Kapitel 4: Feindesliebe

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Mittlerweile war der frühe Abend eingekehrt. Paweł bemerkte, dass sie Nikolaj vorhin im Druck der Zeit auf die Bettseite, wenn man es denn so betiteln konnte, gelegt hatten. Dass er sich also nicht unnötig bewegen musste, baute Paweł das Bett neben Richard in die andere Richtung mit zwei weiteren Decken, eine für den Boden, eine für sich selbst, weiter aus. Richard würde in der Mitte jetzt zwischen Nikolaj und Paweł schlafen, welcher hoffte, dass dies kein weiteres Problem darstellen würde.
Nicht zu langsam stellte Paweł aus einigen Lebensmitteln einige Gerichte her, wobei wohl der gekochte Reis, den er bei minimaler Flamme hatte bereiten müssen, die meiste Zeit auf sich nahm.
Drei Schalen befüllte er mit Reis, hinzu gab er Kräuter und Rind. In der Mitte der Schalen, zum späteren Nachtisch, stand Knäckebrot mit Honig bereit und für Wasser war ebenfalls besorgt.
Bevor sie jedoch gemeinsam aßen, betete der Pole.
Jetzt griffen sie getrost zu und Paweł hoffte, es würde ihren neuen Kumpanen hier stärken.

~Nikolaj

Das Essen schmeckte dem jungen Offizier unheimlich gut und er merkte immer mehr, wie viel Glück er doch hatte, hier gelandet zu sein. Natürlich war er sich aufgrund des Deutschen ein wenig unsicher, doch was half's, er müsste so oder so mit ihm hier bleiben und wenn er ganz ehrlich mit sich war, dann gefiel es ihm besser, als weiter im Krieg zu kämpfen.

~Zeitsprung

Es waren nun schon vier Tage vergangen, dem Offizier ging es weitaus besser und auch sein Verhalten Richard und Paweł gegenüber, glich langsam einer Freundschaft. Natürlich zeigte er nicht so offensichtlich das er sich unglaublich wohl bei den beiden fühlte, doch man sah ihm an, dass er nicht vollkommen abgeneigt war.

Egal, wie oft und wie versucht lautlos sich Nikolaj in seinem Gemach drehte, neu positionierte, das Kissen neu aufplusterte oder die Gedanken in andere Richtungen schweifen ließ; es war zwecklos. Er konnte nicht schlafen, nicht so. Was ließ sich unternehmen?? So lange nächtlichen Sport treiben, bis ihm die Augen zu fielen? Damit würde er entweder den Kleinen, den Deutschen und im schlimmsten Falle gleich beide aufwecken. Satt fressen, bis er in die Federn fiel? Eine Verschwendung ihrer Lebensmittel.
Die geröteten Augen blieben an den Handtüchern hängen. Weiß leuchteten sie im flackernden Licht der Öllampen auf dem Boden. Ein kaltes Bad an der Quelle... die Idee war gar nicht so schlecht. So leise wie es nur ging, denn unter keinen Umständen sollte jemand wach werden, stahl er sich auf dem Bett. Ärger gäbe es vom Deutschen, wenn er Paweł aufwecke und bestimmt auch, wenn er den Deutschen an sich weckte. Mittlerweile verstanden sie sich. Sie tolerierten sich jedenfalls, aber Nikolaj kam es vor, als würde er mehr „befreundet" spielen als es Richard tat... solange er ihn aber nicht stören würde, würde sich das nicht zwingend zum Negativen wenden; Leise sein war hier der Schlüssel.
Mit Paweł verstand er sich nicht schlecht... manchmal sangen die beiden ein russisches Lied zusammen oder ihnen fiel ein Witz ein.
Nikolaj ging auf Zehenspitzen die Gänge hinab und erreichte den Teil des Kellers, aus dem die Quelle entsprang. Hier legte er mit seinem Handtuch seine Kleidung ab, das Stück Seife, das er sei seiner Ankunft zugewiesen bekommen hatte, ruhte auf einem Stein am Rand des Beckens.
Ohne Probleme stieg er in das kalte Wasser hinein und pfiff die Melodie des Volksliedes Casatchok, da ihm gerade so danach war. Er tauchte kurz den Kopf ganz Unterwasser, setzte dann die Seife am Schlüsselbein an und wusch sich gründlich.

Richard hatte mit geschlossenen Augen dagelegen, doch schlief er nicht und wurde aus seinem Ruhezustand gerissen, als der Offizier neben ihm aufstand und aus dem Raum verschwand. Schnell stand auch Richard auf und lief ihm leise hinterher bis zur Quelle, da Nikolaj ihn in der Dunkelheit sowieso nicht sehen konnte.
Er beobachtete den Jüngeren nun, wie er sich auszog, in das kalte Becken stieg und langsam begann, sich zu waschen.
Leise trat er dann in den Raum, so dass Nikolaj ihn ziemlich offensichtlich sehen konnte, doch das war Teil seines Plans. Elegant bewegte er sich auf den Russen zu, stellte sich hinter ihn und flüsterte ihm ins Ohr; „Добрый вечер [Guten Abend]."
Sanft strich er ihm über die Schultern, neigte den Kopf so, als würde er zu einem Kuss ansetzen, doch stoppte wenige Millimeter vor Nikolajs Lippen, grinste und bewegte den Kopf wieder ein Stückchen zurück.
„Ganz allein hier also, da kann ein bisschen Gesellschaft doch nicht schaden oder, so zu später Stunde?"

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 13, 2020 ⏰

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