Der Brief

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"Du schaffst das alleine, Lucy. Du bist talentiert, Lucy. Holly und ich treiben den anderen Geist aus, Lucy. George muss noch recherchieren, Lucy. Das hat er gesagt. Wir hätten es auch geschafft, alles zusammen zu machen! Und George meinte auch, dass er mir helfen könnte. Nur Lockwood hatte etwas dagegen. 'George muss noch soo viel nachschlagen. Sonst wird es gefährlich!' Das war ihm doch immer egal!" Wutschnaubend lief ich die Church Street entlang. Es war ein kalter Nachmittag, kurz nach Weihnachten. Obwohl es erst 15 Uhr war dämmerte es bereits und so war ich nur wenigen Menschen begegnet.

Die meisten saßen gemütlich in ihren Häusern bei Kerzenschein. Man sollte meinen, dass es auch Agenten erlaubt wäre, während der Weihnachtstage mal eine Auszeit zu nehmen. Doch es war Winter und die Besucheranzahlen hatten wieder zugenommen. Wir hatten nur an Heiligabend frei gehabt, dann mussten wir wieder anfangen zu Arbeiten. Ein Avend ohne Holly Munro, der perfektheit in Person. Ein Abend nur mit Lockwood und George zusammen, wie in alten Zeiten. Oder auch nicht, denn es war kein schönes Weihnachten gewesen. Lockwood und ich hatten uns eigentlich die ganze Zeit angeschwiegen und George war dadurch total genervt gewesen, was auch wirklich verständlich war.
Noch dazu hatte ich eh schon Halsschmerzen gehabt und lag die Hälfte der Zeit nur öde auf dem Sofa rum.
Doch alles in allem hatte ich die Zeit ohne Holly genossen. Einen Tag später hatte sie bereits vor unserer Tür gestanden; sauber und gepflegt wie immer. Weihnachten hatte weder ihrer Figur, noch ihrem makellosen Teint geschadet.

Kurz hustete ich. Mein Hals kratzte noch immer, doch ich hatte keine Lust mir weiterhin die Gespräche zwischen Lockwood und Holly anhören zu müssen.
"Warum musste Holly eigentlich Lockwood begleiten? Sie ist nicht in der Agentur, um Besucher auszutreiben. Sie ist da, um zu putzen und uns ein wenig Arbeit abzunehmen. Ich habe eh das Gefühl, als hätten wir viel mehr, seitdem sie da ist! Ich musste schon viel öfter alleine losziehen!"
"Du warst nie alleine, dass weißt du aber, oder? Ich war immer bei dir und habe dich prächtig unterhalten! Ohne mich wäre dein Weihnachten noch viel schlimmer gewesen! Ich habe dich aufgenuntert und dir bei jeder Austreibung geholfen!"
Genervt stieß ich Luft aus und verfolgte kurz den weißen Rauch. "Dafür bin ich dir sehr dankbar, oh hochgeborener Schädel!"
"Würdest du immer so mit mir reden wäre das sehr angebracht!"
"Ich denke gar nicht dran!" Damit war schluss mit dem Gespräch zwischen mir uns dem Schädel in meinem Rucksack. Kurze Zeit später stand ich auch schon vor dem heimgesuchten Haus.

Es war ein kleines Einfamilienhaus. Die Farbe war an manchen Stellen abgeblättert, jedoch sah es ansonsten noch nicht sehr alt aus. Der Garten vorneraus war unbepflanzt, was jedoch wahrscheinlich an der Jahreszeit lag. Ein einsamer, eher kleiner Baum zierte die vertrocknete Grünfläche, weiter hinten standen große Nadelbäume. Kurz suchte ich in meiner Manteltasche nach dem kleinen Schlüssel, welchen uns unsere Klientin vor wenigen Tagen überreicht hatte. Sie selbst wollte mit ihrer Familie über die Feiertage zu dem Großeltern fahren. Sobald ich den Schlüssel gefunden hatte schloss ich die Tür auf und betrat das Grundstück. Der Kies knirschte unter meinen Füßen, als ich die Einfahrt mit zügigen Schritten entlang ging. Vor der Haustür verharrte ich kurz, doch schließlich gab ich mir einen Ruck, schloss die weiße Tür auf und trat in den Flur.

So stand ich da und lauschte, doch ich konnte noch eine übernatürlichen Geräusche wahrnehmen. Auch sah ich nichts und keins der typischen Beispiele für ein besuchtes Haus trat ein. Im Gegenteil; es war angenehm warm und roch nach Lavendel. Meine Armhaare stellten sich nicht auf und es fiel mir auch nicht schwer zu atmen. Doch all das konnte ja noch werden; es war erst 15:30 Uhr.
So zog ich meinen Mantel aus und warf ihn auf den Boden. Ich ging in die Küche und machte mir Tee. Während das Wasser kochte lief ich im Haus herum und machte die ersten Temperaturmessungen in der unteren Etage, doch mir fiel nichts unnatürliches auf. Sobald das Wasser fertig war goss ich den Tee auf und setzte mich an den Küchentisch. Ich machte meinen Rucksack auf, holte das Glas mit dem Schädel und die Eisenketten heraus. Außerdem noch verschiedenste Unterlagen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 19, 2019 ⏰

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