Gebrochen

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Callan:

Ich habe mich oft, entsetzlich oft gefragt, was Row tun müsste, um mich endgültig und völlig zu brechen. Um die Kälte zu brechen. Aber jetzt es ist das erste Mal, das ich die Antwort weiß, weil sie sie mir in dieser Sekunde einfach mitten ins Gesicht sagt.
Sie sagt mir, dass sie mich liebt.

Sie hat das noch nie getan, dafür hat das Arschloch in mir gesorgt. Es hat sie dazu gebracht, heimlich zu weinen, mir nicht zu zeigen, wenn ich sie verletzt habe. Es bringt sie dazu, mich zu fürchten, wenn sie mir „Ärger" macht. Es bringt sie dazu, so viele Dinge zu tun, die der echte Callan so nie zulassen sollte. Aber es bringt sie auch dazu, nicht in Verbindung mit den Gefühlen zu gelangen, die ich für sie habe.
Ihre Augen blicken das Stück zu mir auf, das ich größer bin als sie.
»Ich liebe dich so«, wiederholt sie einfach wieder. Als wäre es so einfach. Als könnte sie es so ehrlich sagen. »Aber du... «, ihr Kopf schüttelt sich, »... hasst mich.«

Ihre Worte brechen mir das Herz. Sie brechen es. Und sie brechen hochhaus die verdammte Kälte. Ich versuche mich vorerst gefasst zu geben und zuerst auf ihre Verletzung zu konzentrieren, und bleibe ihr die Antwort schuldig - mit so vielem mehr.
»Lass mich deine Wunde sehen, okay?« Ich lege die Finger vorsichtig an ihr Kinn und drehe es endlich so, dass ich ihren Kopf begutachten kann. Sie lässt es widerstandslos mit sich machen. Als würde sie glauben, diese Frage wäre meine Antwort. Als würde sie glauben, ich habe ihre Worte damit bestätigt.
Als ich sehe, wie stark ihre Wunde blutet, fährt mir der Schreck in die Knochen. Es ist unfassbar, wie verletzlich sie mich macht. Wie empfindlich ich bin, wie leicht ich getroffen werden kann, sobald es um sie geht.
»Bist du gefallen?«, hake ich nach und ziehe die Hand von ihrem Gesicht zurück. Sie verbleibt schweigend. Reaktionslos. Ihr Zustand macht mir nach wie vor Angst, und ich schaffe es nicht, gerade irgendwoher Kraft zu nehmen, um den Glauben an Besserung zu behalten.
»Lass mich dich verarzten, ja?« Ich warte auf Zustimmung, erhalte aber keine.
Rowan sieht so... verstorben aus. Am schlimmsten sind ihre Augen. Ihre wunderschönen braunen Augen, die so trüb und glasig sind.
»Fick dich«, flüstert sie, die Lider senken sich. Sie verliert an Körperspannung und wird schwerer in meinen Armen. Ich kann ihr die Worte nicht im geringsten verübeln. Was ich hier vor mir habe, vor mir sehe, ist meine Schuld. Ich bin der Grund. Ich bin verantwortlich.
Panik steigt in mir auf. Ich versuche, Rowan wieder aufzurichten, aber ihre Muskeln tun ihren Job nicht mehr.
Mit dröhnendem Herzschlag lehe ich sie halb gegen die Arbeitsfläche und versuche ihr Gesicht anzusehen, aber es fällt entweder zur Seite oder nach hinten. Der Albtraum wird Realität. Wahrheit.



Ich erinnere mich gar nicht mehr an meine Stimme, als ich damals den Krankenwagen rief.

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