Kapitel 1

50 7 1
                                    

Es hört sich nun vielleicht ironisch an, aber ich konnte mit Wasser nie wirklich etwas anfangen.
Jeder sagt immer es wäre die Quelle des Lebens und dass es ohne Wasser nichts geben würde.
Für manche würde dies wohl aufregend klingen.
Für mich war es nur eine weitere Phrase die man immer wieder wiederholte.
Ich finde, wir Santria wurden sowieso viel zu sehr vergöttert.
Eine milde Bewunderung so fand ich war angebracht. Man sah ja schließlich nicht jeden Tag wie jemand nur mit seinen Gedanken Eiszapfen nach einem schoss.
Geschweige einen ganzen Fluss zum Stillstand brachte.
Ich weiß erhlich gesagt nicht viel von den anderen drei Nationen. Jedoch weiß ich, dass dort die Santria dem Volk dienten und nicht anderst herum.
Im Gegensatz zu hier.
Hier waren wir Heilige.
Göttliche Wesen in menschlicher Gestalt.
So nannte man uns zumindest.
Leider konnte ich von dieser Göttlichkeit noch nicht viel ausmachen.
Alles was ich jemals mit meiner Kraft vollbracht hatte, war es ein Glas Wasser zum wackeln zu bringen.
Mein Bruder hatte schon ganze Schneestürme beschwören.
Ich hatte meinen Bruder schon immer beneidet
Er hatte so viel bessere Kräfte als ich.
Als ich noch klein war, hatte ich mich manchmal von meinen Lehrstunden weggeschlichen um sein Training zu beobachten.
So war es auch heute noch.
Hinter einer Säule versteckt, beobachtete ich den Mann, mit dem ich meine Kräfte teilte.
Seine Arme machten eine komische Bewegung und es sah beinahe so aus, als ob er mit der Luft kämpfen würde.
Doch wenn man genau hinsah so konnte man den Schnee um seine Füße fliegen sehen.
Kleine, kristallartige Zapfen, die um ihn herumschwirrten.
Mit einer abrupten Bewegung ließ er seine Arme sinken und die Zapfen flogen alle auf eine Zielscheibe die am anderen Ende des Hofes angebracht war.
Wären wir noch 10 Jahre, würde ich nun enthusiastisch klatschen.
Stattdessen entschied ich mich dazu meine Würde zu behalten und einfach meinen Mund zu halten und so zu tun als ob ich nichtmal hier wäre.
Doch Sero hatte anscheinend andere Pläne mit mir.
Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen wie sich der Schnee bewegte und im nächsten Moment flog mir ein Schneeball entgegen.
Ich habe es nicht geschafft, dem Angriff auszuweichen.
Ich kreischte erschrocken auf, als der Ball mir ins Gesicht flog und mir die Einzelteile ins Kleid rutschten.
Aus der Ferne hörte ich das laut schallende Lachen meines Bruders der mir entgegen kam.
,,Hat dir Niemand beigebracht, dass man sich nicht an Leute anschleicht?"
Ich blickte ihn finster an, doch das selbstgefällige Grinsen wollte nicht aus seinem Gesicht verschwinden.
,,Und hat man dir niemand beigebracht, wie man Lady's behandeln sollte?"
Er lachte erneut und es fühlte sich so an, als ob das Geräusch durch den ganzen Hof hallen würde.
"Natürlich, aber ich sehe nirgends ein Lady."
Empört versuchte ich nach seiner Schulter zu schlagen, doch er trat einen Schritt auf die Seite und ich stolperte ins Leere.
Ich konnte mich noch fangen, bevor ich zum zweiten Mal an diesem Tag Schnee geschluckt hätte.
Wütend drehte ich mich zu ihm um und warf mich auf seinen Rücken.
Sero lachte nur und schien sich unter meinem Gewicht nicht zu krümmen.
,,Fall auf den Boden!" rief ich wütend.
Mit all meiner Kraft versuchte ich ihn in den Schnee zu drücken.
,,Sagt, wie alt seit ihr noch?"
Sofort verstummte sein Lachen und ich erstarrte zu einer Skulptur
Unsere Beider Köpfe drehten sich zu der Person,die nach uns gerufen hatte.
Ich sah wie meine Mutter im Trainingshof eintrat.
Ihre weißen Haare, die jeder aus meiner Familie hatte, waren zu einem anmutigen Zopf zusammengebunden.
Ihre silbernen Gewänder machten sie noch eleganter.
Auch wenn sie seit unserer Geburt keine Kräfte mehr hatte, war ihre Präsenz noch immer respekteinflößend.
Ihre silbernen Augen, die sie mit meinem Bruder teilte musterten uns schroff.
Ihr Blick blieb bei mir hängen.
,,Sia."
Begann sie mich tadelnd zu adressieren.
,,Bist du die Tochter eines großen Hauses, oder ein kleiner Junge?"
Langsam stieg ich unter ihrem Blick von dem Rücken meines Bruders, der mich nun belustigt anblickte.
Mit gesenktem Kopf wartete ich darauf zur Schnecke gemacht zu werden.
Leise hörte ich das unterdrückte Kichern meines Bruders, der es schon immer genossen hatte zu sehen wie ich von Mutter getadelt wurde.
Das war keine Seltenheit.
,,Nun zu dir, junger Mann."
Sofort verstummte das Kichern und ich gib meinen Kopf.
Der bittere Blick meiner Mutter ließ mich
wieder auf meine Füße starren.
,,Ermutige sie nicht auch noch!"
,,Sie hat angefangen."
Verteidigte er sich sofort.
,,Nicht wahr!"
Ich funkelte ihn an.
,,Er hat mich mit Schneebällen beworfen!"
,,Sie hat sich an mich ran geschlichen!"
,,Nicht wahr! !r wusste, dass ich da war!"
Entnervt rieb sich meine Mutter die Schläfen.
"Und was hast du überhaupt im Hof zu suchen, Sia? Du wusstest ganz genau, dass dein Bruder heute üben würde."
Zerknirscht rieb ich mit meinen Stiefeln den Schnee auf.
,,Ja."
Gab ich letzten Endes zu.
Ein genervtes Seufzen entkam ihren feinen Lippen ehe sie umkehrte.
,,Ich habe langsam genug von euch. Es wird euch gut tun, wenn ihre eine Weile getrennt seid."
Neben mir konnte ich sehen, wie die
Miene meines Bruders sich verdunkelte.
,,Noch ist sie nicht weg!"
Rief er unserer Mutter hinter her.
,,Für den Moment schon!"
Ich verstand den Hinweis und folgte meiner Mutter in die Burg. ,,Meinst du das ernst?" fragte ich sie ungläubig. Meine Mutter sah mir mit einem ernsten Blick in die Augen. ,,Sia, du wirst heiraten müssen."

Unforgiven.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt