Kapitel 3

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An demselben Nachmittag fuhr ich nach Boca Raton und unterzeichnete den Vertrag. Am kommenden Montag sollte ich anfangen. Zufrieden mit mir und mit dem Vertrag in der Tasche fuhr ich zurück und kam am frühen Abend an. Im Wohnzimmer traf ich lediglich George an. Er verfolgte, offenbar ohne besonderes Interesse, ein Spiel der Miami Dolphins.

»Wo sind denn die anderen?«, frage ich verwundert. Derart ruhig war es selten im Haus.

»Sandy und Emma übernachten mit einigen anderen bei einer Freundin«, berichtete er. »Tommy hat etwas Fieber, er schläft bereits. Und Christy ist wie jeden Freitag beim Yoga.«

Richtig, das hatte ich ganz vergessen. An diesen Abenden kam sie selten vor zehn Uhr zurück, weil sie anschließend mit einigen der anderen Frauen essen ging. »Dann ... dann sind wir also sozusagen allein«, fasste ich zusammen. Das war noch nie dagewesen und es beunruhigte mich.

»Ja, das stimmt. Was hast du den ganzen Tag gemacht?«

»Ich war bei dem Verlag in Boca Raton und habe den Vertrag unterzeichnet«, sagte ich, holte das Papier aus meiner Aktentasche und hielt es hoch. »In drei Tagen fange ich dort an.«

George stand auf und kam strahlend auf mich zu. »Das ist ja wunderbar, ich gratuliere!« Im nächsten Moment zog er mich in seine Arme. Mein Puls begann zu rasen. So nah war ich ihm noch nie gewesen und er machte keine Anstalten, mich wieder loszulassen. »Das sollten wir feiern«, sagte er dicht an meinem Ohr. So dicht, dass sein warmer Atem meine Wange streifte. Mir wurde schwindelig. Wie von selbst legten sich meine Arme um seine Taille und meine Hände strichen über seinen Rücken. Ich spürte, dass er mich noch fester an sich drückte. Die Luft war auf einmal elektrisch geladen.

Oh Gott, dachte ich und wollte mich von ihm lösen, doch er hielt mich noch immer umfangen.

»Hast ... hast du schon gegessen?«, fragte ich nervös. Er hielt meinen Blick fest. »Ich habe keinen Appetit.« Sein Gesicht war meinem so nah, dass mir der Atem stockte. »Ich auch nicht«, brachte ich mühsam hervor. Er holte tief Luft, ließ von mir ab und setzte sich auf das Sofa. »Allie, ich muss dir etwas sagen.«

Ich nickte. Vermutlich würde er mich bitten, bald auszuziehen. Diese Spannung zwischen uns wurde einfach zu gefährlich.

»Setz dich zu mir«, bat er. Mit steifen Beinen ging ich zu ihm hinüber und hockte mich auf die Sofakante.

»Allie, ich bin glücklich mit Christy«, brachte er schließlich hervor.

 Ich räusperte mich. »Ich weiß.«

»Sie ist eine wunderbare, herzliche und liebenswerte Frau.«

»Ja, das ist sie.«

»Doch seit dem Abend auf der Veranda ... als du mit Tommy getobt und dir die Haare aus der Stirn gepustet hast ... Du hast so liebenswert ausgesehen, so natürlich und so glücklich ...« Gespannt wartete ich darauf, dass er fortfuhr und mir sagte, dass er sich zu mir hingezogen gefühlt hatte, aber nun wieder genug Verstand besaß, um diese Sache zu beenden, ehe alles schlimmer wurde. Nicht heulen, ermahnte ich mich. Vielleicht später, aber nicht jetzt. Reiß dich zusammen und benimm dich wie eine Erwachsene. Es ist die einzig richtige Entscheidung.

George drehte sich zu mir, seine warme, kräftige Hand ergriff meine, die eiskalt war. Mit dem Daumen strich er sanft über meine Haut. Mir wurde die Brust eng. Ich hätte meine Hand wegziehen müssen, doch es gelang mir nicht. Zu schön, zu berauschend war diese Berührung.

»Immer, wenn ich dich seitdem ansehe, möchte ich dich in die Arme nehmen«, sagte er mit seiner tiefen, leisen Stimme. »Mit jeder Faser meines Körpers sehne ich mich nach dir, und gleichzeitig fühle ich mich wie ein erbärmlicher Schuft.«

Chaos der GefühleWhere stories live. Discover now