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[Min Yoongi | Agust D] 

Sogar ein bisschen aufgeregt laufe ich meine Wohnung auf und ab. Den Verlobungsring an meiner Hand drehe ich dabei immer wieder herum, als würde ich mich versichern müssen, dass mein Mochi kein Traum ist. 

Ich laufe vermutlich bereits das zwanzigste Mal einen Kreis in meine Wohnung, als mir das erste Mal auffällt, dass ich vielleicht ein bisschen hätte aufräumen können, bevor Jimin nach Hause kommt. Die letzten Minuten nutzen wollend schnappe ich mir also ein paar Kleidungsstücke und werfe sie in die Wäsche. Als ich gerade den Tisch ordnen will, klingelt es. Etwas panisch stelle ich das Geschirr zusammen, schiebe die Blätter auf einem Haufen und realisiere, dass es noch immer nicht ordentlich aussieht. Da ich Jimin jedoch nicht warten lassen will, eile ich zur Tür und lasse ihn hoch. 

Obwohl wir uns im Chat bereits versichert haben, dass wir einander sehen wollen und dass alles wieder beim Alten ist, kommt Jimin der Wohnungstür nur zögerlich, langsam und schüchtern näher. Irgendwie stört mich diese Zurückhaltung, da ich ihn jetzt einfach in meinen Armen halten möchte. Ich würde ihn sofort zu mir ziehen und umarmen, aber ich bin wie erstarrt, als ich wieder realisiere, dass ich meinen Verlobten nach zwei Jahren und diesem Streit vor mir zu stehen habe. Er sieht nicht viel älter, dafür aber reifer aus und seine Ausstrahlung ist viel umwerfender als damals. Er scheint mehr erlebt zu haben, während wir uns nicht sahen und scheinbar hat er seinen Traum, Tänzer zu werden, in ein greifbares Ziel umgesetzt. 

Mein Mochi ist ein Meter von mir entfernt, als ich mich endlich wieder lösen kann. Ich komme ihm sofort näher und schließe ihn in eine herzhafte Umarmung. Meine Arme umschließen ihn komplett und ich lege mein Kopf direkt auf seine Schulter, wärend ich ihn fest drücke. Die Erkenntnis, ihm damals nicht zugehört zu haben und ihn dadurch beinahe komplett zu verlieren, verfestigt sich erneut in meinem Kopf. Sie entfesselt ein Haufen an Gefühlen, die man einfach nicht beschreiben kann. Wut, Trauer, Selbsthass, Reue, Verzweiflung, Sehnsucht, Liebe, Verständnis, Angst, Hoffnung und vieles mehr, das keinen Namen besitzt, verengen meine Brust und machen es mir schwer, zu atmen. 

Wenn ich an die Unterhaltungen auf Instagram zurückdenke, wo Jimin ein ähnliches Gefühl beschrieb, kann ich es mir nicht vorstellen und mir schon gar nicht verzeihen, dass Jimin solche Gefühle wegen mir zwei ganze Jahre ertragen musste. Das alles nur wegen einem Missverständnis und meinem Sturkopf, der ihm nicht zuhören wollte. 

"Es tut mir leid." ist das einzige, an das ich daher denken kann und das mir über die Lippen geht.

"Es tut mir so schrecklich leid."

Mit fehlender Luft schluchze ich, immer lauter und immer mehr, sodass Jimin versucht, mich zu beruhigen. Jedoch ist er ebenfalls nicht in der Lage, sich zu beherrschen und so sinken wir beide in Tränen ausbrechend auf den Boden des Hausflurs und weinen. 

Es dauert eine lange Zeit, bis wir uns wieder im Griff haben und ich frage mich, warum die Nachbarn sich nicht beschweren. Allerdings bin ich froh, dass wir nicht unterbrochen werden. 

In unserer Wohnung schaut sich Jimin schließlich etwas um, während ich uns beiden einen heißen Kakao mache. Natürlich habe ich in den zwei Jahren mehrmals umgeräumt und als Jimin auszog, nehme ich an, tat er die Wohnung auch nochmal umräumen, damit es nicht so aussieht, als hätte hier noch eine zweite Person drin gelebt. Deswegen ist die Einrichtung für ihn vermutlich neu. 

Ich stelle die Mikrowelle gerade an, als ich höre, wie mein Verlobter kichert und es sich schliesslich auf meiner Couch bequem macht. 

"Unordentlich bist du wohl nach wie vor geblieben. Angewohnheiten überleben wohl auch einen Erinnerungsverlust." 

"Ich wollte noch aufräumen, aber da war es dann schon zu spät. Es stört dich aber bestimmt nicht, oder?" 

"Ich habe mit dir mehrere Jahre zusammengelebt. Natürlich nicht." lächelt er nostalgisch, während er den Tisch etwas säubert. 

Während der Kakao noch erwärmt wird, räumen wir beide den Tisch frei und anschließend setzen wir uns mit dem Kakao auf die Couch. Da wir so lange von einander getrennt waren, gibt es eine Menge zu erzählen und das ist das erste, was wir tun - uns eine lange Zeit unterhalten. Jimin erzählt mir von Taehyungs neuem Job und dass Seokjin sein Manager geworden ist. Außerdem erzählt er mir, wie er Tanzlehrer geworden ist. Dahingegen kann ich nur von meinen kleinen, privaten Erlebnissen mit Hoseok erzählen, die ich nicht auf Social Media teilte, weil Jimin sonst alles von mir wusste. 

Mitten in unserer Unterhaltung, in der uns beiden klar wird, wie sehr wir einander vermisst haben, klingelt es an der Tür. Ich will erst aufstehen und diese öffnen, aber zu meiner Überraschung springt mein Verlobter auf und öffnet sie. Umso überraschter bin ich, als mein Nachbar anschließend mit Keksen zu uns dazustößt und sich in unsere Unterhaltung einmischt. Anfangs bin ich verdutzt, da ich mit ihm noch nie viel zutun hatte, aber es stellt sich heraus, dass er ein Freund von Jimin ist und sich mit ihm angefreundet hatte, als ich den Unfall hatte. Er hatte ihn immer auf den Laufenden gehalten, was mich betrifft. 

Der Tag endet also damit, dass wir uns bis in die Nacht hinein unterhalten und als Hr. Jeon geht und wir uns fertig machen, wird mir erstmals wieder klar, dass ich mich an die fehlende Einsamkeit und eine zweite Person neben mir erst wieder gewöhnen muss. Allerdings habe ich noch nie so friedlich geschlafen, wie an diesen Abend, nachdem ich endlich wieder mit meinem Seelenverwandten vereint wurde. 

Stalker Short Story *YoonMin FF*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt