Kapitel 6 Alaska.

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Den weiteren Weg schweigen die beiden, während Harry alle Möglichkeiten durchgeht.

Zwischendurch überlegt er, was passiert wäre, wenn er nicht zu den Fightern gehören würde. Denn jetzt gehört er zu ihnen. 

Der Lockenkopf nutzt die Zeit und schielt zwischendurch zu seinem Trainer rüber und mustert ihn. Seine Hose liegt so eng an, dass man meinen würde, das er sie nie auszieht, aber trotzdem sieht es gut aus.  Sein Shirt hingegen ist lockerer und an einigen Stellen finden ein paar Flusen ihren Platz, was Zayn nicht zu stören scheint.

Gleichzeitig fragt er sich, was Zayn alles schon erlebt hat. Wen würde es denn nicht interessieren? Zayn ist abgehärtet, fast schon kalt und er zeigt so wenig Lebensfreude. Generell zeigt hier keiner Lebensfreude, wie Harry fest stellen musste. Ist es hier denn so hart? 

Aber den Mut seinen Trainer zu fragen weshalb hier alle so komisch sind und sich seltsam verhalten, bringt er nicht auf. 

Immerhin hat er ihn im Fahrstuhl gedroht, ihm seine Kronjuwelen abzuschneiden. Da ist er lieber vorsichtig,

Ob man es glauben möchte oder nicht, irgendwie orientiert sich der Lockenkopf an seinem Trainer. Er möchte auch wenig Gefühle zeigen, also, wieso nicht an Zayn orientieren?

Zayn bleibt stehen und Harry stoppt rechtzeitig vor einem heftigen Schlag, welchen ihm eine Frau fast verpasst hatte. Sie ist groß, schlank und etwas gebräunt, hat schwarze Haare und knall blaue Augen, gemischt mit etwas braun. Sie lacht und geht an beiden vorbei. Harry verwirrt es, aber Zayn hat ein leichtes Lächeln auf den Lippen, welches man nur bei genauem Hinsehen erkennt.

Harry lässt seinen Blick durch den riesigen Raum, fast schon Saal, streifen.

Überall laufen Fighter herum, alle gemischt und voller Energie. Sie springen über Hürden, manche Kämpfen gegeneinander, andere kämpfen an Boxsäcken und wiederum andere sitzen an der Seite und schütten sich lachend einen Schluck Wasser hinter her. 

"Willkommen im Aufenthaltsraum.", sagt Zayn kühl und fährt sich einmal durch die Haare, als er sich entfernt: "Morgen trainieren wir weiter. Schau dich um, oder so."

Oder so, denkt sich Harry. Er kennt hier doch keinen außer ihn, was soll er denn machen? Er ist schlecht in Freunde finden.

Er blickt Zayn noch hinterher und beobachtet, wie er zu seinen Freunden geht und mit ihnen einen Handschlag ausübt.

Harrys Hände schwitzen, er fühlt sich unwohl. Langsam geht er voran und bleibt vor einer Art Glas Kommode stehen, die mit blauen LED Lichtern beleuchtet ist. Dort liegen haufenweise Waffen verschiedener Art herum, welche er nur mit großen Augen betrachtet. 

Kann man die einfach so nehmen?

Er entdeckt eine Art Knopf, wo er kurz drüber streift und sich die Glasscheibe, die die verschiedenen Waffen verdeckt, zur Seite öffnet und er alle betrachten kann. Er weiß nicht wieso, aber seine Finger führen ihn neugierig zu einer Waffe, welche mit einem schwarzen Leder Griff beschmückt ist. Er holt sie von dem Platz und betrachtet sie.

"Interessant. Du bist also der Waffen Typ, ja?", ertönt es hinter ihm und er dreht sich schlagartig um. Es ist Alaska. Ihre blauen Augen mustern seine gezogene Waffe und sie grinst. "Schlau von Zayn dich alleine herum laufen zu lassen."

"Wie meinst du das?", fragt Harry rau und zieht die Augenbrauen zusammen, während Alaska nur seufzt.

"Es ist hier üblich, dass jeder vor dem richtigen Training eine eigen gewählte Waffe bekommt. Und meistens sind die Neuankömmlinge so verwirrt oder aufgeregt, dass sie die falsche Wahl treffen. Und Zayn hat sich wohl gedacht, dass wenn du alleine rumläufst, deine eigene Wahl treffen kannst.", zuckt sie mit den Schultern und zieht ihre Waffe vom Gürtel ebenfalls heraus, was den Lockenkopf etwas zurück weichen lässt. Für sie alle ist das hier total normal, aber für ihn nicht.

Das ist alles Neuland.

"Das ist meine. Es war meine Anfangswaffe, aber ich bekam eine neue, nach einiger Zeit.", sagt Alaska stolz und packt die Waffe wieder weg. 

"Zayn hat schon mit mir trainiert..", nuschelt Harry und erntet von Alaska ein lachendes Augen verdrehen.

"Das war nur eine Simulation, die jeder am Anfang bekommt. Er wollte nur gucken, wie du dich schlägst ohne Waffen. Weißt du, wenn wir keine Munition haben, oder generell keine Waffen, müssen wir uns so wehren können."

"Wieso denn wehren? Gegen was denn wehren?"

Alaska verschränkt die Arme und atmet einmal tief ein und aus, bevor sie weiter spricht: "Hör mal. Wir kämpfen nicht aus Spaß, Harry. Die Menschen wollen ihre Freiheit zurück, verstehst du? Wir... die ersten Fighter erstanden auch nicht einfach so. Erst schloss sich eine kleine Gruppe zusammen um mit der Regierung zu reden, aber es eskalierte alles. Und die Regierung wollte die Leute umbringen. Hast du schon von ihnen gehört? Taylor, Rick, James, Marie und Rose?", unterbricht sie und blickt den Lockenkopf fragend an, der nur zögerlich nickt. Ja, er hatte die Namen öfters gehört, jedoch erfuhr er nie, was es damit genau auf sich hat.

"Sie konnten entkommen und ließen sich weit weg unter, ohne Familie, ohne alles, Harry. Aber die Regierung machte alles noch schlimmer. Sie erweiterten die Gesetze, brachten jeden um, der öffentlich dagegen was sagte und suchten anschließend die Familien von Taylor, Rick, James, Marie und Rose auf und brachten sie alle um. Und damit eröffneten sie das Feuer. Viele schlossen sich der kleinen Gruppe an und mit der Zeit wurden es immer mehr.", erzählt Alaska Harry ausführlich und erklärte ihm anschließend noch, wie sich das alles hier gegründet hatte.

Alaska ist eine nette Person, sie ist zwar auch etwas kühl, aber liebevoll, so hat Harry das Gefühl. 

"Und was mache ich jetzt mit der Waffe?", fragt Harry und hält sie Alaska hin. "Du steckst sie ein.", meint sie und bemerkt, wie hilflos sich der Lockenkopf doch fühlt. "Hier.", sie nimmt ihm die Waffe aus den Händen, sucht an seinem Gürtel eine Lasche und steckt sie dort hinein.

"Oh.", meint Harry. "Die habe ich gar nicht bemerkt. Danke."

"Kein Problem. Übrigens kriegst du erst Munition für deine Waffe, wenn Zayn meint, du bist bereit dafür.", lächelt Alaska und klopft ihm auf den Rücken,

Harry nickt und er blickt sich noch mal im Raum um. Er macht sich Sorgen um Gemma, sie ist die einzige, die er noch hat. "Suchst du Gemma?", fragt Alaska und folgt seinem Blick, der nur die fremden Menschen begutachtet.

"Ja. Wo ist sie?"

"Sie ist auf dem Zimmer und wollte etwas schlafen.", sagt sie und er nickt stumm, die Lippen fest aneinander gepresst. Er will zu ihr, aber er weiß, dass wenn Gemma sagt, dass sie schlafen geht, sie auch wirklich schlafen geht. Man kann sie auch verstehen, immer hin verkraftet man es nicht einfach so, wenn mal eben seine Mutter vor seinen Augen erschossen wird.

"Du solltest auch besser pennen gehen, Harry. Morgen ist dein erster großer Tag hier.", lächelt sie ermunternd und führt Harry aus dem Saal heraus, zu seinem Zimmer. "Stell dich darauf ein, dass Zayn Morgen früh nicht so gut gelaunt ist." , sagt sie als letztes, drückt ihn einmal und verschwindet.

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Hat euch das Kapitel gut gefallen? Im nächsten geht es richtig zur Sache, finde ich. :D

Freue mich über Feedback! :3

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