Sienna und William - Teil 3

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Türchen 20


Sienna


Sie liebte Williams Geschmack und egal wie wütend sie gerade noch gewesen war, wie sehr seine Ablehnung sie verletzt hatte und wie viel Angst sie um die Beziehung zu ihrem Bruder gehabt hatte, in dem Moment, als sie sich ihm entgegenstreckte und mit ihren Lippen seine berührte, war alles vergessen.
William war zunächst etwas steif, die Auseinandersetzung mit ihr hing ihm noch etwas nach, das spürte sie sofort, aber das war in Ordnung. Als sie ihre Lippen löste lächelte er sie an und damit schien alles wieder in Ordnung zu sein. Am liebsten hätte sie ihn noch einmal geküsst aber William zog sich zurück und strich ihr mit den Fingern besänftigend über die Wange.
"Wir sollten wieder runtergehen, sonst steht gleich einer unserer Dads vor der Tür und muss mich von dir runterziehen", grinste er, aber seine Worte waren ernst. Er hatte nicht ganz unrecht. Ihre Väter hatten immer einen warnenden Blick auf sie beide gehabt und für jeden Kuss, jeden Versuch mehr passieren zu lassen, war ein Ausmaß an Heimlichtuerei nötig, welches sie momentan nicht aufbringen konnten. Dennoch schüttelte sie den Kopf.
"Willst du wirklich runter?", fragte sie mit einem Schmollmund dem er selten widerstehen konnte. Wie immer wurden seine blauen Augen eine Spur dunkler und sie erkannte eine Besitzgier darin, die in der Gesellschaft nicht gerne gesehen wurde. Aber sie spielte gerne mit diesem Feuer.
"Ich werde jetzt nicht mit dir schlafen, Sienna", grinste William wissend und das Funkeln in seinen Augen war dabei so intensiv, dass Sienna dahin schmelzen wollte. Sie wusste natürlich schon länger wie heiß ihr Bruder war, alleine die Art und Weise wie ihm die blonden Strähnen vom Kopf abstanden, machten ihn unwiderstehlich.
Sie legte ihre Hand an seine raue Wange, wo sich ein dunkler Bartschatten breit gemacht hatte, bevor sie beide Arme um seinen Hals schlang und ihn versuchte festzuhalten.
"Gestern warst du noch sauer, weil du auf den Sex verzichten musst", murmelte sie und William lachte wieder während er sich aufsetzte. Das er damit Sienna mit nach oben zog, weil sie sich weigerte ihn loszulassen, schien ihn kaum aus der Fassung zu bringen. Er mochte aussehen wie ihr Vater Callahan in seinen jungen Jahren, aber er hatte definitiv die Statur ihres Vater Hawke. Kein Wunder, dass sich die Anlagen bei den Geschwistern wild vermischt hatten, schließlich waren bereits ihre Eltern und ihre Großeltern Geschwister gewesen.
Ihr Bruder Lucas hatte es richtig wild erwischt, er hatte genau wie sie selbst dunkle Haare und fast schwarze Augen aber dazu war er schlank und trug einen eher grimmigen Gesichtsausdruck zur Schau, obwohl er eigentlich ein höchst gefühlvoller Mann war. Manchmal frustrierte selbst Sienna an den Gedankengängen ihres Zwillings.
"Jetzt klammer doch nicht so, Enna!", lachte William, nahm sie dann aber doch kurz entschlossen auf die Arme und trug sie aus ihrem Zimmer, weil er wusste, dass sie ja doch nicht loslassen würde.
"Selbst schuld, ich würde dich nicht so vermissen, wenn du mich nicht so vernachlässigen würdest!", meinte sie und nahm das Augenverdrehen ihres Bruders weiter belustigt zur Kenntnis, während er etwas kompliziert ihre Zimmertür öffnete und dabei fast in einen ihrer Väter hineinrannten.
"Habt ihr Lucas gesehen?", fragte Logan ohne darauf einzugehen, dass William seine Schwester im wahrsten des Wortes auf Händen trug.
"Nein"
"Nein."
Entfuhr es ihnen gleichzeitig. Logan nickte, warf ihnen beiden einen warnenden Blick zu und drehte sich dann um, während er etwas von >zumindest ein Bengel ist wieder bei Verstand< murmelte. Ihre Mutter hatte Sienna immer erzählt, dass Logan der entspannte ihrer Väter war aber das konnte sich Sienna fast nicht vorstellen. Sie empfand keinen ihrer Väter als entspannten Menschen, aber das konnte auch gut an ihr selbst liegen. Zusammen mit Lucas hatte sie ziemlich viel Blödsinn gebaut.

"Vielleicht sollten wir doch nicht runter. Ich glaube Lucas hat mit Julie wieder Blödsinn gebaut", sagte William und Sienna nickte nur und konnte sich auch etwas besseres Vorstellen als da unten zu sitzen während ihre Väter über Lucas schimpften.
"Manchmal ist er wirklich ein Idiot", meinte Sienna und sah William etwas beleidigt an, als dieser sie absetzte. Es war gerade so richtig angenehm gewesen.
"Zieh nicht immer gleich ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter, komm mit!", meinte er und schob Sienna in sein eigenes Zimmer als sie etwas aus dem Badezimmer hörten, was verdächtig nach Lucas klang, aber er schien nicht alleine zu sein.
"Du erdrückst mich!", hörten sie Julies Stimme und dann etwas flüsterndes, was Sienna sofort sicher als ihren Zwilling identifizierte. Sienna grinste breit und wollte zum Bad laufen, um ihren Bruder Inflagrantie zu erwischen, aber William hielt sie fest.
"Vergiss es, Sienna. Du kannst ihn später aufziehen!", meinte er bestimmt und schleppte sie hinter sich her.
"Manno!" murrte, sie war dann aber selbst froh mit ihrem Bruder alleine sein zu können. Naja zumindest so lange bis sie wieder Schritte auf dem Flur hörten und dann ein wütendes Hämmern an der Tür neben sich.
"Lucas! Was machst du da drinnen mit meiner Tochter?", fauchte eindeutig Kieran und dann hörten sie Saddest helles Lachen.
"Kieran, lass die Kinder in Ruhe!" mahnte sie, aber er schien da anderer Meinung zu sein.
"Logan, Callahan, Hawke, sorgt dafür, dass euer Bengel seine Finger von ihr lässt!", brüllte er weiter und dann war da noch die hohe Stimme von Julies Schwester Mina.
"Mama? Warum sind Lucas und Julie zusammen im Bad, was machen die da drinnen?" fragte sie und Sienna musste sich auf die Zunge beißen um nicht loszulachen. William sah eher panisch aus als belustigt.
"Was für ein Wahnsinn da draußen!", meinte William, zog sie mit sich auf die Matratze und drückte sie an sich als hätte er angst, dass einer der Väter da draußen auch auf die Idee kommen könnte sie beide zu unterbrechen.
"Kieran, lass meinen Jungen da raus! Er tut sicher nichts, war deine Tochter nicht will!", erkannte Sienna nun Hawkes stimme.
"Sie ist fünfzehn!", fuhr nun Lucan Hawke ein. Oh, Gott, keine gute Idee.
"Beruhigt euch jetzt alle mal!", versuchte Siennas Mutter zu schlichten und dann wieder Minas kleine Kinderstimme.
"Küssen sich Lucas und Julie, Mama?", fragte sie clever, wie sie eben war und brachte nun einen ihrer Väter damit ganz aus der Fassung.
"Was? Nein! Es wird nicht geküsst!"
"Beruhigt euch jetzt alle wieder! Kieran, Lucan runter jetzt! Bitte Sin, schick deine Männer auch nach unten!", bat Saddest mit einem leicht verzweifelten Unterton. Und dann folgten noch einige wirre Wortwechsel bis dann tatsächlich ein Haufen Erwachsener die Treppe herunterstampfte.
"Darf ich Jaime auch küssen?", fragte Mina.
"NEIN!", sagten Lucan oder Kieran gleichzeitig. Sienna verfiel wieder in ein Lachen, das von Williams Brust gedämpft wurde, als sie sich an ihn lehnte, wie sie es schon oft getan hatte. Auch sein Gesicht zierte ein leichtes Lächeln, dass seine wunderschönen blauen Augen betonte aber er fand es nicht ganz so amüsant wie sie selbst. Dabei war dieser Irrsinn da draußen wirklich unterhaltsam, von Jahr zu Jahr mehr.
"Was?", flüsterte sie ihm entgegen aber er schüttelte nur den Kopf, während er sie weiter zu sich zog, als er sich gegen das Kopfende lehnte.
"Doch irgendetwas ist, du bist selten so ernst", meinte sie und legte ihre Hand an seine Wange um ihm doch noch ein breiteres Lächeln zu entlocken. Doch anstatt das es sich ausbreitete, viel es ganz in sich zusammen.
"Ist es dir ernst gewesen?", fragte er sie dann und Sienna blinzelte kurz verwirrt, weil sie seinem Themenwechsel nicht folgen konnte.
"Womit?", fragte sie und William umfasste ihre Hand an seinem Gesicht und legte stattdessen die seine in ihren Nacken.
"Das ich dich nicht gehen lassen soll, wenn du angst bekommst", meinte er und seine Lippen streiften ihre. Sienna spürte wie der Funken Spannung, der schon immer zwischen ihnen existiert hatte, einmal mehr durch ihren Körper zuckte und ihren Puls beschleunigte. Sienna ließ sich weiter gegen ihn fallen, um ihr Verlangen nach dem angedeuteten Kuss zu stillen aber William hielt ihren Nacken weiter fest und verhinderte dies.
"Sag es, Sienna. Ich kann es nicht tun, wenn du es nicht sagst", forderte er, während seine Hand sich in ihrem Haar verwob. Sie biss sich selbst auf die Lippen und spürte wie dieses Prickeln zu einem Sturm wurde. Mitreißend, kraftvoll und unaufhaltsam. Und dennoch überkam sie wieder die Panik.
Was ist, wenn es nicht gut wird? Wenn es alles kaputt macht? Was ist, wenn es William langweilig mit ihr findet? Was, wenn sie ihn verliert? Was wenn es doch wehtun?
Sie erstarrte und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an und William legte seine Stirn an seine war aber nicht wütend auf sie. Nicht wirklich.
„Schon gut. Lass uns einfach den Abend genießen", sagte er und weil Sienna immer noch nichts dazu sagen konnte, nickte sie lediglich und lehnte sich an ihn. 

Beta: Geany

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