Kapitel 2

292 9 0
                                    

Ich sah auf meine Armbanduhr. 15:13 Uhr. Ich war etwas zu früh dran gewesen und saß nun schon fast eine halbe Stunde hier. Ich bereute es nur die dünne Jacke anzuziehen, denn ich fror. Ich rieb mir meine Hände und setzte in Gedanken ein Limit von einer weiteren Viertelstunde die ich noch auf Marc warten würde.

Unpünktlichkeit konnte ich nicht leiden. So gar nicht, aber da wir uns unter nicht ganz normalen Umständen kennengelernt hatte beschloss ich ihm eine längere Gnadenfrist zu geben als normalerweise. Diese Gnadenfrist brauchte er, aber gar nicht. Nur fünf Minuten später trat er aus dem Krankenhaus.

"18 Minuten!", sagte ich nur und zeigte auf meine Armbanduhr. "Entschuldigung. Ich wurde aufgehalten. Erkläre ich dir gleich, wenn du willst." Ich nickte. "Dir ist kalt.", stellte er mit einen Blick fest und noch bevor ich irgendetwas sagen konnte hatte er schon seine Jacke ausgezogen und über mich gelegt. Mir wurde sofort wärmer. Sie roch nach ihm und ich kuschelte mich in sie hinein. "Ins Café?", fragte ich und er nickte.

Wir machten uns zum zweiten Mal auf den Weg. Ich gab ihm schließlich seine Jacke wieder, da es im Café natürlich wärmer war. "Wie geht es deinen Bruder?", fragte ich ihn schließlich. Er nickte. "Gut. Die Operation ist gut gelaufen und wahrscheinlich wird sein Bein wieder voll funktionsfähig. Die Ärzte meinten es würde ein paar Monate dauern bis er wieder mit dem Training anfangen könnte. Wenn alles gut läuft ist er bis März wieder fit." Marc hatte wieder ein Lächeln auf den Lippen.

"Schau her. Alles gut gegangen. Ich habe gestern meine Schwester angerufen.", erwiderte ich und Marc sah überrascht auf. Er machte gerade den Mund auf als die Kellnerin kam. Wir bestellten und dann fuhr Marc fort. "Wo waren wir? Ach ja, deine Schwester. Wie ist es gelaufen?", fragte er. Ich hatte das Gefühl er schien sich ernsthaft zu freuen, dass ich sie angerufen hatte.

"Zuerst war es komisch. Wir haben uns seit dem Unfall nicht mehr wirklich gesprochen, aber das Gespräch ist sehr schnell aufgetaut. Am Ende haben wir fast drei Stunden telefoniert. Wir haben vieles wieder aufgeholt. Sie schien sich wirklich zu freuen. Ich weiß nicht. Als ich von der Beziehung von dir und deinem Bruder gehört habe, musste ich mich einfach bei ihr melden." Marc fing wieder an zu grinsen, wie er es so oft tat. "Das freut mich ehrlich."

Er steckte mich regelrecht mit seinem Grinsen an. "Tatsächlich wollte sie sich ebenfalls bei mir melden. Sie hatte nämlich große Neuigkeiten." Ich stoppte kurz. Es war komisch einem praktisch Fremdem so viel von meinem Leben zu erzählen. "Jetzt spann mich nicht auf die Folter. Was hat sie dir erzählt?", drängte Marc mich weiter zu reden. Tatsächlich erzählte ich es ihm danach sogar noch lieber, weil ich das Gefühl hatte, dass es ihn wirklich interessierte.

"Ich werde Tante. Meine Schwester ist schwanger. Das Schönste war aber, dass sie mich sofort gefragt hat ob ich Taufpatin werden möchte. Das hätte ich niemals erwartet. Wie gesagt wir haben uns auseinander gelebt und nicht mehr viel gesprochen. Sie sagte aber, dass es nie ihre Absicht war sich von mir zu entfremden und sie schon immer wollte, dass ich die Patin ihrer Kinder werde." Ich konnte nicht aufhören zu Grinsen während ich erzählte. Marc ebenfalls nicht. Er schien genauso glücklich über diese Neuigkeiten zu sein wie ich.

"Geschwisterliebe geht eben doch über alles. Vielleicht ist das der Anfang, dass ihr euch wieder näher kommt.", sagte er. Ich nickte. "Mit Sicherheit. So eng wie du und dein Bruder werden wir sicher nicht mehr, aber ein etwas besseres Verhältnis würde mir ja schon reichen.", erwiderte ich. "Apropos Bruder. Du hast noch nicht besonders viel erzählt. Was hat er gesagt?"

"Er war froh, dass ich bei ihm war. Immerhin habe ich alles stehen und liegen gelassen. Ich habe ihm auch von unserer Begegnung erzählt. Nun ja er würde dich gerne kennen lernen. Du hast mir gestern wirklich geholfen. Ohne dich wäre ich wohl vor Ungewissheit geplatzt. Gerade sind unsere Eltern angekommen. Mum hat sich natürlich Sorgen ohne Ende gemacht und ihn ermahnt besser aufzupassen. Deshalb war ich auch etwas zu spät, weil ich noch auf unsere Eltern gewartet habe. Was für einen Unfall hattest du? Würdest du mir davon erzählen? Wenn du nicht willst, dann musst du nicht. Ich meine wir kennen uns seit zwei Tagen. "

racing against deathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt