Der Fall

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Die nächsten 26 Tage trainierten wir bis zum umfallen. Niemandem wurde je eine Pause gegönnt und es kamen auch immer mal wieder Drachenreiter zu uns, um mal vorbeizuschauen. Jeder von ihnen hatte den Fall überlebt und einen Drachen gefunden. Ich wollte auch einen. Es war mein größter Traum und ich würde alles tun, um ihn zu verwirklichen. Aber nicht nur ich. Meine Brüder auch. Es lag in unserer Familie, ehrgeizig zu sein.

Wie dem auch sei. Morgen würde es soweit sein. Morgen war der Fall. Morgen entschied sich, ob wir ein vollwertiger Drachenreiter werden, oder ob wir weiter trainieren mussten. Für mich war es klar. Ich wollte einen Drachen haben. Einen Freund, der immer an meiner Seite stand und auf den ich mich verlassen konnte.

Verträumt schaute ich in den Himmel. Meine Füße kannten den Weg, den wir gerade joggten und ich hatte keine Bedenken, hinzufallen. Über uns sah man die Drachen. Viele von ihnen flogen schon zur Klippe und warteten dort auf den morgigen Tag. Auch von uns war jeder angespannt. Diejenigen, die das erste Mal den Fall machten, so wie wir, waren nicht so angespannt. Die Gefallenen jedoch sehr. Es gab zwar keine Grenze, wie oft man den Fall bestreiten durfte, doch es war nicht gerne gesehen, wenn einer schon zum 6. oder 7. Mal den Fall bestritt. Normalerweise schaffte man das aber nicht. Wenn man einmal seinen Seelenverwandten während des Falls nicht gefunden hatte, dann wurde dieser meist in diesem Jahr geboren. Es war also keine Schande, den Fall nicht zu bestehen, aber man selbst verachtete sich dafür.

Es zeigte einem, dass man noch nicht bereit war und das war das schlimmste, was es gab. Niemand wollte nicht bereit sein und wir drei erst recht nicht. Und obwohl ich immer noch meinen Drachen finden wollte, gab es ein kleines nagendes Gefühl in mir, dass mir sagte, dass ich nicht bereit war. Noch nicht. Ich hoffte einfach, dass es nur an meiner pessimistischen Einstellung lag und an nichts anderem. Ja, so musste ich an die Sache rangehen, auch wenn es mir eher weniger gelang.

„Hey du Träumerin. Wir sind angekommen", riss mich Asker aus meinen Gedanken. „Mach dir keine Sorgen", fügte Kalani noch hinzu und sprach von dem Fall. „Ich mache mir immer Sorgen", erwiderte ich und setzte mich hin. Wir mussten auf die anderen warten, da wir das Tempo schon am Anfang hoch gehalten und deswegen viele abgehängt hatten. „Was denkt ihr, was wird das für ein Gefühl sein?", fragte Kalani in die Runde. „Wenn du fällst wirst du das Gefühl haben zu fliegen", erwiderte ich, „Aber das kennen wir ja schon. Ich glaube man spürt eher die Freude oder die Verachtung eines selbst, wenn es vorbei ist." „Verachtung", schnaubte Asker, „Niemand wird sich verachten, wenn er es nicht schafft. Dann ist unser Seelenverwandter eben noch nicht soweit. Das ist keine Schande. Wir trainieren dann einfach weiter und sind nächstes Jahr wieder dabei." Jap, eindeutig der Optimist in unserer Gruppe.

„Ich gehe kurz in den Wald. Regenerieren", informierte ich meine Brüder per Gedanken, da jetzt die ersten kamen. Die beiden nickten nur und keine zwei Sekunden später war ich weg. Ein letztes Mal atmete ich tief durch und lockte meine Gabe hervor. Dieses Spiel spielte ich vier fünf mal, bevor ich wieder vollständig regeneriert war. Als ich nun zurück ging, waren mittlerweile auch die anderen alle da und die letzten Kämpfe vor dem Tag konnten beginnen. Dieses Mal kämpften wir nach dem Prinzip >immer gegen den Gewinner des letzten Kampfes<. Das ganze wurde für den Gewinner eine echte Herausforderung, da irgendwann seine Kraft nachließ und für den Gegner ein leichteres Ziel bot. Hatte man mindestens einen Kampf gewonnen war man raus aus dem Schneider. Hatte man jedoch seinen Kampf verloren, musste man maximal fünf Mal in die Runde und kämpfen.

Die Aufteilung war gemischt. Kalani war recht am Anfang und konnte so einige ausschalten. Dann kam in der Mitte ungefähr Asker und recht am Ende war ich dran. Für mich war dieses Spiel gefährlich. Ich durfte mich nicht im Nebel verlieren und musste die Kontrolle behalten, was aber immer schwerer wurde, je länger ich kämpfte. Deswegen setzte ich mich an den Rand und sortierte meine Gedanken, während meine Brüder kämpften. Kalani dominierte am Anfang, wurde jedoch von meinem Bruder geschlagen was, glaube ich, so eingefädelt war. Nach Kalani dominierte Asker die Kämpfe und ließ keinen gewinnen.

Saphira - DrachensucheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt