Kapitel 2

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Fallon Atlas Creed hasste viele Dinge und sie war sehr gut darin. Sie hasste mit einer Leidenschaft die die Meisten nichtmal zum Lieben aufbringen konnten. Sie hasste Morgens, Mittags und Abends aber am besten ließ es sich Nachts hassen; mit einer guten Flasche Wein am Kaminfeuer. Fallon hasste helles Licht und Parkhäuser und Touristenbusse. Sie hasste Leute mit Hüten und Leute mit kleinen Hunden. Und sie hasste es besonders an einem ihrer freien Donnerstagabende angeschossen zu werden.
Deshalb stieß sie auch eine bemerkenswerte Reihe von Flüchen aus während sie an der Tür vor ihr sturmklingelte. Normalerweise würde sie sich natürlich nicht dazu herablassen bei irgendjemandem Sturm zu klingeln doch sie hatte da nunmal dieses Loch in ihrem Bauch. Ein Loch dass sehr viel mehr Blut ausspuckte als ihr lieb war.
„Mach schon auf, du verfickter Bas-" Die Tür ging auf. Und dahinter stand nicht die altersgezeichnete Mrs. McMoore, sondern ein Mädchen dass nicht viel älter sein konnte als Fallon selbst.
Das Erste was ihr an ihr auffiel waren ihre merkürdigen Klamotten: Ein langes, rotes, kariertes (kariertes!) Kleid, darunter eine weiße Bluse und Oxfords die aussahen als existierten sie schon seit den 40gern.
Dann die Haare, so hellblond dass sie fast schon weiß waren; nur der dunklere Ansatz verriet dass es gefärbt sein musste.
Zuletzt sah Fallon ihr ins Gesicht. Es war ein sehr schönes Gesicht, allerdings auf eine altmodische, zurückhaltende Weise. Die Art von Schönheit die sich heimtückisch von hinten anschlich und einen dann im schlechtesten Augenblick überwältigte, mit diesen verdammt blauen Augen und roten Wangen.
„Scheiße." sagte Fallon.
„Hallo." sagte das Mädchen.
Die Beiden blinzelten sich gleichermaßen überrascht an. Als die Augen ihrer neuen Bekanntschaft zu Fallon's Bauch wanderten, der inzwischen ihr gutes Hemd über und über mit Blut besudelt hatte (Das hasste Fallon auch: Ruinierte Klamotten), erwartete sie einen Schrei oder wenigstens einen kleinen Schock. Das Einzige was sie jedoch bekam war ein Sacken der Schultern und ein müdes „Tja.". Das Mädchen machte Platz um sie hinein zu lassen.
„Dann hole ich wohl mal den Erste-Hilfe-Koffer.".
Fallon starrte ihr nach als sie nach hinten in den Laden trottete. Inzwischen war sie ja so einiges Gewöhnt wenn die Leute die Anführerin der Crows sahen, nur nicht diese seltsame Mischung aus Resignation und Gelassenheit.
Das Blut begann durch ihre Finger auf den Asphalt zu tropfen und sie begriff dass es wahrscheinlich gut wäre nun reinzugehen wenn diese Begegnung nicht mit ihrem baldigen Verbluten enden sollte. Obwohl Fallon ein Fan von dramatischen Auftritten war erkannte sie dass das ein ziemlicher Moodkiller wäre.
Der Buchladen hatte sich ziemlich verändert seitdem sie das letzte Mal bei Mrs. McMoore gewesen war. Es war, Fallon hasste das Wort, konnte es allerdings nicht anders beschreiben, gemütlich. Die Neonröhren an der Decke waren mit warm leuchtenden Pendellampen ersetzt worden, an allen freien Plätzen standen Sessel die so weich aussahen als könnte man in ihnen verloren gehen und auf den kleinen Beistelltischen standen Teller mit Keksen.
Fallon fühlte sich fast ein bisschen schlecht weil sie den Kirschholzboden mit ihren Blut beschmierte. Aber auch nur fast.
Sie versuchte sich so lässig wie es mit einer Schusswunde eben ging an den Tresen zu lehnen, da kam der weiße Haarschopf auch schon wieder zwischen den Bücherregalen auf sie zu.
„Du kannst dich ruhig hinsetzen, die Polster von dem hier-", sie deutete auf den Sessel neben sich „müssen eh morgen in die Reinigung.".
Während Fallon sich sehr viel weniger galant als geplant in die Kissen fallen ließ, hockte Nicht-Mrs. McMoore sich davor und öffnete einen riesigen Verbandskasten.
„Bist du mit der alten McMoore verwandt?"
Vielleicht war sie ja ihre Enkeltochter, obwohl sie ihr nicht sonderlich ähnlich sah. Fallon hasste es nicht zu wissen mit wem sie es zu tun hatte.
„Mh? Achso, nein. Die ist in Rente gegangen. Der Buchladen gehört jetzt mir, aber erst seit zwei Wochen. Ich bin hier drüber eingezogen. Sie hat schon gesagt dass so etwas passieren könnte.". Sie machte eine wage Geste in Richtung der blutigen Angelegenheit vor ihr.
Wie blöd musste man Bitteschön sein um freiwillig diesen Laden zu übernehmen? In Downfal? Fallon versuchte kurz sie für diese Hirnrissigkeit zu hassen, aber es wollte ihr nicht so ganz gelingen, dafür war diese Dummheit gleichzeitig zu mutig. Mit ein bisschen mehr Informationen würde der Hass bestimmt gleich kommen.
„Wie heißt du?"
„Avery. Avery Sutton. Freut mich deine Bekanntschaft zu machen.". Sie streckte ihre Hand aus und lächelte sie zum ersten mal an.
Ach, das war doch jetzt scheiße. Wie sollte man denn so ein Lächeln hassen? Ein Lächeln das Fallon an offene Bücher mit zerfledderten Seiten denken ließ; irgendwie zerstreut und ehrlich und... Grauenvoll charmant. Fallon hasste nur dass sie zurück lächeln wollte. Vor allem weil sie wusste dass ihr Lächeln überhaupt nicht so aussah. Ihres hatte immer einen grausamen Zug in den Mundwinkeln, ein Versprechen von Schmerz. Immer sarkastisch.
Also zog sie nur die Augenbrauen hoch als sie mit ihrer freien Hand Avery's ergriff.
„Fallon Creed. Die Freude ist ganz meinerseits."

Um neun in DownfalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt