte er einen guten Überblick und fiel nicht besonders auf. Dennoch sprachen ihn öfter Frauen an, die dank der alkoholischen Drinks den Mut aufbrachten ihn anzusprechen.

Flirten im Club war allgemein recht peinlich, aber Frauen waren da wirklich noch schlimmer. Je mehr sie versuchten sexy zu sein, desto weniger waren sie es. 

Als eine Blondine vor ihm stand und etwas von Sternen und Meteoriten redete, war er für einige Sekunden von ihrer lallenden Dummheit abgelenkt. Als sein Blick wieder auf die Tanzfläche flog, war Keira weg. Seine Augen suchten die Menge nach ihr ab, aber sie schien nicht mehr da zu sein. 

Vivien saß noch immer knutschend mit diesem Typen ein paar Plätze von ihm und Sam war von der Toilette nicht wiedergekommen. War Keira dorthin gegangen? 

Scheiße. Er hatte ein ungutes Gefühl. 

Wütend stieß er die blonde Tussi, die ihn noch immer volllaberte zur Seite und interessierte sich nicht für die Folgen. Er hörte, wie Gläser zu Boden fielen, aber er war schon längst in der Menge, ehe ihn jemand aufhalten konnte. 

Keira tauchte nirgends auf. 

Remy schloss kurz die Augen und konzentrierte sich auf seinen Instinkt. Wie bescheuert es auch klang, aber wenn er seine Gedanken ausschaltete und er einfach nur auf sein Inneres hörte, fand er immer wieder zu Keira. Es war seltsam und nicht zu erklären, aber trotzdem real. Sie war der Norden auf dem Kompass. Egal was er tat, sein Weg führte ihn zu ihr. Alles war auf sie ausgerichtet. 

So verließ er den Club durch die tanzende Masse und stand draußen im Regen. Es schüttete ziemlich doll und kühlte ihn sofort ab. In diesem Industriegebiet war nichts, nur Dunkelheit und viele Ecken in denen sich Männer verstecken konnten. 

Suchend lief er die Straße nach links runter und hoffte, dass sie vor ihm auftauchte, gesund und nach einem Taxi rufend. 

Nach einigen Metern sah er etwas am Rande des Weges aufleuchten.  Verdammte Scheiße. Er bückte sich. Wieso lagen hier ihr Handy und die Hälfte ihrer Kleidung? Er steckte gerade ihr Handy in seine Hosentasche, als er ihr Lachen hörte. Es war aber nicht ihr normales Lachen, es klang zu theatralisch, zu laut.

Remy rannte um die Ecke, die in eine Gasse führte und sah gerade noch, wie ein Mann Keira schlug. Sie fiel zu Boden und blieb liegen. Bewegungslos. Lautlos. Der Regen prasselte auf sie herab und der Mann machte sich unbeholfen an seinem Gürtel zu schaffen, beugte sich über sie. 

Die Kontrolle, die sein Leben formte, fiel augenblicklich von ihm ab. Seine Wut war so groß, dass er keine Sekunde verlor. 

Mit ein paar Schritten war er bei ihm, riss ihn an seinem Kragen zurück und prügelte auf ihn ein. Seine Tritte trafen in seine Magengrube, seine Faustschläge zielten auf Kiefer und Nase. Er hörte einen Knochen brechen, als er ihn den Arm verdrehte und seine Schreie. Der Bastard hatte keine Chance sich zu verteidigen, aber Remy war das egal. Für sein Vorhaben hatte er mehr als den Tod verdient. 

Nur langsam beruhigte er sich. Erst als seine Hände weh taten und deutliche Spuren aufwiesen, der Typ schon bewusstlos war, hörte er auf. 

Remy atmete einmal tief durch, dann kniete er sich vor Keira. Sie war noch immer bewusstlos und ihr ganzes Haar war durchnässt, Tropfen liefen ihr Gesicht herab. Sie hatte eine kleine Wunde an der Schläfe. 

„Keira. Keira!" Er hob ihren Kopf auf seinen Schoß und streichelte ihre Wange. Sie trug nur ihren schwarzen BH und die Jeans, ihr Unterarm und ihre linke Handfläche waren aufgeschürft. Er rüttelte leicht an ihren Schultern, aber sie reagierte nicht. Vorsichtig strich er ihr das nasse Haar aus dem Gesicht. Das Blut vermischte sich mit dem Regen und floss über ihre Haare auf den Boden. 

So nah war er ihr lange nicht gewesen, aber er wünschte, es wären andere Umstände, in denen er diese Möglichkeit hatte. 

"Alles wird gut, Liebes. Alles wird gut."

Kurz sah er zu dem Bastard herüber, der immer noch bewusstlos am Boden lag. Die Entscheidung war klar. Das Arschloch würde leiden. Er würde sterben, qualvoll, für das, was er ihr antun wollte. 

Sein Auto stand nur ein paar Schritte von hier, da hatte er Glück. 

Vorsichtig hob er Keira auf seine Arme. Sie war noch leichter, als sie aussah und wirkte so klein.  Remy trug sie zu seinem Auto hinüber und öffnete die Beifahrertür. Er setzte sie ab und schlug leise die Tür zu, ehe er schnell zurück lief. Er warf sich den Typen über die Schulter. Remy sah sich genau um, aber niemand war zu sehen. Der Mann landete also kurzerhand im Kofferraum. Nochmal ging er zurück, sammelte all ihre Sachen ein und setzte sich ebenfalls ins Auto. 

Er schaltete die Heizung ein und zog seine Jacke vom Rücksicht, um sie ihr über den halbnackten Oberkörper zu legen, nachdem er sie angeschnallt hatte. Sie zitterte etwas, aber es legte sich, je wärmer es wurde. Seine Hand strich über ihren Oberschenkel, während er überlegte. 

Wie lange würde der Typ bewusstlos sein? Remy konnte nicht zuerst Keira nach Hause bringen, wenn das Arschloch wach werden würde und im Kofferraum Alarm machte, war es vorbei. 

Allerdings durfte Keira auch nichts von seinem Haus wissen. Das war zu früh. Allein lassen wollte er sie auch nicht lange. Ihrem Alkoholpegel und dem Schlag nach zu urteilen, war sie noch eine Weile im Reich der Träume. Ihn jedoch konnte er nicht einschätzen. Er hatte ihn definitiv ordentlich verprügelt, aber er konnte dennoch aufwachen und um Hilfe rufen. 

Bevor er noch mehr Zeit mit Überlegen verlor, traf er eine Entscheidung. Zuerst würde er ihn wegbringen, dann Keira zu sich in die Wohnung bringen und versorgen. 

Von hier war es nur etwa eine halbe Stunde zum Haus. Solange würde sie wohl noch schlafen. 

"Alles wird gut", murmelte er noch einmal und küsste ihre Stirn. Dann fuhr er los. 


So schnell ein neues Kapitel, ich habe wohl einen Lauf. Und wer braucht schon Schlaf? Wie immer: Kommentare, Tipps, Stalker und Sternchen erwünscht ;)


dann hole mich dochWo Geschichten leben. Entdecke jetzt