1 - Blickkontakt

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The Weeknd - Earned It (slowed down version)

Mittwoch, ein Tag wie jeder andere auch und doch...

... so richtig konnte ich mich daran selbst mich nicht mehr erinnern. Fakt war, dass ich in einem Moment noch den Boden vor mir betrachtete und im nächsten Augenblick in sein Gesicht sah.

Dunkelbraune, fast schwarze Augen blickten mir von weitem entgegen, vermittelten mir das Gefühl, dass sie mich fest im Visier hatten und zwar vollkommen fest. Sein wachsamer, aufmerksamer Blick ruhte ohne Scheu weiter auf mir, ihn kümmerte es nicht, dass ich ihn schon längst beim Starren erwischt hatte.

Jede Bewegung.

Jeden Atemzug.

Jedes Klimpern mit der Wimper.

Jeden Schritt, den ich mich dem Haupteingang näherte.

Das alles verfolgte er gebannt.

Obwohl ich in dem gleichen Rhythmus wie vor ein paar Minuten atmete, hatte ich trotzdem das Gefühl, dass nichts in meinen Lungen ankam.

Als würde ich ersticken.

Räuspernd versuchte ich das Kratzen in meiner Kehle wegzubekommen, aber selbst das misslang mir.

Diese dunklen Augen bohrten sich immer weiter in mich hinein, ihre Stärke, die sie ausstrahlten, nein, diese Stärke, die er ausstrahlte, nahm mich ein, versuchte mich in die Knie zu zwingen.

Einfach so.

Hier, hier genau auf dem Boden, auf dem sauber gepflasterten Weg zum Haupteingang unserer verdammten Schule.

Vor ihm.

Ich konnte nie nachvollziehen, wieso diese ganzen Mädchen kopflos den Typen an unserer Highschool hinterherliefen. Sie sahen für mich mittelmäßig aus, verhielten sich wie die größten Idioten, behandelten uns manchmal wie Dreck, wenn sie uns nicht mehr haben wollten. Dazu besaßen sie oben drauf noch nichtmal irgendeine Anziehung, die attraktiv wäre oder wie in Büchern beschrieben, einem weiche Knie bescherrte.

Er zählte nicht dazu.

Er war wie ein anderes Kaliber, obwohl er genauso alt war wie wir.

Er wirkte so... reif. Sein trainierter Körper, der unglaublich allwissende Blick und eben diese gewisse, mir den Atem verschlagende Ausstrahlung, die ihn wie eine riesige Leuchtkugel umgab.

Eigentlich saß er dort nur auf seinem pechschwarzen Motorrad, den Helm auf seinen Schoß, die Füße fest auf den Boden stehend.

Und er kam trotzdem wie der Herrscher über alle persönlich herüber, diese Autorität und die Dominanz von ihm ausgehend fraß sich gewaltsam und überhaupt nicht sanft in meine Haut, krabbelte durch meine Jeansjacke hindurch, um sich wie feiner Nebel auf meinen Körper abzusetzen und genüsslich langsam in die Haut einzuziehen.

Es war unangenehm, aber auch wieder nicht.

So richtig wusste ich gerade selbst nicht, wo ich mit meinen ganzen Emotionen hinsollte.

Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete ich erst seine dunkelbraunen Haare, die er nie aufwendig wie andere gestylt hatte, sondern sie einfach liegen ließ, so wie sie waren. Und selbst das wirkte perfekt, genauso perfekt wie diese leicht geschwungenen Augenbrauen, die markanten Gesichtzüge...

Auffallend war noch der verwegene Ausdruck und dieser spöttisch, arrogante Zug um seine Mundwinkel.

Er war nie so aufgetakelt wie die anderen Jungs an unserer Schule. Er beschränkt sich meistens nur auf schlichte Sachen wie zum Beispiel heute wieder. Ein weißes Shirt ohne Aufdruck, eine etwas abgetragenen Jeansjacke und eine an den Knien zerrissenen schwarze Jeans.

Es waren keine einzigen Markensachen dabei, nichtmal Sportschuhe trug er, sondern nur schon wesentlich öfter benutzte schwarze Springerstiefel.

Wieder zog mich die Dunkelheit seiner Augen an.

Von Sekunde zu Sekunde näherte ich mich dem Eingang und würde somit gleich an ihm vorbeilaufen, dicht und unmittelbar nichtmal einen Meter entfernt.

Ich fragte mich, mit welchem Recht er es sich erlaubte, seine Maschine neben den verdammten Haupteingang abzustellen, gleichzeitig aber wurden meine Gedankengänge von den Reaktionen meines Körpers überlagert, sodass mir die Antwort wieder egal war.

Blut rauschte mir in den Ohren, Adrenalin jagte durch meinen Körper, Schauer ließen mich erzittern und Nervösität lähmte meine Bewegungen.

Bloß nicht stolpern.

Bloß nicht.

Ob es für mich überhaupt möglich war, lebendig an ihm vorbeizukommen, wenn sich mein Zustand immer so weiter dramatisch verschlechterte?

Verdammt, wäre das peinlich, wenn ich da einfach so zusammenbrechen würde.

Den letzten Rest gab er mir, als er nochmals demonstrativ an mir herunterschaute und alles abscannte. Ich erkannte, dass sich sein Brustkorb einmal von hier aus deutlich hob und wieder senkte, während er sich auf die Lippe biss, den Blick auf meine Beine gerichtet.

Nun war ich genau auf gleicher Höhe mit ihm und das Herz schlug mir bis zum Hals, als wir erneut diesen intensiven Blickkontakt aufbauten.

Dieses dunkle Braun... wie zwei tiefschwarze Seen bei dunkler Nacht.

Die Sekunden zogen sich endlos lange hin, bescherrten mir einen weiteren heißen Schauer, der sich an meinem Rückgrat entlanghangelte - doch dann war dieser unerwartete Moment, den wir miteinander geteilt haben, genauso plötzlich wieder um, als ich den langen Korridor der Schule betrat.

Diese... gewisse Anziehung...

Sie hatte mir die sämtliche Kraft geraubt.


Eine kleine Einleitung... wie gesagt, wer kommentieren will, immer her damit, würde mich sehr freuen.

🌹



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