Blütenblätter

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"Erzähl nochmal!"
"Wirklich? Wir haben das doch schon ewig oft durchgekaut. Außerdem wart ihr dabei."
"Egal! Nochmal."
"Na gut. Aber dieses Mal ohne Unterbrechungen."

**

Fee seufzte. Heute war wieder einer dieser liebeskranken Typen bei ihr gewesen und hatte ihr etwas von Liebe auf dem ersten Blick erzählt, und von langen blonden Haaren hatte er gefaselt. Natürlich blond. Was sonst? War ja nicht so, dass es auch hübsche Frauen mit anderen Haarfarben gab.
Sie hatte eine Augenbraue gehoben und ihm einen Strauß dunkelroter Rosen überreicht. Damit war er verschwunden. Wenigstens hatte er ein großzügiges Trinkgeld gegeben.
Die Tür knallte und ein frischer Windstoß fegte herein.
"Wir haben geschlossen.", sagte Fee abwehrend, ohne sich umzudrehen.
"Bitte!", flehte eine Männerstimme. Sie klang verzweifelt, aber amüsiert.
Interessierter wandte Fee ihren Kopf in seine Richtung. Er sah aus wie ein typischer Playboy, mit verwuscheltem schwarzem Haar und vor Leben sprühenden blauen Augen.
"Und?", fragte Fee spöttisch. "Vor wie vielen Mädchen sind Sie auf der Flucht?"
"Zwei.", antwortete der Mann mir einem schiefen Lächeln. Seine blauen Augen blitzten. "Meine beiden Töchter." Er verzog das Gesicht. "Zina will mich einem ihrer Freunde vorstellen. Der lebt allerdings in eher gehobenen Verhältnissen mit altmodischen Eltern."
"Also Anzug und Krawatte?", folgerte Fee und band geschickt einen weiteren Blumenstrauß zusammen. Rosen. Unauffällig roch sie daran. Sie liebte Rosen.
"Ja." Der Mann lächelte und zeigte ihr seine blendend weißen Zähne. "Ich hasse Krawatten." Er machte eine leichte Verbeugung, wobei ihm das doch recht lange Haar über die Augen fiel. "Gestatten; Paolo Lopéz."
Fee lachte auf. Sie machte einen Knicks. "Felina Saine, aber lieber Fee."
"Na dann, Miss Fee", er sah vorsichtig nach draußen, "können Sie mich verstecken?"
Fee grinste verschmitzt. "Wir hätten zwei Verstecke zur Auswahl, einmal unter dem Tresen-" Sie deutete einladend auf das Loch zu ihren Füßen, "und den Arbeitsraum." Die Tür neben ihr.
Paolo ließ den Blick schweifen. "Ich glaube, ich nehme eher den Arbeitsraum.", meinte er. "Falls Zina und Zara mich doch finden, will ich halbwegs pasabel aussehen." Er verschwand in dem kleinen Raum.
Gleich darauf öffnete sich die Tür erneut. Ein etwa zehnjähriges Mädchen, also sechzehn Jahre jünger als Fee, kam mit ihrer Schwester herein. Die beiden waren augenscheinlich Zwillinge.
"Ist Dad hier?", fragte die Erste, während sie mühsam ein Grinsen unterdrückte und eine ernste Miene aufsetzte. "Er haut die ganze Zeit ab."
Fee hatte Mühe, ihr Gesicht unter Kontrolle zu halten, während Paolo verschreckte Grimassen schnitt. Dann drang ein unterdrücktes Prusten aus dem Arbeitsraum. Wie aufgeschreckte Hunde witterten die Mädchen ihren Vater und stürmten an Fee vorbei. Diese ließ die Wirbelwinde ungehindert durch. Einerseits, weil ihr das Ganze Spaß machte, andererseits, weil sie tatsächlich von den Beiden überrascht wurde.
"Hilfe!", jammerte der Spanier, als seine Töchter ihn kichernd voranzogen. Die beiden hatten rotes Haar, vermutlich von der Mutter.
"Helfen Sie mir!"
Fee zuckte grinsend mit den Schultern. "Ich habe Sie nicht verraten."
Paolo grummelte.
Die Mädchen lachten Fee an.
"Ich komme wieder!", drohte Paolo spaßhaft, als er durch die Tür verschwand.
Hoffentlich, dachte Fee. Ein leichtes Kribbeln erhob sich in ihrem Magen.

Rosen mit DornenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt