Jetzt oder nie, jede Skunde zählt *abgebrochen*

Kapitel 5

Am nächsten Morgen weckte mich meine Mutter. Aufstehen! rief sie. Verstand sie nicht, dass ich nicht aufstehen wollte, dass ich ohne ihn am liebsten nie wieder aufstehen würde. Doch dann durchzuckte mich ein eiskalter Schreck, als mir einfiel, welcher Tag heute war. Donnerstag, heute war seine Beerdigung. Schon der Gedanke daran ließ mich zu einer Tränenpfütze werden. Das konnte einfach nicht sein. Mit 15 hat man doch sein ganzes Leben noch vor sich. Man sollte Pläne schmieden, sich verlieben und sich über sinnlose Dinge, wie Frisuren, den Kopf zerbrechen, aber ganz sicher nicht zur Beerdigung des eigenen Freundes gehen. Das war doch wie in einem schlechten Film. Plötzlich kochte Wut in mir hoch. WARUM musste das mir passieren, ausgerechnet mir? Es hätte doch jedes andere Mädchen treffen können, doch warum ausgerechnet mich? Ich schnellte aus dem Bett und trat mit voller Wucht gegen meinen Schreibtischstuhl. Das brachte natürlich nichts. Nur ein pochender Schmerz durchzuckte meine Zehen. Doch meine Wut verflog so schnell, wie sie gekommen war und hinterließ die mir schon erschreckend vertraute Leere, die mich schon seit Kilians Tod wie eine undurchdringbare Hülle umgab.

Resigniert zog ich mich schließlich an, trat aus meinem Zimmer, zog die Tür hinter mir zu und schlurfte die Treppe zum Esszimmer hinunter. Dort saßen schon meine Eltern und mein kleiner Bruder, der einmal keinen Spruch über mein morgendliches Aussehen von sich gab, was mich überraschte, denn normalerweise hatte er für jede Situation einen mehr oder weniger bescheuerten Spruch auf Lager. Ich setzte mich auf meinen Stuhl und begann mein Brötchen zu schmieren, während ich kraftlos das Guten Morgen! meines Vaters erwiderte. Ich war von mir selbst erschrocken. War das wirklich ich, die so kraft- und antriebslos war? Ich, die sonst nie um ein Wort verlegen war. Ich, die normalerweise immer einen flotten Spruch auf den Lippen hatte. Doch normal war seit drei Tagen sowieso nichts mehr.