17.02.2049
Wieso? Wieso jetzt? Wieso gerade dann, wenn wir leben? Diese Fragen und zahlreiche andere gehen mir nicht mehr aus dem Kopf.
„Dirk, sag mir bitte, dass du eine Lösung für unser Problem hast, dass es einen Ausweg gibt!" fleht meine Schwägerin Tessa verzweifelt und klammert sich an ihren Mann.
Dieser seufzt und blickt sie entschuldigend an. „Ich fürchte nicht. Warum muss es gerade jetzt sein? In hundert Jahren hätte doch auch noch gereicht!" Wütend donnert seine Hand auf den Tisch.
„Ich kann das nicht akzeptieren! Ich will das nicht akzeptieren! Das kann doch nicht wahr sein!" heulend brauch ich auf dem Tisch zusammen.
Franz, mein Mann streicht mir über den Rücken. „Ich wünschte, ich könnte etwas dagegen tun. Ich würde alles dafür geben, um es zu ändern." Auch ihm stehen Tränen in den Augen.
Es gibt nur wenige Situationen, an die ich mich erinnere, in denen er je geweint hat. Er ist der Stärkere von uns beiden, auch mental. Doch jetzt zu weinen ist nur verständlich. Schließlich geht es um das Leben unserer Familie, um unsere Töchter Helen und Clara. Sie bedeuten alles für uns. Meinetwegen könnte man uns alles wegnehmen, Hauptsache die beiden sind wohlauf.
So denken wohl auch Tessa und Dirk über die Situation und ihre Kinder. Sie haben sogar vier davon. Juliane, Robert, Ben und Till. Wenn ich an sie denke, wird mein Herz noch etwas schwerer. Wie die Kinder früher immer alle zusammen spielten, wie sie an Weihnachten alle in ihren süßen Weihnachts-Pullovern im Wohnzimmer von Franz' Eltern saßen und freudestrahlend ihre Geschenke auspackten.
Verzweifelt schluchze ich auf. Ich hätte nie gedacht, dass sich unsere Leben so schnell ändern würden. Vor allem nicht aus diesem Grund! Noch vorgestern hatte ich mir ausgemalt wie es wohl einmal sein würde, wenn Franz und ich im Ruhestand seim würden und Enkel auf unseren Knien sitzen. Wie kleine Patsche-Händchen versuchen nach meiner Nase zu greifen und wie Familienfeste wohl später aussehen würden. Nun werde ich das wohl nie erleben können. Nie sehen können wie meine Töchter einmal heiraten werden und nie mit Franz zusammen alt werden.
Immer mehr Tränen kullern meine Wangen hinunter und treffen auf meine Hände, die auf dem Tisch liegen.
„Ich glaube..." fängt Franz mit brüchiger und belegter Stimme an. „Ich glaube, ich habe vielleicht eine Lösung gefunden..."
《☆》
,,Das kannst du nicht machen, sie würden es nie verstehen!" Verzweifelt blicke ich in die Runde. ,,Sie sind doch noch viel zu jung für so etwas!"
Traurig lacht Franz auf. ,,Meinst du mir gefällt das?! Wenn es eine andere Möglichkeit gibt um das Leben unserer Kinder zu sichern, sag sie mir!"
,,Anke, ich bin auch alles andere als begeistert davon, aber das ist der einzige Weg!" Mit müden, blutunterlaufenen Augen blickt mich Dirk an. Auch ihm gingen die letzten Stunden sehr nahe. Uns allen.
,,Aber sie werden uns hassen! Sie alle werden das nicht verstehen!" Schluchtz Tessa vor sich hin.
,,Eines Tages werden sie es", brummt Dirk und streichelt ihr über den Kopf.
,,Aber was wenn nicht?!" Meine Schwägerin fängt erneut an, bitterlich in den Armen meines Schwagers zu weinen.
,,Bist du dir überhaupt sicher, dass es so funktioniet, Franz?", fragt Dirk meinen Mann mit einem traurigen Unterton in der sonst so fröhlichen Stimme.
,,Nein, aber ich hoffe es... Ich versuche das durch meine Kontakte zu regeln, aber ich denke, wir werden auch mit unliebsamen Komplikationen rechnen müssen." Franz nimmt mich in seine zitternden Arme und drückt mich fest an seine Brust.
,,Egal, was auch passiert, Helen und Clara werden überleben. Das verspreche ich dir", wispert er mir mit einer Entschlossenheit ins Ohr, die keinen Widerstand duldet.