Eine Schleife für Lucas

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Kapitel 14


Fünfzehnjahre Später
Saddest
„Nein Julie, hör auf Lucas an den Haaren zu ziehen!", schimpfte Saddest ein weiteres Mal, doch das fünfjährige Mädchen mit dem blonden Haar und dem ernsten Gemüt, war es als Einzelkind nicht gewohnt zu teilen und schien es auch nicht zu wollen. Selbst unter dem Weihnachtsbaum nicht
„Mein Sohn wird das schon verkraften, Sienna tut das ständig", sagte Sin und legte sich die Decke enger um die Schultern, während im Kamin das Feuer prasselte. Saddest bezweifelte nicht, dass Lucas das verkraften konnte. Er war zwei Jahre älter als Saddest einzige Tochter aber Julie musste ihre Grenzen kennen.„Ich habe das Gefühl etwas falsch gemacht zu haben, sie ist erst drei, ja. Aber sie kommt so schlecht mit anderen Kindern aus, wenn ich doch nur endlich noch mal schwanger werden würde dann..."
„Saddest! Du setzt dich viel zu sehr unter Druck!", meinte Sin und reichte ihr eine Schüssel mit Plätzchen die Callahan zusammen mit seinem ältesten Sohn gebacken hatte. Die beiden waren immer noch dabei durch die Küche zu huschen und ein Blech nach dem anderen in den Ofen zu schieben. Saddest konnte nicht einmal sagen wie es gekommen war, dass sie und ihre Brüder sich so eng mit den Nolans angefreundet haben aber irgendwie war es passiert und seit Julies Geburt waren sie so oft zu Besuch wie es nur möglich war.
„Das ist leicht gesagt, wenn man bereits das vierte Kind unter dem Herzen trägt", meinte Saddest und wollte dabei nicht so neidisch klingen wie es herüberkam. Sin aber grinste breit, strich sich über den Babybauch und nahm ihrer Freundin die Schüssel wieder ab.
„Das wird schon. Du hast ein Mädchen zur Welt gebracht, das ist doch schon mehr wert als anderes, die Familie ist gesichert.", meinte sie ganz entspannt und lehnte sich etwas vor um einen Blick auf ihre eigene Tochter zu werfen. Sienna war wie ihr Zwillingsbruder Lucas fünf, hing aber die ganze Zeit an dem Rockzipfel ihres großen Bruders William, der mit seinen dreizehn Jahren schon ein richtiger kleiner Mann war und zweifellos die Schönheit seiner Mutter geerbt hatte mit den wilden blonden Locken und den dunklen Augen.„Ich würde so gerne noch mehr Kinder haben", sagte sie träumerisch und sah dann wieder zu Julie die immer noch Spaß dabei hatte Lucas an den Haaren zu ziehen und dabei versuchte an das Geschenkpapier zu kommen, das die Kinder gemeinsam auf den Boden verteilt hatten.
„Das wird schon noch. Hör auf an dir zu zweifeln, das hat dir schon zu Julies Schwangerschaft nicht gutgetan", meinte Sin wieder. Saddest konnte ihr da nicht widersprechen und lehnte sich in der Couch zurück und versuchte den Rat zu befolgen. Es waren die Nolans gewesen, die ihr einen seriösen Kontakt vermittelt hatten, damit sich im Gegensatz zu ihrer eigenen DNA keine Fehler in den Erbanlagen ihrer Tochter befinden würden. Zwar war es kein Geheimnis, dass Saddest krank gewesen war und ihre Genetik nicht so perfekt wie sie sein sollte, aber es durfte immer noch nicht ans Licht kommen, das sie eine geborene Lovwell war, also war es schwer gewesen Ärzte zu finden, denen sie vertrauen konnten. Schließlich würden diese Ärzte das anhand ihrer DNA sehen.Mittlerweile wussten nur die Nolans von diesem kleinen Geheimnis und hüteten dieses seit mehr als zehn Jahren. Saddest war dankbar für die Freundschaft die mittlerweile zwischen ihren Familien entstanden war und war froh das Julie durch diese Kontakt zu gleichaltrigen bekam, denn sie tat sich ähnlich schwer mit Gefühlen wie Kieran.
„Ich weiß", seufzte Saddest ergeben und Sin verfiel in ein helles lachen, als Julie es geschafft hatte eine Schleife in Lucas Haare zu kleben, was der fünfjährige gar nicht lustig fand.
„Oh, Baby, Komm her ich mach sie dir raus", meinte sie immer noch kichernd und ihr Sohn flog regelrecht in ihren Schoß während er Julie böse Blicke zuwarf, die gar nicht verstand, was sie falsch gemacht hatte.
„War Julie böse?", fragte die dreijährige irritiert und sah ihre Mutter ratsuchend aus großen blaugrünen Augen an. Sie war nicht vorsätzlich gemein, verstand nur ihre Grenzen nicht und Saddest, die selbst keine gute Erziehung genossen hatte, hatte keine Ahnung wie sie ihr das beibringen sollte. Ohne Kieran, der ihr erklärte was in seiner Tochter höchstwahrscheinlich vorging, wäre sie geradezu hilflos.
„Nicht alle mögen Schleifen so sehr wie du, Julie und Lucas gehört dazu, aber natürlich ist er dir deswegen nicht böse. Nicht wahr Lucas?" fragte Sin etwas strenger zum Ende hin und rette damit Saddest vor der Antwort, die sie nicht geben konnte. Gott, sie war eine furchtbare Mutter. Sin wusste immer was sie sagen musste und Saddest versagte schon bei Kleinigkeiten. Es war so frustrierend. Etwas verzweifelt nahm sie Julie in die Arme als diese zu ihr gelaufen kam und die ganze Zeit Lucas ansah, der immer noch wütend zu sein schien.
„Ja", murmelte der Junge deutlich widerwillig und befreite sich von seiner Mutter um zu Sienna zu gehen. Aber bevor der seine Schwester erreichte fing Hawke ihn ab und setzte sich mit ihm auf dem Arm direkt neben seine schwangere Partnerin. „Du willst doch nicht schon wieder Sienna entführen oder mein Sohn?", fragte Hawke etwas streng und der Junge blickte schuldbewusst drein.
„Sie ist immer bei Will", meinte er nur und Julie bewegte sich in Saddest Armen und streckte ihre kleine Hand nach dem Jungen aus. Sin beobachtete das und sah dann vielsagend zu Saddest, die aber nicht verstand was ihr diese Blicke sagen sollten.
„Sie kommt zu dir, wenn sie das möchte, Lucas, nicht anders aber ich glaube, Julie würde gerne mit dir spielen", versuchte Hawke seinen Sohn zu besänftigen doch der schüttelte den Kopf.
„Sie macht mir Schleifen in die Haare", murmelte er vorwurfsvoll und lehnte sich an seinen Vater um weiterhin Sienna und William zu beobachten während Julie die Hand sinken ließ und sich an Saddest klammerte. Sie suchte Trost, nicht mit Worten auch nicht mit Tränen, so war Julie nicht und würde sie nie sein aber Saddest spürte die Trauer ihrer Tochter und betete inständig, dass die Vernarrtheit einer dreijährigen nicht lange anhalten möge. Denn egal wie sehr sie es versuchen würde, vor einem gebrochen Herzen konnte Saddest ihr Kind nicht beschützen und sie hoffte, dass dies nie notwendig sein wird. 


Beta: Geany

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