Dornenstacheln

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Paolo kam wirklich immer wieder. Oft sprachen sie nur, mal über Gott und die Welt, mal über Politik, oder über ihr Lieblingsbuch.
Sie hatten dieselbe Lieblingsautorin, Gina Ren. Aber während Paolo die Romantik in den Büchern mochte, liebte Fee den Sarkasmus, und die gnadenlose Direktheit des Protagonisten, Cupido.
Außerdem hatte Fee erfahren, dass die Kinder aus einer Jugendliebe entstanden sind, die sich nach der Geburt aus dem Staub gemacht hatte. Paolo schien nicht traurig darüber.
"Wir haben nur Sex ausprobiert, mehr nicht. Niemand hatte gedacht, dass so etwas passieren könnte. Trotzdem liebe ich meine Töchter.", beteuerte er und lächelte gen Tür.
Fee erzählte ihm im Gegenzug, dass sie noch nie verliebt war, nie hatte mehr als ein Grummeln im Magen gefühlt. Nun, ein wenig log sie. Denn langsam aber sicher glaubte sie, Gefühle für den netten Spanier zu entwickeln.
Ab und zu berührten sie sich, wobei immer ein Blitz über Fees Haut schoss. Ja, sie war ziemlich sicher verliebt.

Ding Dong

Voller Vorfreude sah Fee von ihrem Blumenstrauß auf.
"Ich komme!", rief sie durch den kleinen Laden.
"Supi, danke!"
Das war nicht Paolo. Sichtlich weniger enthusiastisch beendete Fee ihre Arbeit und trat durch die Tür hinter den Tresen. Und zuckte überrascht zusammen, als ihr zwei identische rothaarige Mädchen ins Blickfeld sprangen.
"Hi.", sagte die eine. "Ich bin Zina."
"Und ich Zara.", stieg die andere ein. "Sind Sie Fee Saine? Dad -"
"-redet nur noch von Ihnen.", sagte Zara. Ihre wilden Locken umrahmten ihr hübsches, schmales Gesicht, dass ihrem Vater so ähnlich sah.
Fee fühlte die mittlerweile vertrauten Schmetterlinge aufflattern. Wirklich?
"Wir sollen-"
"-ausrichten, dass Dad heute nicht kommt. Er hat einen Termin.", führte Zina den Satz ihrer Schwester fort.
Die Schmetterlinge krachten ineinander und trudelten zu Boden.
"Ah ja?", fragte Fee enttäuscht. Die Mädchen bemerkten es.
"Dad kommt morgen wieder.", tröstete Zina. "Er ist so unordentlich. Da vergisst er den ein oder anderen Termin."
"Seinen Kalender verliert er auch dauernd.", erklärte Zara. Sie runzelte die Stirn. "Nicht so praktisch als Geschäftsführer."
"Geschäftsführer?", fragte Fee. Davon hatte Paolo ihr nie erzählt.
"Ja." Zara nickte abwesend. "Einen Buchladen. 'Zur Stöberecke'"
"Wirklich? Die Stöberecke gehört ihm?", fragte Fee erstaunt. Die Stöberecke war ihr erster Ansprechpartner, wenn sie ein neues Buch brauchte. Aber den Spanier hatte sie dort noch nie gesehen.
"Ja.", nickte Zina. "Aber er ist selten dort. Viel lieber fotografiert er für seine Fotoalben."
"Du bist da auch drin."
"Ich?", fragte Fee. "Ich habe nie ein Foto mit ihm gemacht." Sie hatten wirklich nur geredet. Leider.
"Aber die Zeitung.", erklärte Zina. Zara lächelte ihr zu. "Übermorgen kommt Dad sicher wieder. Es dauert nur eben."
Ja. Dauern.

Rosen mit DornenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt